Vorzeigewald oder Wildwuchs bei Buchschwabach?

12.11.2015, 06:00 Uhr
Vorzeigewald oder Wildwuchs bei Buchschwabach?

© Foto: Thomas Scherer

Als Ausgleichsfläche für den Ausbau einer Straße im Kreisnorden ließ der Landkreis dort ausschließlich Laubgehölze anpflanzen. Die Verantwortlichen von der Kreisbehörde kündigten damals an, hier entstehe ein besonders hochwertiger Bestand. Gepflanzt wurde auf einem Grund, der dem Kreis gar nicht gehörte. Der Landkreis übernahm die Kosten für die Pflanzung und verpflichtete sich, für fünf Jahre die Pflege zu übernehmen. Dann soll der Baumbestand in den Besitz der Eigentümer des Grundstücks übergehen, der Familie Schleenstein aus Buchschwabach. Nächstes Jahr ist es so weit.

Doch von dem in Aussicht gestellten Wald mit Vorzeigecharakter können Matthias Schleenstein und sein Vater Erich nicht allzu viel ausmachen. Sommers habe man vor lauter Unkraut die Bäume nicht gesehen, übermannshoch standen die Disteln. Vom ganzen Dorf würden sie auf den „beschämenden Zustand“ des Wäldchens angesprochen. Wirklich gewachsen seien nur die Weiden, deren Samen im Randbereich anflogen. Doch die sollten eigentlich gar nicht hier stehen. Auch einige Pappeln und Kiefern, die sich naturverjüngten, gedeihten besser als Buche, Ahorn, Winterlinde, Esskastanie, Eiche oder Wildkirsche.

Nun würde Schleenstein junior nicht gerade von sich behaupten, ein Forstfachmann zu sein, wie er sagt. „Ich bin schon eher der Typ, der zu der Meinung neigt, der Natur ihren freien Lauf zu lassen“, erklärt er. Doch etwas verwildert sehe der Bestand doch aus. Er will indes auch nicht ausschließen, „falsch zu liegen“. Die Sticheleien der Nachbarn sind aber doch recht lästig, zumal da der eine oder andere darunter ist, der im Fach Forst ziemlich firm zu sein scheint.

Die Zusage des Kreises, sich um den Bestand zu kümmern, sieht Matthias Schleenstein eben so wenig erfüllt wie sein Vater Erich. Zu Pflegearbeiten habe sich noch keiner in dem Waldstück blicken lassen, berichtet Schleenstein senior. Lediglich im zweiten Jahr waren Waldarbeiter da: Sie haben nachgepflanzt, weil ein später Frost im Frühjahr drei Viertel der Jungpflanzen ruinierte und auch der Johannistrieb um den 24. Juni nichts mehr retten konnte, wie Förster Klaus John auf Nachfrage erklärt.

Er hat im Auftrag des Landkreises Fürth die fachliche Aufsicht über das Gedeihen der Anpflanzung und bestätigt, dass das kleine Wäldchen „durch die Brille des Gärtners gesehen“, tatsächlich als etwas verwildert eingestuft werden könnte. Aus forstfachlicher Sicht aber habe er, so John, bisher keine Veranlassung gesehen, die Jungbäume ausmähen zu lassen. „Es ist definitiv nicht so, dass der Landkreis hier kein Geld ausgeben wollte“, erklärt er. Bisher sei das schlicht nicht erforderlich gewesen, so John. „Wichtig ist, dass die Jungbäume die Köpfe rausstrecken können.“

Was der Laie als Wildwuchs verurteilt, stuft John nicht als Konkurrenz, sondern als Schutz ein: Schutz vor Frost im Winter oder zu starker Sonneneinstrahlung sommers. Was speziell bei dem „etwas schwierigen Standort“ der Neuanpflanzung wichtig sei: Der Boden ist sehr sandig, die Fläche nach Süden offen, das hat eine starke Sonneneinstrahlung im Sommer zu Folge, steht die in Herbst und Winter flacher, fehle das Licht. Insoweit, findet John, sei die Fläche im rekordverdächtig trockenen Sommer heuer noch ganz gut übers Jahr gekommen. Selbst der Ahorn in den nicht geplanten Weidenbüschen fühle sich sehr wohl, lautet Johns Diagnose.

Unnötiger Stress

Die Fläche ausmähen zu lassen, hätte dem jungen Bestand unnötig Stress beschert, „wir reduzieren pflegerische Maßnahmen auf das Notwendigste“. Zudem sei gerade bei Laubbäumen zu beobachten, dass sie in jungen Jahren ihre Energie darauf konzentrierten, ihr Wurzelwerk auszubilden, und erst später ins Höhenwachstum gingen. „Das braucht Geduld.“

Das Modell, zum Ausgleich für Bauprojekte ungünstig zugeschnittene oder kleine und mit den großen Maschinen der heutigen Landwirtschaft schlecht zu bewirtschaftende Felder in Wald umzuwandeln, macht John zufolge Schule. Die in Buchschwabach praktizierte Variante, bei der der Landkreis sowohl für die Anpflanzung als auch für die Pflege aufkam, ist dabei noch die bequemste für den Grundstücksbesitzer. Gängiger sei das Modell, dass ein Bauherr einen Landwirt dafür bezahlt, wenn der einen Acker in Eigenregie als Ökoausgleich für eine fremdes Bauprojekt zum Wald umwandelt.

Der Wertverlust der Umwandlung von Acker in Wald „wird mittlerweile auch ganz gut bezahlt“, so John. Allein diesen Herbst wächst der Waldbestand im Kreis-Süden im Zuge solcher Ausgleichsmaßnahmen um 1,6 Hektar Fläche.

1 Kommentar