Weniger Zeitgeist, mehr Kontinuität: Der "ewige Landrat"

4.11.2018, 12:00 Uhr
Weniger Zeitgeist, mehr Kontinuität: Der

© Hans Pühn (3), Salvatore Giurdanella, privat

Unabhängig davon ist die von Eckstein bewiesene Konstanz in politisch bewegten Zeiten schon etwas Außergewöhnliches. Nur ganz wenige Landräte in Bayern haben bislang ein Vierteljahrhundert durchgehalten. Der derzeit dienstälteste Landrat Bayerns heißt Heinrich Trapp und steht seit 1991 an der Spitze des Landkreises Dingolfing-Landau. Trapp wurde, wie Eckstein, in den 1990er-Jahren zum Nachfolger eines verstorbenen CSU-Landrates gewählt. Seitdem schenkten die Wähler im CSU-dominierten Niederbayern dem SPD-Mann Trapp vier Mal das Vertrauen. Zuletzt und zugleich zum letzten Mal im März 2014. Der Dingolfing-Landauer Landrat nämlich geht 2020 in Pension.

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Heinrich Trapp (67) hat übrigens nicht nur auf politischer Bühne von sich reden gemacht. 1977 avancierte er als junger Lehrer mit sechs Siegen zum ewigen Champion in der ZDF-Spielshow "Der große Preis" mit Wim Thoelke, die damals jeweils weit mehr als 20 Millionen Zuschauer verfolgten. Vor kurzem ist Heinrich Trapp als Gast in Jörg Pilawas Quiz "Ich weiß alles" zwar auf die große Fernsehbühne zurückgekehrt, aber diesmal bereits in der zweiten Runde gescheitert.

Wenn, wie angekündigt, die politische Karriere des Dingolfingers im März 2020 endet, wäre ab diesem Zeitpunkt sein Parteikollege aus dem Landkreis Roth dienstältester (aktiver) Landrat Bayerns. Da der ausgesprochen volksnahe Herbert Eckstein (62) sein Amt noch immer mit Leidenschaft und scheinbar nie erlahmender Energie ausfüllt, darf man davon ausgehen, dass er bis zum Ende seiner fünften Wahlperiode im Herbst 2023 und damit bis zum Ende seiner Ära als Landrat (die Altersgrenze von 67 Jahren bei der Wählbarkeit bayerischer Landräte schließt wohl eine sechste Kandidatur aus) seine ganze Kraft in die Waagschale wirft. "In meinem Kopf spuken noch viele Ideen herum", blickt Eckstein in die nahe Zukunft, "außerdem spüre und schätze ich das Vertrauen, das mir die Bevölkerung entgegenbringt".

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Wie wichtig Herbert Eckstein der persönliche Umgang mit möglichst vielen Landkreisbürgern ist, spiegelt sich Woche für Woche auch in den Heimatzeitungen wider. Die nahe Zukunft hält für Landkreis und Landrat ein weiteres Jubiläum bereit. "50 Jahre Landkreis Roth" heißt es im Herbst 2022. Dass Herbert Eckstein bei diesem Anlass aller Voraussicht nach als dienstältester Landrat Bayerns die Festrede hält, wertet dieses Landkreis-Jubiläum natürlich zusätzlich auf.

Blick zurück: Landrat zu werden stand zwar nicht unbedingt an vorderster Stelle der Lebensplanung von Herbert Eckstein, doch als nach dem plötzlichen Tod von Dr. Helmut Hutzelmann die Genossen bei ihm anklopften, wollte der damalige Landtagsabgeordnete und Kreisrat "seine" Kreis-SPD nicht im Stich lassen. Auch wenn er insgeheim den Gedanken hegte, irgendwann einmal in seiner Heimatgemeinde Wendelstein die Aufgaben eines 1. Bürgermeisters zu übernehmen. Da damals aber so profilierte SPD-Bürgermeister, wie Wolfgang Kelsch, Klaus Wernard oder Hans Weiß eine Kandidatur ausschlugen, stellte sich schließlich der Landtagsabgeordnete Herbert Eckstein der Herausforderung. "Für mich eine ausgesprochen schwere Entscheidung", erinnert er sich, "schließlich hatte ich im Landtag als Mitglied des Haushaltsausschusses bereits eine Position erreicht, die mir lag".

