Zum Jahres-Finale: Club will die Pokal-Sensation!

19.12.2017, 10:22 Uhr
Zum Jahres-Finale: Club will die Pokal-Sensation!

© Daniel Marr/Zink

Wer sich schwertat mit einer realistischen Einschätzung dieses 1:1 auf dem Betzenberg, musste im Medienraum nur kurz nach rechts schauen. Dort stand der Trainer Jeff Strasser, umringt von fast einem Dutzend Journalisten, die natürlich wissen wollten, wie das noch etwas werden soll mit dem 1. FC Kaiserslautern und dem Klassenverbleib.

Einer der größten Traditionsvereine hierzulande droht bereits im Mai in den Niederungen der Dritt- oder schlimmstenfalls Viertklassigkeit zu verschwinden. Nicht nur Horst Eckel, dem letzten noch lebenden Weltmeister von 1954, würde es das Herz zerreißen; am Samstagnachmittag litt der 85-Jährige auf der Haupttribüne mit.

Sieben Punkte beträgt der Rückstand auf den Relegationsplatz bereits, tauschen mochte am Samstag niemand aus der Nürnberger Delegation. Die eigenen Sorgen, sofern man sie überhaupt so nennen sollte nach einem wirklich fantastischen Halbjahr, kamen dem objektiven Betrachter fast albern vor angesichts der Kaiserslauterer Melancholie.

Kein Platz für Enttäuschung

Natürlich hätten die Nürnberger am Samstag gewinnen können, hatten in einigen Begegnungen zuvor wie gegen Dresden aber auch schon enormes Glück nötig, um als Sieger vom Platz zu gehen. Die allgemeine Sehnsucht nach Erfolg sollte deshalb nicht in Maßlosigkeit umschlagen, wie der Trainer auch am nächsten Tag forderte. "Man darf nicht zu gierig sein", meinte Michael Köllner, "Gier ist ein schlechter Wesenszug."

Tatsächlich bedeuten 33 Zähler und Platz drei, punkt- und fast torgleich mit dem Zweiten Holstein Kiel, ein mehr als respektables Zwischenergebnis nach 18 Spieltagen, mit dem im Sommer nur ein paar Berufsoptimisten gerechnet haben dürften. Der VfB Stuttgart und Hannover 96, die beiden Übermannschaften der Vorsaison, hatten zum vergleichbaren Zeitpunkt jeweils 35, demnach ist auch der 1. FC Nürnberg prima unterwegs. In kleinen Schritten hat sich der Club immer weiter nach oben gearbeitet und zählt jetzt neben Düsseldorf, Kiel, Ingolstadt, Sandhausen und Union Berlin zum engeren Kreis der Aufstiegskandidaten.

Für Enttäuschung ist da eigentlich kein Platz. "Bei mir ist das Glas komplett voll", entgegnete Michael Köllner gestern auf eine entsprechende Frage; einen Sieg und ein Unentschieden wollten sie aus den schweren Partien binnen fünf Tagen in Düsseldorf und Kaiserslautern mindestens holen, ein Sieg und ein Unentschieden sind es geworden. Also alles gut – erst recht nach zuletzt fünf Spielen ohne Niederlage.

Ob es inklusive DFB-Pokal sogar sechs werden können, bezweifeln allerdings selbst hochrangige Vereinsvertreter. "Wir sind krasser Außenseiter", sagt Hanno Behrens vor dem Achtelfinal-Heimspiel gegen den VfL Wolfsburg (Dienstag, 20.45 Uhr), was nicht heißen soll, dass sich der Club kampflos ergeben wird. "Wir werden alles raushauen – und dann schauen wir mal, was passiert." Sein Chef hört sich weniger zuversichtlich an, wobei es Michael Köllner natürlich glänzend versteht, mit Halbwahrheiten zu kokettieren.

Finale am Dienstag

Auch der Trainer des 1. FC Nürnberg wird aufmerksam verfolgt haben, wie sich der VfL Wolfsburg am Samstag von einer besseren Jugendauswahl des 1. FC Köln düpieren ließ. Mit einfachsten Mitteln. Und dennoch: "Wir sind chancenlos", glaubt Michael Köllner, "der Sieger steht eigentlich schon vorher fest."

Als Maßstab dient ihm die individuelle Qualität; hier die vor der Runde mit fast 50 Millionen Euro verstärkte Werkself, dort der fränkische Ausbildungs-Klub, der sich freilich in den vergangenen Wochen und Monaten auf nicht selten überdurchschnittlichem Zweitliganiveau stabilisiert hat.

"Wir haben uns als Mannschaft sehr schnell gefunden", findet Enrico Valentini; der Zusammenhalt soll auch in der bereits am 23. Januar (20.30 Uhr) mit dem Heimspiel gegen Jahn Regensburg beginnenden Restsaison von idealerweise entscheidender Bedeutung sein. "Stolz" ist Valentini, "ein Teil dieser Mannschaft zu sein", auch der Kollege Mikael Ishak traut seinem Club noch einiges zu. "Das sieht sehr gut aus", sagt der Torjäger, "wenn wir künftig ein paar Sachen besser machen, sind wir ein sehr, sehr starker Gegner."

Vor allem in Kaiserslautern würden sie bestimmt gerne tauschen.

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