Vortrag in Stadtbücherei: Lügen und Propaganda enttarnen

15.2.2018, 11:37 Uhr
Vortrag in Stadtbücherei: Lügen und Propaganda enttarnen

© Foto: Philipp Hrschuka

Ob über die Online-Ausgaben etablierter Zeitungen oder bei News-Seiten ohne analoges Gegenstück: Wer sich im Internet über Politik informieren möchte, dem stehen viele Kanäle offen. Wer soziale Medien nutzt, sieht sich auch ohne sein Zutun einem Überangebot an Informationen ausgesetzt. Gleichzeitig verschafft die digitale Welt immer mehr Menschen Zugang zum Medienbetrieb selbst: Fast jeder hat grundsätzlich die Möglichkeit, eigenständig Informationen zu verarbeiten und online zu verbreiten. Diese Tatsache weckte zunächst große Hoffnungen auf eine "Demokratisierung" der (digitalen) Medien. Vor dem Hintergrund eines weltweit erstarkenden Populismus sowie der großen Verbreitung von Falschmeldungen scheint inzwischen jedoch ein eher nüchterner Blick auf die Entwicklungen in der digitalen Welt angebracht.

Einen solchen Blick warf Björn Friedrich auf Lügen und Propaganda im Internet, zusammengefasst unter dem populären Schlagwort Fake News. Im zweiten von drei Vorträgen, der unter der Überschrift "Wahrheit und Lüge in (digitalen) Medien" lief, blieb die diesjährige Medienwelten-Reihe von Stadt- und Schulbücherei sowie Bürgernetzverein Gunzenhausen damit bei ihrer Thematik: Die Digitalisierung und ihre Konsequenzen für unseren Alltag.

Beim ersten Vortrag hatte sich Wirtschaftspsychologin Dr. Sarah Diefenbach mit den Auswirkungen digitaler Medien auf unsere sozialen Interaktionen befasst. Björn Friedrich ist Medienpädagoge und beschäftigt sich hauptsächlich damit, Kinder und Jugendliche bei ihren ersten Schritten in digitalen Zusammenhängen zu begleiten und anzuleiten. Gerade bei jungen Erwachsenen, die sich zum ersten Mal für politische Themen interessieren, sei eine Sensibilisierung für möglicherweise absichtlich verbreitete Fehlinformationen wichtig, sagt er.

Eigentlich nichts Neues

Das Phänomen der Fake News ist zwar erst seit einigen Jahren ein wirklich zentrales Gesprächsthema in der Öffentlichkeit und dabei untrennbar mit den neueren Entwicklungen digitaler Medien verbunden. Dennoch stellte Friedrich zunächst einmal fest, dass Fake News im Kern gar nichts Neues sind. In der Geschichte finden sich zahlreiche Beispiele für die Wichtigkeit gezielt eingesetzter Propaganda. So beispielsweise ganz konkret beim Überfall auf den Radiosender Gleiwitz 1939. Der von der SS fingierte Angriff angeblicher polnischer Freischärler an der deutsch-polnischen Grenze gab Nazi-Deutschland mit der anschließenden propagandistischen Verwertung des Vorfalls einen Vorwand für den Überfall auf Polen und trug so zum Beginn des Zweiten Weltkriegs bei.

Natürlich muss es nicht immer gleich um die Vorbereitung eines Angriffskriegs gehen. Auch zu wesentlich harmloseren Zwecken wird die Realität bis heute gezielt verschleiert oder falsch dargestellt. Eine berühmtes Beispiel für Fake News führte 1983 zur Affäre um die angeblichen Hitler-Tagebücher, denen das Magazin Spiegel aufsaß.

In der Werbung lassen nachträgliche Bild-Manipulationen währenddessen fast alles besser als in Wirklichkeit aussehen — vom leckeren Burger bis zum attraktiven Model. Gerade in der Modebranche werden regelmäßig gravierende Nachbearbeitungen vorgenommen, um ein gewisses Schönheitsideal zu formen. Diesen Prozess aufzudecken, sei vor allem für Mädchen und junge Frauen ein pädagogisch sehr wertvoller Schritt, so Friedrich. Doch ist dies im Alltag nicht immer leicht. Neue technische Fortschritte machen effektivere Foto- oder Video-Manipulation für jedermann möglich. So wird es selbst für Experten immer schwerer, Fakt und Fake auseinanderzuhalten. Manche Fake News seien daher kaum noch zu enttarnen.

Gefälschte Asienreise

Dies verdeutlicht Friedrich anhand des Beispiels einer niederländischen Kunststudentin, die Freunden wie Familie im Rahmen ihrer Abschlussarbeit eine wochenlange Asienreise vorgetäuscht hatte. Mit großem Aufwand fälschte sie beispielsweise Strandbilder für Facebook und baute in der eigenen Wohnung eine asiatisch aussehende Kulisse für den Video-Chat auf, ohne ihre Heimatstadt je verlassen zu haben.

In der Werbung beeinflussen falsche Darstellungen unter Umständen die Kaufentscheidung, bei politischen Themen kann es zur Verstärkung oder Abschwächung von Stimmungen in der Gesellschaft kommen. Zur Flüchtlingskrise ab 2015 gehörten auch die Falschmeldungen im Internet, die mit erfundenen Berichten über Sachbeschädigungen bis hin zu Gewaltverbrechen von Flüchtlingen eine nüchterne Diskussion der Thematik sabotierten. Die sozialen Medien, in denen solche Lügen verbreitet würden, wirkten dann wie ein Brandbeschleuniger, weiß Friedrich.

Im Rahmen des Vortrags stand beim Publikum schließlich als zentrale Frage im Raum, wie man Fake News angesichts ihrer großen Verbreitung und technischen Entwicklung überhaupt noch begegnen könne. Für Björn Friedrich ist hier vor allem eine stets kritische Haltung wichtig. Es sei schon viel getan, wenn man allem, was man so liest, eine gesunde Skepsis entgegenbringe. Zudem helfe es, sich die jeweilige Quelle anzusehen, von seriösen Medien sei durchaus eine gewisse Nachrichtenqualität zu erwarten. Der Pädagoge nannte zudem Konzepte verschiedener Medien, mit denen mit Fake News ganz praktisch umgegangen wird. Formate wie beispielsweise der "Fakten-Finder" der ARD-Tagesthemen zeigen, dass viele der etablierten Medien die Problematik aufgreifen.

Im dritten und letzten Vortrag der Medienwelten-Reihe 2018 spricht Psychotherapeutin Klara Guthmann am Donnerstag, 8. März, um 19.30 Uhr in der Stadt- und Schulbücherei über Internetsucht bei Jugendlichen sowie Erwachsenen.

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