Von Erlangen nach Sylt: Zwischen Matjesbrötchen und Austern

24.5.2015, 18:00 Uhr
Von Erlangen nach Sylt: Zwischen Matjesbrötchen und Austern
Von Erlangen nach Sylt: Zwischen Matjesbrötchen und Austern

90 Minuten also. Wer einmal – oder regelmäßig – die Autofahrt auf die schönste Nordseeinsel hinter sich gebracht hat, wird das zu schätzen wissen. Die über 800 Kilometer, die angesichts endlos langer und irgendwie nie fertig werdender Baustellen kaum unter neun bis zehn Stunden zu bewältigen sind, sind nur mit philosophischer Ruhe halbwegs zu genießen. Im Stundentakt hangelt man sich über Schweinfurt, Fulda, Kassel, Göttingen, Hannover bis nach Hamburg, grüßt da kurz Hafen und Michel, ehe es durch den Elbtunnel auf die letzte Etappe geht.

In Flensburg geht es dann runter von der Autobahn und wenn man nach einer weiteren Stunde Fahrt in Niebüll auf dem Autozug steht, dann ist Urlaub. Kleiner Tipp für Handball-Fans: Die Strecke lässt sich auch anhand von Spielorten abhandeln: Erlangen, Melsungen, Hildesheim, Hannover, Hamburg, Henstedt-Ulzburg, kurzer Blick Richtung Kiel, und ab nach Tarp und Flensburg. Kürzer wird es dadurch aber auch nicht.

Und egal wie man sich die Strecke schön redet, in 90 Minuten kommt man im Auto gerade einmal bis Bad Kissingen – und Sylt von oben ist mindestens genau so schön wie die Zugfahrt über den Hindenburgdamm, die quer durch das Wattenmeer führt.

Egal ob Auto oder Flieger: Endstation ist in jedem Fall Westerland, der pulsierende Hauptort der Insel. Fußgängerzonen, die alle in die Strandpromenade münden, Geschäfte aller Größen und Preisklassen, Galerien, Kneipen, Cafes und Restaurants – hier ist alles geboten. Und wer will, kann einem Kurkonzert auf der Promenade lauschen, während im Hintergrund am Strand der Sylter Surf Weltcup am Laufen ist. Genau genommen ist Westerland Sylt im Kleinen. Hier wie auf der gesamten Insel ist für jeden Geschmack und Geldbeutel etwas geboten, der Ruf der Schickimicki-Insel wird Sylt nicht gerecht. Wer das will, der wird sicher fündig. Champagner, Cocktails und Austern gibt es unter anderem in Westerland, in der Rantumer Sansibar und natürlich im mondänen Kampen. Überall gibt es aber auch Fischbrötchen für den schnellen und kostengünstigen Hunger. Wer es laut will, der ist in Westerland und im Lister Hafen sicher richtig, doch die 99 Quadratkilometer Insel bieten unzählige ruhige Flecken: Die riesige Heidelandschaft – die Hälfte aller Heidegebiete Schleswig-Holsteins liegt auf Sylt – bei Braderup, der beschauliche Friesenort Keitum, das Rote Kliff bei Wenningstedt, das atemberaubende Ausblicke auf die Nordsee bietet, die Jahr für Jahr am Kliff nagt, das Wattenmeer im Osten der Insel oder der Lister Ellenbogen, der nördlichste Ort Deutschlands. An einige dieser ruhigen Orte darf man gar nicht mehr ran, weil sie unter strengem Schutz stehen: So gilt in den Dünenlandschaften Betretungsverbot, allen voran im Bereich der riesigen und in Deutschland einzigartigen Wanderdüne vor List. Naturliebhaber kommen auch beim Beobachten von Schweinswalen auf ihre Kosten. Die delfinähnlichen Meeressäuger ziehen vor dem Weststrand ihre Jungtiere auf und grüßen die Strandläufer.

Strand und Wind ohne Ende

Laufen ist überhaupt das Stichwort: Der schier endlose Weststrand von Sylt erstreckt sich über 30 Kilometer vom Hafenort Hörnum im Süden über Westerland, vorbei am Familienbad Wenningstedt, nach Kampen bis zum Lister Ellenbogen. Strandwandern ist hier Pflicht, Sonne, Brandung und Meeresluft sind inbegriffen. Der stete Westwind weht Wolken und Regen übrigens immer ganz schnell weiter Richtung Festland, so dass im Jahr 1750 Sonnenstunden gezählt werden – da spielt Sylt in einer Liga mit Freiburg im Breisgau, wenn nicht der oft raue Wind wäre. Doch der sorgt auch für die herrliche Brandung, in die man sich einfach stürzen muss. Vom Surfen ganz zu schweigen.

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