ADAC-Studie: Diesel überholt das E-Auto in der Ökobilanz

6.4.2018, 17:20 Uhr
Die Feinstaubbelastung durch Autos in Deutschlands Innenstädten bleibt langfristig ein Problem.

© dpa Die Feinstaubbelastung durch Autos in Deutschlands Innenstädten bleibt langfristig ein Problem.

Dieselfahrer brauchen in diesen Tagen ein dickes Fell. Was mit dem Rufmord am Selbstzünder durch die Betrügereien des VW-Konzerns begann, hat mit dem Ja des Bundesverwaltungsgerichts zu Fahrverboten vor wenigen Wochen seinen vorläufigen Höhepunkt erreicht. Seitdem bangen Dieselbesitzer nicht nur um die Restwerte ihrer Autos, sondern sehen sich auch noch in die Umweltsünderecke gedrängt.

Doch: So klar ist die Sache nicht. Das zumindest legt das Ergebnis einer ADAC-Studie nahe. Demnach steht der Diesel im Ökobilanz-Vergleich mit Elektroautos, Plug-in-Hybriden und Benzinern je nach Anwendungsfall gar nicht so schlecht da — es kommt eben darauf an.

Vorgeknöpft hat sich der Autoklub für seinen Vergleich die Kohlendioxid (CO2)-Emissionen. Anders als bei den gesundheitsgefährdenden Stickstoffoxiden, die beim Fahrverbotsstreit im Fokus stehen, gilt CO2 wegen seiner Rolle als Treibhausgas als problematisch. Die ADAC-Experten schauten sich den ganzen Lebenszyklus an, von der Produktion von Auto und Kraftstoff/Strom über den Betrieb bis zum abschließenden Recycling. Angenommen wurde eine Laufleistung von 150.000 Kilometern.

In diesem Szenario haben bei Modellen der oberen Mittelklasse (Mercedes E-Klasse, BMW 5er) Autos mit Dieselmotoren die beste Ökobilanz. Erst dann folgen E-Autos, Hybride und auf dem letzten Platz Benziner. In der Kompaktklasse (VW Golf, Ford Focus) fahren die Stromer vor den Plug-ins, Dieseln und Benzinern den Sieg ein. Auch bei der dritten bewerteten Fahrzeugklasse, den Kleinwagen (VW Polo, Opel Corsa), liegt das E-Auto vorn, dieses Mal allerdings nur knapp vor dem Diesel.

Im laufenden Verkehr fahren E-Autos zwar abgasfrei. Auf ihre Ökobilanz drücken laut ADAC aber vor allem die CO2-Emissionen, die bei der Produktion der Batterie sowie bei der Stromerzeugung entstehen. Je größer ein Auto, desto ungünstiger wirkt sich das aus, da der Energieverbrauch im Betrieb steigt und auch die verbauten Stromspeicher wachsen müssen.

Wie hat der ADAC getestet? Natürlich agiert auch ein Autoklub nicht frei von eigenen Interessen — Fans von E-Autos könnten anführen, dass der Verein seine mehrheitlich Diesel und Benziner fahrenden Mitglieder zumindest im Hinterkopf gehabt haben dürfte. Auch wurden ausschließlich CO2-Emissionen verglichen, im Gegensatz etwa zu den Stickoxiden sind diese traditionell eine Paradedisziplin des Diesel.

Wieso gerade 2013?

Ebenfalls kritisch sehen kann man, dass für das Kriterium "CO2-Ausstoß bei der Stromerzeugung" der deutsche Strommix des Jahres 2013 die Basis war — dem in dieser Hinsicht nach Daten des Umweltbundesamts seit 2008 schlechtesten Jahr. 2017 etwa wurde Strom in Deutschland deutlich CO2-sparsamer erzeugt, weil unter anderem der Anteil der alternativen Energien steigt und steigt.

Entscheiden mussten die ADAC-Tester schließlich, von welchen Modellen sie die Antriebsarten vertreten lassen. Sie wählten die Sieger des hauseigenen "Ecotests 2017", in dem der Autoklub besonders saubere Fahrzeuge kürte. Bei den Kleinwagen etwa fuhr so das E-Auto BMW i3 gegen einen Mazda 2 Skyactiv D 105 mit Dieselmotor, in der oberen Mittelklasse ein Mercedes E 220d 9G-tronic (Diesel) gegen einen Tesla X 100D. Die Autoren nahmen dafür in Kauf, dass diese Fahrzeuge nicht zwingend typische Vertreter ihrer Klasse sind. Oder dass eine Limousine gegen ein SUV antritt.

Zur Fairness gehört aber auch, dass die Komplexität des Themas schon aus Gründen der Praktikabilität zu Kompromissen zwingt, die mal die eine, mal die andere Antriebsart begünstigen. Und die ADAC-Untersuchung gehört zumindest zu den gründlicheren, die zuletzt zur Frage der Ökobilanz von Autos vorgelegt wurden.

So dürften sich von den Ergebnissen sowohl E-Auto-Fans als auch Dieseljünger bestätigt fühlen. Sicher ist damit immerhin eines: Das Thema bleibt heiß.

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