Wasserzwist am Acker

4.8.2015, 13:00 Uhr
Wasserzwist am Acker

© Foto: Winckler

„Da drüben“, weist Hermann Förthner vor dem Wolfgangshof in Richtung des Roßtaler Ortsteils Weitersdorf, „da liegen unsere Äcker. Die graben uns hier das Wasser direkt an der Gemarkungsgrenze zu Zirndorf ab. Das ist nicht die feine Art.“ Und sein Nachbar Dieter Beck „kriegt einen dicken Hals“, wie er sagt, wenn er sieht, wo die Brunnen entstehen sollen. In der Senke hinter dem Gut, nur ein paar Meter von den Ackerrainen entfernt, die gräflichen Grund von den Nachbarfeldern trennen. „Einer bohrt, und dem Rest trocknen die Felder aus“, ärgert sich Beck. Wollte er selbst einen Brunnen bohren, hätte er das Nachsehen. Deshalb klagt er gegen die Bewilligung.

Beck und Förthner sind Mitglieder im Wasser- und Bodenverband Asbachgrund, in dem sich die Grundstückseigentümer im Bereich des Asbachs organisiert haben, als sie 1928 über Drainagen die Felder urbar machten. In der Satzung verankertes Ziel ist, die Grundstücke im Bereich des Asbachs „im landwirtschaftlichen Kulturzustand zu verbessern und zu erhalten“ sowie zu be- oder entwässern. Ohne Zustimmung des Verbandes seien die Brunnen deshalb nicht genehmigungsfähig, mahnte Verbands-Vorsteher Wolfgang Kleinlein im Genehmigungsverfahren beim Landratsamt an.

Doch die überwiegende Mehrheit der Verbandsmitglieder ist nicht mit den Brunnen einverstanden. „Hier wurde einem Einzelnen ein Vorteil zugestanden, der zu Lasten aller anderen geht“, sagt Rechtsanwältin Sylvia Meyerhuber, die sowohl die Klage im Auftrag des Zweckverbandes als auch die von Dieter Beck eingereicht hat.

Dritter Kläger ist die Stadt Oberasbach, die um Wasserstand und Wassergüte in dem Bach fürchtet, nach dem sie benannt ist. „Einerseits sind wir über die EU-Wasserrahmen-Richtlinien angehalten, den Asbach in einen guten Zustand zu versetzen, andererseits gesteht das Wasserrecht einem Einzelnen zu, Grundwasser in dessen Einzugsbereich zu entnehmen, ohne dass wir letztlich wissen, wie sich das auswirkt“, erklärt Bürgermeisterin Birgit Huber. „So konkurrieren zwei Rechtsbereiche miteinander, die unvereinbar sind.“

„Gerade noch vertretbar“

Welche Folgen es haben kann, wird das Grundwasser angezapft, kann Beck an Feldern beobachten, die er bei Wintersdorf bewirtschaftet. Dort haben die Stadtwerke Zirndorf Trinkwasserfassungen. Am Zustand der Feldfrüchte kann er genau ablesen, wo die Einzugskegel der Brunnen im Boden liegen. „Aber von den Stadtwerken bekomme ich für diese Ernteausfälle Entschädigung“, sagt er.

Probebohrungen am Wolfgangshof haben gezeigt, dass die bis zu 32 Meter tiefen Brunnen gerade drei Liter pro Sekunde liefern könnten. „Das ist nichts“, findet Kleinlein. „Gäbe das Grundwasser 50 oder 100 Liter her, würden wir ja nichts sagen.“ Die Gegend ist Mangelgebiet, wie letztlich ganz Mittelfranken, das in puncto Niederschläge als Sahelzone Bayerns gilt. „Jahrzehnte wurde hier Getreide angebaut, für Gemüseanbau ist es schlicht zu trocken“, meint Beck.

In der Genehmigung für die Brunnen findet sich der ausdrückliche Hinweis, dass „die beantragte Nutzung einen gerade noch vertretbaren Eingriff in das nicht besonders ergiebige Grundwasser darstellt“. Warum, fragt sich Kleinlein, genehmigt man es denn dann?

Um überhaupt genügend Wasser für 15 Hektar Rhabarber, Spargel oder Salat zu schöpfen, müssten die Brunnen kontinuierlich pumpen, damit sie die bewilligten 45 000 Kubikmeter Wasser im Jahr abschöpfen. Über ein Sammelbecken soll das vorgehalten werden und bei Bedarf zum Einsatz kommen. Nutznießer wäre der Fürther Gemüsebauer Stefan Hußnätter, der seit November vergangenen Jahres 30 Hektar Fläche am Wolfgangshofs gepachtet hat.

Mit ihm war Rüdiger Hunke, der Vermögensverwalter von Faber-Castell, ins Geschäft gekommen, als er vor zwei Jahren die Flächen neu ausschrieb und nach innovativen Partnern suchte, wie er erklärt. Er sei bestrebt, Alternativen zur konventionellen Landwirtschaft, deren Rentabilität er lediglich über Subventionen gesichert sieht, zu testen. Und dabei gehe es ihm um echte Wertschöpfung und die Erschließung der Märkte vor Ort. „Wir sind die Letzten, die hier den Boden austrocknen wollen“, unterstreicht er, „wir würden uns ins eigene Fleisch schneiden“. Der Faber-Castellsche Grund erstreckt sich auf etliche Hektar mehr rundum die für Gemüseanbau vorgesehenen Fläche. „Diese Flächen wollen wir noch weitere 100 Jahre verantwortungsvoll landwirtschaftlich nutzen“, so Hunke.

Gemüsebauer Hußnätter hängt derweil in der Luft. Abgesehen von ein paar Hektar Rhabarber, die er gepflanzt hat, liegen die Felder brach, nur die Gemeine Melde gedeiht prächtig. Hunke will abwarten, wie das VG entscheidet. Irritiert zeigt sich Hußnätter über die Stimmung, die seines Erachtens gegen ihn gemacht werde. Gebe der Bescheid doch alle Mechanismen her, die sich der Wasserverband wünschen könne. Er ist an einen Katalog an Auflagen geknüpft. Sollten die Brunnen dem Grundwasserpegel oder dem Asbach schaden, müsste die Entnahme gedrosselt oder gestoppt werden. Die Interessen des Wasserverbandes sieht das Landratsamt über einen „Widerrufsvorbehalt“ berücksichtigt: Wollte der Verband selbst bewässern, wäre dessen Grundwassernutzung „vorrangig zu beurteilen“.

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