Vergessener Altdorfer Bebauungsplan gibt Rätsel auf

6.7.2018, 18:46 Uhr
Im Juni 2014 hat ein Mitarbeiter des Bauamts den Plan für die Website der Stadt digitalisiert.

Im Juni 2014 hat ein Mitarbeiter des Bauamts den Plan für die Website der Stadt digitalisiert.

Der in Vergessenheit geratene Bebauungsplan für ein Gewerbegebiet an der Neumarkter Straße ist nicht – wie berichtet – vor zwei Jahren, sondern schon 2014 aufgetaucht. Bürgermeister Erich Odörfer machte den Fund vor vier Jahren beim Stöbern im Archiv der Stadt und informierte dann umgehend die Mitglieder des Stadtrats. Im Juni 2014 hat ein Mitarbeiter des Bauamts den Plan für die Website der Stadt digitalisiert.

Der Bote berichtete in seiner Pfingstausgabe am 7. Juni 2014 von dem kuriosen Fall. Bei dem vom damaligen Bürgermeister Heinrich Späth und dessen Stellvertreter Friedrich Weißkopf unterzeichneten Papier handelt es sich um einen rechtskräftigen Bebauungsplan für ein rund fünf Hektar großes Gebiet im Osten der Stadt, an der Neumarkter Straße gelegen, gegenüber des Wertstoffhofs. Aufgestellt wurde er im Jahr 1971, danach verschwand er in der Schublade.

Eigentümer wussten nichts?

Warum sich bis zu seinem Auffinden 2014 niemand mehr dafür interessierte, warum sich insbesondere die Grundeigentümer nicht bei der Stadt meldeten, ist ein ungelöstes Rätsel. Immerhin geht es hier um viel Geld. Das ursprüngliche Grünland war mit der Aufstellung des Bebauungsplans auf einen Schlag zwanzigmal mehr wert als zuvor.

Einer der Eigentümer in dem betroffenen Gebiet ist CSU-Stadtrat Peter Kellermann. Im Telefongespräch mit dem Boten versicherte er, vor 2014 keine Ahnung davon gehabt zu haben, dass das Areal an der Neumarkter Straße einmal überplant wurde und dafür ein rechtskräftiger Bebauungsplan vorliegt.

Altdorf braucht unbedingt Gewerbeflächen. Vor vier Jahren allerdings scheint dieser Druck noch nicht so groß gewesen zu sein wie aktuell, weil die Stadträte damals keinen Anlass sahen, in Sachen Bebauungsplan Nummer 18 an der Neumarkter Straße umgehend aktiv zu werden. Man diskutierte unverbindlich, wie man sich die Entwicklung des Gebiets vorstellen könnte. Begeisterung über zusätzliche Gewerbeflächen gab es im Stadtrat seinerzeit jedenfalls nicht. Ernst Bergmann (SPD) schlug sogar vor, den Plan einfach aufzuheben, ein Vorschlag, dem sich Eckard Paetzold (Grüne) sofort anschloss und zur Eile drängte.

Drohender Schadensersatz

Weil die Stadt aber damit rechnen musste, von Grundeigentümern mit Schadensersatzklagen überzogen zu werden und am Ende mehrere Millionen Euro auf dem Spiel stehen würden, hob man den Bebauungsplan nicht auf. Dann verschwand er erneut fast vier Jahre lang vom Radar der Stadtrats-Mitglieder und steht erst jetzt erneut auf der Agenda. Juristen sollen nun prüfen, wie es um die Rechtskraft des 1971 beschlossenen Bebauungsplans steht. Seitdem sind 47 Jahre vergangen.

„Ein Bebauungsplan aus dem Jahr 1971 kann doch nicht Maßstab heutigen städtebaulichen Handelns sein“, hatte Ernst Bergmann schon 2014 gemahnt, als er von dem sonderbaren Fund erfuhr. Der SPD-Stadtrat mahnte damals auch, dass Altdorf doch nicht an jedem Ortseingang ein Gewerbegebiet brauche.

Anwohner sind skeptisch

Dr. Bernd Eckstein (CSU) dagegen hatte seinerzeit signalisiert, dass er sich durchaus Gewerbe an der Neumarkter Straße vorstellen könne, wichtig sei halt der Abstand zur Wohnbebauung. Ähnlich äußerte sich 2014 auch Dr. Johann Pöllot (CSU). Heute verweist Pöllot auf die nötige Umlegung der Grundstücke. Künftige Gewerbegrundstücke könne die Stadt so zuschneiden, dass sie für große Firmen und für Logistiker uninteressant sind.

Viele Einwohner des Oberpfälzer Viertels, in der Nachbarschaft des möglichen Gewerbegebiets, bleiben aber skeptisch und machten das auch auf einer Ortsbesichtigung deutlich, zu der Altdorfer Bürger in der vergangenen Woche eingeladen hatten (wir berichteten).

Nachdem Odörfer vor vier Jahren von seinem überraschenden Fund berichtet hatte, stand beim Stadtrat auf einmal die Frage im Raum, was da noch alles im Archiv schlummert. Vielleicht ein Aufhebungsbeschluss für den Bebauungsplan 18? Das würde erklären, warum sich jahrzehntelang niemand mehr darum scherte.

 

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