Wenn an T-Shirts Blut klebt

5.6.2014, 13:00 Uhr
Wenn an T-Shirts Blut klebt

© Kriesl

Die Näherinnen stehen in einer Reihe. Auf den Tischen vor ihnen türmen sich Berge aus bunten Stoffen. Einige tragen einen Mundschutz, andere atmen den Textilstaub, die Fusseln und Chemikalien direkt ein, mit denen die Stoffe gefärbt wurden. Stundenlang stehen die Frauen im Fabrikraum, schneiden die Stoffe zurecht, reißen abstehende Fäden mit ihren bloßen Händen ab. Sie haben Blasen und Schnitte an den Fingern. „Etwa sieben bis acht Cent bekommt eine Näherin in Bangladesch für ein fertiges T-Shirt“, sagt Uwe Kekeritz, Bundestagsabgeordneter der Grünen.

Die Bilder, die er den Schülern des Wolfgang-Borchert-Gymnasiums zeigt, entstanden auf seiner letzten Reise nach Bangladesch. Kekeritz, der im Bundestag für die Entwicklungspolitik zuständig ist, reiste kurz nach dem Einsturz der Nähfabrik Rana Plaza in das Land.

Bei dem Unglück starben im April des vergangenen Jahres über 1100 Menschen, weitere 2500 wurden verletzt. Sie fielen einem profitorientierten Besitzer zum Opfer, der das Fabrikgebäude illegal aufstocken ließ und schwere Generatoren auf das Dach stellte. Durch die Vibration der Geräte bildeten sich zunächst Risse in den Wänden – dann stürzte das Gebäude in sich zusammen.

Die Katastrophe von Rana Plaza ist allerdings nur die bisherige Spitze des Eisberges: „Schon seit den 80er Jahren fallen dort Fabriken zusammen, es brennt immer wieder“, erklärt Uwe Kekeritz. Die Hemden, Hosen, Shirts und Jacken, die unter diesen Bedingungen produziert werden, landen auch in deutschen Geschäften. „Für drei Euro bekommt man hier ein T-Shirt aus Bangladesch“, sagt Uwe Kekeritz. „An diesen Stoffen klebt Blut – das Blut der Arbeiter.“

Für Schülerin Corinna (15) ist es wichtig, unter welchen Bedingungen ihre Klamotten produziert werden. Das Prinzip „Fairtrade“ kennt sie aus dem Schulunterricht, aber auch von Lebensmitteln wie Kaffee, Schokolade und Kakao. „Ich finde es gut, wenn Klamotten unter fairen Bedingungen hergestellt werden“, sagt die Neuntklässlerin. „Denn davon wird ja jede Menge produziert.“ Auch eine ihrer Mitschülerinnen achtet darauf, was sie kauft. Billig produzierte Anziehsachen kommen bei ihr nicht in die Einkaufstüte – „weil die Qualität nicht gut ist.“ Oft sei es aber schwer herauszufinden, wo die Kleidung produziert wurde. „Da muss man schon genau hinschauen“, meint sie.

Wer beim Einkauf auf Nummer sicher gehen möchte, dem rät Uwe Kekeritz auf Fairtrade-Siegel zu achten, die es mittlerweile auch für Textilien gibt.

In der Fürther Gustavstraße und in der Nürnberger Innenstadt verkaufen Läden fair produzierte Kleidung – „zu bezahlbaren Preisen“, so Kekeritz. „Fragt in den Geschäften nach, wo die Klamotten hergestellt wurden, seid kritisch“, ermuntert er die Schüler. „Dann gelangt das Thema auch irgendwann in die Chefetagen der Unternehmen.“

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