Envi Con: Auf zwei Beinen steht man besser

10.3.2007, 00:00 Uhr
Envi Con: Auf zwei Beinen steht man besser

© Michael Matejka

Wie deutlich der Kraftwerksplaner Envi Con gewachsen ist, merkt der Besucher schon im Foyer des Bürohauses in der Südstadt. Der Schilderwald an der Wand hat sich in den letzten zwei Jahren gelichtet, dafür prangt der Name des Engineering-Unternehmens umso größer in der Mitte. «Immer wenn ein Mieter rausging, haben wir zugegriffen», sagt Geschäftsführer Rainer Alzinger.

Weg mit Hartz IV

Inzwischen hat sich Envi Con über drei Etagen ausgebreitet. Das war auch nötig: Innerhalb der vergangenen eineinhalb Jahre hat sich die Zahl der Mitarbeiter auf 120 mehr als verdoppelt. In Anspielung auf die «Arge Standort Süd» der Arbeitsagentur, die die unteren Stockwerke belegt, witzelt Alzinger: «Wir sollten Hartz IV abschaffen, dann gäbe es noch mehr Platz.» Für diese Idee fände der von Preisen verwöhnte Existenzgründer sicher viele Unterstützer.

Wie haben es Alzinger und sein Kompagnon Falko Weber geschafft, das Ingenieurbüro innerhalb von sechs Jahren zum Marktführer in Deutschland zu etablieren?

Die beiden geschäftsführenden Gesellschafter, einst bei MAN und Alstom angestellt, erklären dies mit ihrem strategischen Geschick. Viele Jahre war mit dem Bau neuer Kraftwerke in Deutschland kein Geld zu verdienen, der Inlandsmarkt dümpelte vor sich hin. Die Envi Con & Plant Engineering GmbH - so der komplette Firmenname - stellte trotzdem Leute ein und wich auf ein anderes Geschäftsfeld aus, für das die Firma heute ebenfalls die deutsche Marktführerschaft beansprucht: die Gesamtplanung schlüsselfertiger Anlagen zur thermischen Abfallverwertung, also zur Müllverbrennung. Der Gesetzgeber half mit dem Deponieverbot. So wurden seit 2001 13 neue Müllverbrennungsanlagen in Deutschland fertiggestellt, acht davon plante Envi Con. Ein 14. sowie zwei Erdatzbrennstoff-Kraftwerke sind in Arbeit.

Dadurch dass die Industrie heute aufbereiteten Müll zur Verbrennung anliefert, dessen Inhaltsstoffe bekannt sind, sei die CO2-Bilanz vorteilhafter als bei fossilen Brennstoffen. «Früher war der Müll tote Materie, heute erzeugt er Strom und Wärme», ergänzt Weber. Für Envi Con ein «lukratives Geschäft», zumal bislang noch kein Projekt dabei war, aus dem nichts geworden ist - einzige Ausnahme war eine Anlage bei Würzburg.

Nachdem 2005 der Boom beim Neubau von Kraftwerken begann, haben sich die geschäftlichen Schwerpunkte bei den Nürnberger Ingenieuren zu Gunsten der Planung und Modernisierung von Kraftwerken verschoben. Mit zwei Dritteln des Auftragsvolumens hat die Kraftwerkssparte nun eine dominante Position. Anhand einer Bestandsaufnahme erklärt Alzinger seine These, «dass es auch so weitergehen wird»: Das Durchschnittsalter deutscher Kraftwerke liege gegenwärtig bei 33 Jahren - bei einer maximalen Lebensdauer deutscher Kohlekraftwerke von 40 Jahren. Alzinger folgert daraus den «absoluten Zwang zur Erneuerung, denn ein Weiterbetrieb alter Dreckschleudern wäre wegen der Emissionszertifikate zu teuer».

Was hat Envi Con anders gemacht als die Konkurrenz? Während die Branche überwiegend ihre Kapazitäten in der langen Auftrags-Durststrecke radikal heruntergefahren hatte, überbrückten die Nürnberger diese Zeit auf dem zweiten Standbein, der Abfallentsorgung. Und können nun, da das Kraftwerksgeschäft wieder anzieht, über Personalmangel nicht klagen.

Anders als die Konkurrenz. Alzinger: «Niemand war vorbereitet auf den Boom. Die Planungsabteilungen wurden Stück für Stück beschnitten. Jetzt sind nicht mehr genügend Ingenieure auf dem Markt zu haben.» Gegen Abwerbungen habe das Unternehmen dennoch nicht zu kämpfen, obwohl es zur Genüge Versuche gebe. «Wir reagieren flexibel auf familiäre Belange der Mitarbeiter, etwa bei der Arbeitszeit», so der Geschäftsführer.

Envi Con stehe nun bereit, «mit den Kunden in Europa zu wachsen». Dafür werden weitere Mitarbeiter gesucht, zum Beispiel Informatiker, Maschinenbauer und Verfahrenstechniker. Bei einem erwarteten Umsatz von 17,5 Mio. € Ende des Jahres (Vorjahr: 12,6 Mio.) soll die Belegschaft von jetzt 120 auf 140 Mitarbeiter wachsen.