Frankenbarometer: Die Wachstumseuphorie verfliegt

19.7.2018, 05:57 Uhr
Knapp 130.000 Menschen sind in den mittelfränkischen Metall- und Elektrobetrieben beschäftigt. Es könnten deutlich mehr sein, würden die Betriebe genug Fachkräfte bekommen, um vakante Stellen zu besetzen.

© Jens Büttner/lbn Knapp 130.000 Menschen sind in den mittelfränkischen Metall- und Elektrobetrieben beschäftigt. Es könnten deutlich mehr sein, würden die Betriebe genug Fachkräfte bekommen, um vakante Stellen zu besetzen.

Folgt man dem Frankenbarometer, dem in Zusammenarbeit mit Creditreform erstellten regionalen Konjunkturindikator der Nürnberger Nachrichten, dann ist die Sachlage eindeutig: Drei von vier Ampeln stehen auf Rot, bei diesen Kriterien haben sich die Zahlen also verschlechtert. Zum Vergleich: Im ersten Quartal standen noch alle Ampeln auf Grün.

Doch das ist kein abrupter Trendwechsel. Am besten zeigt das der Bonitätsindex als Maßstab für wirtschaftliche Stabilität und Zahlungsfähigkeit der Unternehmen. Er hat sich zwar das erste Mal seit einem Jahr verschlechtert, aber nur leicht. Er liegt nun bei 289,4 Punkten. Der Index ist nach dem Schulnotenprinzip aufgebaut: Je kleiner die Zahl ist, desto solider aufgestellt sind die Betriebe, je mehr er ansteigt, desto brenzliger wird die Situation.

Mehr Insolvenzen, weniger Neugründungen

"Während man die minimale Verschlechterung des Bonitätsindex außer Acht lassen kann, fällt die negative Entwicklung der Insolvenzen durchaus auf. Es wäre allerdings zu früh, daraus einen negativen Trend für die Entwicklung der regionalen Wirtschaft abzuleiten – zumal das Ausgangsniveau unverändert hoch ist", kommentiert Michael Aumüller, persönlich haftender Gesellschafter von Creditreform Nürnberg, die aktuelle Lage in der heimischen Wirtschaft.

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Tatsächlich ist die Zahl der gewerblichen Insolvenzen in der Region mit 112 im April, Mai und Juni 2018 gegenüber dem Jahresbeginn um mehr als 28 Prozent gestiegen. Das ist der zweitschlechteste Wert im Frankenbarometer seit Mitte 2015. Und auch bei den Firmengründungen läuft es zumindest im Vergleich mit dem Vorquartal nicht mehr ganz so rund. Die Zahl der Handelsregister-Neueintragungen ist im zweiten Quartal gesunken und zwar von 808 im Vorquartal auf 751 im zweiten Quartal. Allerdings liegt der aktuelle Wert immerhin noch im Durchschnitt der vergangenen drei Jahre.

Weiter ungebrochen ist der Personalbedarf der heimischen Betriebe. Die Zahl der als offen gemeldeten Stellen ist mit 18.492 – Stand Ende Juni – erneut gestiegen, und zwar um 5,9 Prozent gegenüber dem Vorjahresquartal. Seit drei Jahren stehen die Ampeln des Frankenbarometers beim Stellenindikator nun schon auf Grün. Immer mehr wird dabei in den Unternehmen der Fachkräftemangel zum begrenzenden Faktor, das heißt: Die Firmen könnten noch viel mehr Aufträge abarbeiten, wenn sie das nötige Personal hätten.

Personal verzweifelt gesucht

Und dabei stellen viele Betriebe ja ein wie selten zuvor. Beispiel Metall- und Elektrobranche: Im April wurde in der bayerischen M+E-Industrie der höchste Beschäftigungsstand seit der Wiedervereinigung erreicht. Allein in Mittelfranken waren in der Branche zuletzt 126.217 Arbeitnehmer beschäftigt, das waren zwei Drittel aller Industriebeschäftigten in der Region. Die größten Branchen sind dabei die elektrischen Ausrüster sowie der Maschinenbau und die Elektronikindustrie. Die mittelfränkischen M+E-Firmen erwirtschafteten 2017 einen Umsatz von 27,4 Mrd.

Der Hauptgeschäftsführer der Branchenverbände bayme/vbm, Bertram Brossardt, mahnt allerdings zur Vorsicht: "Wir dürfen uns von der derzeit guten Lage nicht blenden lassen, denn die globalen Herausforderungen – etwa durch den eskalierenden Handelsstreit mit den USA – bleiben groß und trüben den Ausblick für das laufende Jahr."

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