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Der anschließende Wahlkampf wurde mit harten Bandagen geführt. Die Christsozialen hatten auf Hugo Mailinger aus Thalmässing gesetzt, einem Verwaltungsjuristen am Landratsamt in Weißenburg. Die Freien Wähler favorisierten Walter Schnell, einem Jugendfreund von Herbert Eckstein. Im ersten Wahlgang eroberte Mailinger mit 38,3 Prozent die meisten Stimmen vor Herbert Eckstein (35,1 Prozent) und Walter Schnell (20,67 Prozent). Bei der anschließenden Stichwahl zwischen Mailinger und Eckstein spielten die Anhänger der Freien Wähler das Zünglein an der Waage. Der Ausgang der Wahl am 31. Oktober 1993 kam einer politischen Sensation gleich. Nicht nur Insider waren davon ausgegangen, dass die eher konservativ geprägten Freien Wähler mehrheitlich zur CSU überlaufen würden. Doch das Rennen gewann mit 51,45 Prozent der Stimmen der damals 37-jährige SPD-Mann Eckstein. Als bei ihm zu Hause das Telefon klingelte und Wolfgang Kelsch ihn mit dem Satz "Grüß Gott Herr Landrat" begrüßte, musste das Ehepaar Eckstein zunächst einmal durchschnaufen.

Nach diesem emotinalen Auftakt hat sich Eckstein inzwischen noch vier Mal dem Wählervotum gestellt. Mit überragenden Ergebnissen. 1999, 2005 und 2011 setzte er sich mit jeweils mehr als 70 Prozent gegen die CSU-Kandidaten Otto Körner, Stefan Kuchenmeister und Robert Frank durch. Bei der Landratswahl 2017 verzichtete die CSU dann sogar auf einen eigenen Kandidaten. Ein Novum für den Landkreis Roth, das die Dominanz des ausgesprochen bodenständigen Amtsinhabers Herbert Eckstein, der die Nähe zu den Menschen wie kaum ein anderer Politiker pflegt, zusätzlich unterstreicht. Am Wahlabend konnte sich der damals 61-Jährige über 96,1 Prozent der abgegebenen Stimmen freuen.

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Ein Vierteljahrhundert steht Herbert Eckstein jetzt an der Spitze eines Landkreises, der, wie erwähnt, 2022 sein 50-jähriges Bestehen feiert. Der Saat, die die Landräte Dr. Ignaz Greiner (1972 bis 1978) und Dr. Helmut Hutzelmann (1979 bis 1993) in den ersten 25 Jahren legten (beispielsweise mit dem Bau der Berufsschule oder dem Gymnasium Hilpoltstein), hatte Herbert Eckstein zur Blüte verholfen. Im Vergleich mit anderen Gebietskörperschaften braucht der Landkreis sein Licht keineswegs unter den Scheffel zu stellen.

Zu den wegweisenden Entscheidungen zählt die frühzeitige Konzentration auf ein leistungsfähiges Kreiskrankenhaus, die allerdings mit der schmerzhaften Schließung der Häuser in Hilpoltstein, Greding und Abenberg verbunden war. Die Handschrift Ecksteins tragen auch die regelmäßigen Investitionen in die weiterführenden Schulen. Für die Realisierung eines zusätzlichen Gymnasiums in Wendelstein brauchte es einen langen Atem. Eckstein bewies ihn.

Die rechtzeitige Positionierung bei sozialen, wirtschaftlichen und energiepolitischen Fragen zeichnen Ecksteins Landkreispolitik ebenso aus, wie beispielsweise Pflegestützpunkt, Unternehmerfabrik oder Energieberatungsagentur. Der Aufbau zweier Biomasse-Heizwerke und die konsequent "original-regionale" Ausrichtung zur Unterstützung der heimischen Landwirtschaft können sich Eckstein und Co. ebenfalls auf ihre Fahnen schreiben.

Dass der Kreistag seit seiner Installation vor 50 Jahren nahezu alle wichtigen Entscheidungen im Konsens getroffen hat, ist bezeichnend für das gute Klima in diesem Gremium. Letztlich ist dieses Miteinander auch ein Grund dafür, dass sich Herbert Eckstein über 25 Jahre sehr gerne in den Dienst der Landkreisbürger stellte. Und nicht nur am Weinberg ist der "ewige Landrat" aktiv. Auch als Vizepräsident des bayerischen Landkreistages, Initiator und Sprecher des Original-Regional-Kampagne der Metropol-Region Nürnberg, Sparkassen-Verbandsrat und als Verwaltungsratsvorsitzender der Kreisklinik sowie der heimischen Sparkasse stellt der gebürtige Wendelsteiner, der es scheut, dem Zeitgeist hinterzurennen und stattdessen lieber auf Kontinuität setzt, ebenso seinen Mann.

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