Wenn der Schnauz-Ruf durchs Dorf hallt

14.1.2017, 13:00 Uhr
Wenn der Schnauz-Ruf durchs Dorf hallt

© Foto: Peter Budig

Schnauz! Der Siegesruf der Kartelrunde gehört zu einem gänzlich computerfreien Vergnügen – und es braucht ganz wenig dafür: Ein bayerisches Schafkopf-Kartenspiel, einen Tisch, drei Münzen für jeden als Platzhalter für „gewonnen – verloren“, drei bis fünf Spieler. So kann man einen Nachmittag oder ein Wochenende, die Abende von Skifreizeiten oder eine längere Zugfahrt vergnüglich gemeinsam verbringen. „Schnauz“ ist eines der wenigen Kartenspiele, das sich vom Kindesalter bis zur Seniorenzeit spannend miteinander gestalten lässt.

In Kirchfembach wird überhaupt noch rege gekartelt, zum Beispiel in einer von zwei Wirtschaften oder im Gemeinschaftsraum der Freiwilligen Feuerwehr. Seit exakt 20 Jahren lädt diese zum Schnauzturnier, immer Anfang Januar. Die Teilnehmerzahl – etwa 50 Erwachsene und zehn Kinder – ist stabil und kaum mehr ausbaufähig. Die Organisatoren, Heiko Körber, sein Onkel Rudolf und Holger Kress, sind auch sonst vorne dabei, wenn es im Ort etwas zu veranstalten und anzupacken gilt.

Schnauz kannte früher jedes Kind: Mit Schafkopfkarten, die Feuerwehrler spielen übrigens mit einem Blatt der Fürther Nachrichten, setzt man sich um den Tisch. Jeder bekommt drei Karten, drei liegen offen in der Mitte. Ziel ist es, durch geschicktes Tauschen 31 Punkte zu sammeln.

Dazu braucht man ein Ass und zwei „Zehnerwerte“ (zehn und alle Bilder) von einer Farbe. Tauschen kann man eine oder alle drei Karten. So entsteht einfaches, temporeiches, trickreiches Karteln, bei dem nicht über den Sieg entscheidet, ob man der Beste in der Runde ist. Es gilt nur zu vermeiden, die wenigsten Punkte zu ergattern. Selbst einfache Wendungen können triumphale Hochgefühle und tiefste Enttäuschungen bescheren, wie es sich beim Spielen gehört.

„Man muss mal bei unseren Kindern beim Turnier zuschauen, wie die sich engagieren. Das ist ein sprudelndes Vergnügen, generationenübergreifende Gemeinschaft, Wettkampf in einem“, erzählt Rudolf Körber, der nicht nur bei der FFW mitmacht, sondern auch im Gesangsverein und der Volkstanzgruppe von Kirchfembach engagiert ist.

Übrigens meist gemeinsam mit der Gattin, damit es jetzt nicht heißt, es treibe ihn aus dem Haus. Die kleine urfränkische Ortschaft, gut 70 Häuser, 350 Einwohner, etliche Bauernhöfe, ein Direktvermarkter für bestes Fleisch von Rind und Schwein, ein Bäcker mit Café, zwei Autowerkstätten, der Verein der Jagdhornbläser, ist weit und breit für seine urige Sommerkärwa (vier Tage im Juni) bekannt. Das Fest wird fast ausschließlich von den Bürgern gestemmt, praktisch jeder im Dorf trägt seinen Teil bei. So viel Gemeinschaftsgefühl ist über die Generationen gewachsen, hier bleiben selbst die Jungen wohnen, die in Nürnberg arbeiten – und wer wegzieht, fährt fürs Vergnügen wieder raus, nach Haus.

Das Schnauzturnier ist nicht nur Wettkampf, sondern ein Fest: Nach der ersten von zwei Kartelrunden, die in der leergeräumten Fahrzeughalle ausgetragen werden, geht es nach oben, in den Gemeinschaftsraum der Feuerwehr. Dort ist ein Brotzeitbuffet vom Feinsten arrangiert, mit deftigen und süßen Leckereien ausschließlich aus dem Ort und der Region.

Der Fresskorb und ein Hase

Wer am Ende das Karteln gewinnt, bekommt einen Wanderpokal, auf dem sein Name graviert steht, einen stattlichen Fresskorb und einen Feldhasen von den Jagdpächtern. Außerdem gibt es Erlebnisbad-Gutscheine und andere Kleinigkeiten.

Das ganze Vergnügen, inklusive Brotzeit, kostet sechs Euro plus Getränke. Und der Letzte, der mit den wenigsten Punkten, wird zum Trost mit einem Laib Brot und einem nagelneuen Kartenspiel bedacht: „Zum Üben“, spottet Heiko Körber verschmitzt.

„Dies soll übrigens keine Werbung zum Mitmachen sein, wir sind schon proppenvoll“, so Körber. Aber anderen Gruppen, die den Kirchfembachern nacheifern wollen, bietet er gerne Unterstützung an, woran man alles denken muss, für so ein famoses Vergnügen. Nachfragen sind unter der Mailadresse heiko.koerber@gmail.com möglich.

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