Wück: "Wir haben gemerkt, dass in München etwas geht"

21.8.2013, 16:21 Uhr
Wück:

© Eckert

Münchner Olympiastadion, 28. März 1992: 18 Minuten leuchten als Spielzeit von der Anzeigetafel. Die Bayern machen Druck - Mazinho hat ihre Angriffsanstrengungen früh mit der Führung belohnt - der Club macht den Ausgleich. 18 Sekunden ist es her, dass Christian Wück für den verletzungsbedingt ausgewechselten Dieter Eckstein im Club-Angriff übernommen hat. Anlaufzeit braucht der Unterfranke keine, um zuvor drückend überlegene Bayern in deren Wohnzimmer erstmals eiskalt abzuduschen. „Der Linienrichter wollte irgendetwas von mir, danach habe ich mich direkt in den Sturm orientiert.“ Der heute 40-Jährige hat die Szene vor der letzten Kraftprobe in München noch einmal detailliert beschrieben. Jörg Dittwar befördert die Kugel nach einem Einwurf hoch ins Zentrum. „Die Bayern verteidigen die Situation nicht richtig, Aumann steht etwas zu weit vor seinem Kasten. Der Ball landet auf meinem Kopf und als Bogenlampe über die Unterkante der Latte im Tor“, schildert der Hauptprotagonist das erste Club-Ausrufezeichen vor 15000 mitgereisten Fans.

Das 1:1 macht dem FCN Mut. „Wir haben gemerkt, dass da etwas geht“, sagt Wück, der zuvor im Saisonverlauf bereits 23 Mal von der Bank kommend die Club-Offensive belebt hat. Noch vor der Pause geht der Plan von Willi Entenmann auf, „aus einer guten Abwehrformation heraus über schnelle Spieler Konter zu fahren“.

Jan Wouters stoppt einen unnachahmlichen Sololauf von Wücks wendigem Sturmpartner Sergio Zarate plump auf der Strafraummarkierung. Der Gefoulte tritt selbst zum Elfmeter an, verlädt FCB-Torwart Raimond Aumann nervenstark. Die Bayern drängen nach Wiederanpfiff wütend nach vorne. Die Gäste können sich jedoch auf Andreas Köpke verlassen, setzen bei Kontern zudem weiter fortwährend Nadelstiche. Nachdem Stefan Effenberg per Foulelfmeter an Nürnbergs Schlussmann gescheitert war, bringt ein solcher Gegenstoß die Entscheidung. Wück („Ich bin losmarschiert. Damals war ich noch schnell.“) passt vom rechten Strafraumeck diagonal ins Zentrum. Zaubermaus Zarate veredelt die flache, maßgenaue Hereingabe und tütet den bislang letzten Nürnberger Triumph in der ungeliebten Landeshauptstadt ein.

Akrobatik am Maschendrahtzaun

„Solange das so bleibt“, wird der ehemaliger Edeljoker — mittlerweile Trainer der deutschen U17- Nationalmannschaft — „immer wieder kontaktiert werden“. Wegen exakt dieser Geschichten, die der aus Gäuheim stammende Ex-Stürmer noch um den Torjubel nach dem 3:1 erweitert: „Den habe ich besonders vor Augen. Sergio ist in die Kurve gelaufen, ich hinterher.“ Vor frenetisch feiernden Club-Fans macht Zarate Klimmzüge am Maschendrahtzaun. Wück, dem der Argentinier im Anschluss „mindestens 50 Prozent Anteil an seinem zweiten Treffer“ einräumt, macht mit ihm dort eine gute Figur.

Vor und nach 1992 gestalteten sich die Nürnberger Betriebsausflüge in die Isar-Metropole meist unerfreulich, nicht zuletzt seit Thomas Helmers Phantomtor im April 1994. In der Hinrunde 2010/11 war der Club gleichwohl vor dem schwächelnden Erzrivalen in der Bundesliga-Tabelle notiert. Mit Rückenwind und rund 6000 Fans machte er sich auf nach Fröttmaning. Doch Mario Gomez, der eine Pranjic-Hereingabe verwertete, bremste die fränkischen Hoffnungen, wieder einmal Zählbares aus München zu entführen, rasch. In der zweiten Hälfte legte der FCN seine Zurückhaltung ab,  tauchte durch Julian Schieber zweimal gefährlich vor dem gegnerischen Gehäuse auf, ehe FCB-Kapitän Philipp Lahm per verwandeltem Elfmeter auf 2:0 aufstockte und Gomez per Kopf seinen Doppelpack perfekt machte.

Brungs, Strehl, Meisterschaft

Wenig tröstlich, dass der Bayern-Angreifer kurz vor Abpfiff einen Elfmeter verschoss, so seinen dritten Treffer verpasste. Eine Ausnahme bei den meist tristen fränkischen Gastauftritten bildet indes die Saison 1967/68, als der Club am vorletzten Spieltag an der Grünwalder Straße seine bislang letzte Meisterschaft unter Dach und Fach brachte. Wenig verwunderlich, dass zwei Torschützen vom Dienst im Mai 1968 für den 2:0-Coup verantwortlich zeichneten: Franz Brungs bezwang Sepp Maier in Minute 29 ein erstes, FCN-Bundesligarekordtorschütze Heinz Strehl zehn Minuten später ein zweites Mal.


 

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