Wie einfach das Retten von Leben sein kann

6.11.2018, 15:00 Uhr
Wie einfach das Retten von Leben sein kann

Gestern war Mirko Scholten beim Hausarzt, obwohl er gar nicht krank ist. Das ist derzeit eine seiner größten Ängste: Halssschmerzen zu bekommen, Husten oder Schnupfen. Mirko Scholten muss gesund bleiben in diesen Wochen, sonst könnte das lebensgefährlich sein für jemanden, den er gar nicht kennt. Und dem er, so will es der Zufall, spielend einfach das Leben retten kann. "Es fühlt sich gut an", sagt er, "eigentlich ist mir sonst so etwas gar nicht wichtig. Aber diesmal kann ich ein richtiger Held sein."

Mirko Scholten, 30 Jahre jung, Unternehmer und Handballer unter ziemlich professionellen Bedingungen beim TV 61 Bruck in der dritten Liga, kann mit einer Spende seiner Stammzellen einem schwer erkrankten Menschen irgendwo auf der Welt helfen. Das weiß er seit vergangener Woche, als das Telefon klingelte, eine Münchener Nummer im Display erschien und, wie sich herausstellte, eine Dame von DKMS, der Deutschen Knochenmarkspenderdatei, am Apparat war. "Sie fragte mich, ob ich noch bereit wäre zu spenden, es gäbe jemanden, der dringend meine Hilfe benötigt."

So selbstverständlich sei das nämlich gar nicht, erklärte sie, nicht wenige Menschen, die sich irgendwann einmal haben typisieren lassen und daher in der Spenderdatei existieren,treten den Rückzug an, sobald der ohnehin unwahrscheinliche Fall auftritt, dass ein genetischer Zwilling irgendwo auf der Welt eine Knochenmarkspende benötigt.

"Da denkt man nicht nach"

Wie einfach das Retten von Leben sein kann

Dabei ist das Verfahren dann verhältnismäßig unkompliziert: "Mir wurde erklärt, dass ich entweder am Hüftknochen punktiert werde oder aber ein Mittel gespritzt bekomme, mit dem eine Blutabnahme möglich wird, in der besonders viele Plasmazellen vorhanden sind", sagt Mirko Scholten. Aber das alles gehe nur, wenn er gesund ist.

"Ich habe keine Sekunde überlegt, zurückzutreten", sagt er, "ich habe die Möglichkeit, jemandem das Leben zu retten. Da denkt man doch nicht zweimal darüber nach."

Wer derjenige ist, wo er wohnt, welcher Nation er ist, wie er heißt, ob er Handball oder Fußball spielt, ja nicht einmal, ob er weiblich oder männlich ist, ein Greis oder ein Kleinkind – all das bleibt anonym: "Ich kann zwei Jahre lang Briefe schreiben, die die DKMS weiterleitet. Aber eine Kontaktaufnahme kann es frühestens nach zwei Jahren geben." Weil, so wurde es ihm erklärt, manche Menschen so voller Vorurteile stecken, dass sie sich allen Ernstes dagegen entscheiden, jemandem aus einem anderen Land, mit einer anderen Hautfarbe oder einer anderen Religionszugehörigkeit zu helfen. Mirko Scholten macht das traurig: "Für mich ist das ein Mensch, der krank ist und dem ich helfen kann. Da mache ich doch keine Unterschiede."

Der Freundin sei Dank

Dass er helfen kann, verdanke er vor allem seiner Freundin, sagt Scholten. Von allein wäre er wohl nicht auf die Idee gekommen, vor einigen Jahren bei einer Typisierungsaktion im Erlanger Rathaus mitzumachen. Nicht, weil er nicht gewollt hätte, sondern weil er schlichtweg nicht davon erfahren hat. "Meine Freundin hat ein sehr großes Helfer-Gen in sich. Sie hat auch eine App, über die Blinde sie kontaktieren können, wenn sie in ihrer Nähe Hilfe brauchen."

Gestern also hat Mirko Scholten Blutproben beim Hausarzt nehmen lassen. Zwei davon wurden direkt mit dem Kurier zur DKMS losgeschickt. "Jetzt", sagt er, "muss ich einfach nur weiter abwarten." Und dabei auf keinen Fall krank werden.

Wenn Sie auch helfen und sich typisieren lassen möchten, gibt es hier die nötigen Informationen: https://akb.de/typisierungsaktionen-in-bayern/

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