Hauptversammlung: Angriff ist Audis beste Verteidigung

9.5.2018, 13:42 Uhr
Im laufenden Jahr sieht es für Audi sehr gut aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden fast 625.000 Autos an Kunden übergeben - ein Plus von 8 Prozent.

© Armin Weigel/dpa Im laufenden Jahr sieht es für Audi sehr gut aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden fast 625.000 Autos an Kunden übergeben - ein Plus von 8 Prozent.

2017 war die Audi-Zentrale wegen des Dieselskandals von der Staatsanwaltschaft just an dem Tag der Jahrespressekonferenz durchsucht wurden. In diesem Jahr wurde unmittelbar vor der Hauptversammlung bekannt, dass schon wieder eine Schummelei aufgeflogen sein soll. Es geht um eine unzulässige Abschaltvorrichtung für die Adblue-Einspritzung des V6-Turbodieselmotors, der mit der Abgasnorm Euro 6 gerade als besonders sauber und von möglichen Fahrverboten nicht betroffen angepriesen wird.

Entgegen der Zusicherung des Audi-Vorstands gehe die Aufarbeitung des Diesel-Skandals offenbar doch nicht zu Ende, beschwerte sich Helmut Kroll von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger: "Das tut weh". "Die Dieselkrise ist für uns noch nicht abgeschlossen", musste Audi-Chef Stadler bestätigen, aber: "Wir arbeiten unermüdlich an einer lückenlosen Aufklärung". Die neuen Negativ-Schlagzeilen führte Stadler auf einen "Arbeitsfehler in einer unserer Fachabteilungen" zurück. Dieser sei zwar "gravierend", aber es handele sich nicht um eine neue Betrugssoftware. Vielmehr habe man versäumt, die alte zu entfernen.

"Überschreiben Sie Ihr Vermögen Ihrer Frau"

"Wenn Sie nicht aufarbeiten, geht das ewig so weiter", schimpfte Andreas Preis von der Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz in Richtung Stadler und des neuen VW-Vorstandschefs Herbert Diess. Vor dem Hintergrund des Schicksals, das Ex-VW-Chef Martin Winterkorn und seinem Vermögen droht, gab er den amtierenden Top-Managern einen guten Rat: Sie sollten ihr Vermögen schon 'mal vorsichtshalber ihren Frauen überschreiben.

Die jetzt anstehenden Rückrufe von etwa 60.000 Audis der Reihen A6 und A7 (davon 30.000 in Deutschland) seien "das Ergebnis unserer konsequenten Aufklärung", betonte Vorstandsvorsitzender Stadler. Audi selbst habe selbst das Kraftfahrtbundesamt davon informiert.

"Angriffs- und Transformationsplan"

Lieber wollte Stadler aber über den "Angriffs- und Transformationsplan" sprechen. Das Ziel: Audi muss sich zum "Anbieter für digitale, autonome und elektrische Premiummobilität" umbauen. 2025 sollen 800.000 Autos mit den vier Ringen an den Mann gebracht werden, die unter der Haube einen Elektromotor oder einen Hybridantrieb haben. Ein Neuheiten-Feuerwerk soll im "Jahr des Übergangs 2018" (Finanzvorstand Alexander Seitz) erneut für eine "gute Kompensation der Dieselthematik" (Stadler) sorgen: Im Schnitt läuft in diesem Jahr alle drei Wochen ein neues Audi-Produkt an.

Die Premium-Konkurrenz in München und Stuttgart ist freilich den skandalgeplagten Ingolstädtern in den letzten Jahren davon gefahren, zumal Streitereien mit den örtlichen Partnern den Audi-Absatz in China im vergangenen Jahr stark beeinträchtigt haben. Das ist jetzt überwunden und für Audi geht es jetzt nach dem DDR-Motto "Überholen ohne einzuholen" um eine "grundlegende Erneuerung" (Stadler).

Schlechte Stimmung

Die Stimmung auf den Audi-Hauptversammlungen ist schon beinahe traditionell nicht die beste. Zum Ärger der Aktionäre über den anhaltenden Diesel-Skandal kommt die chronische Unzufriedenheit über die ihrer Ansicht nach unfaire finanzielle Behandlung. Ein Gutachten zur Angemessenheit der Ausgleichszahlungen wird sehr zum Ärger seit Jahren unter Verschluss gehalten. Doch ausrichten können die freien Audi-Aktionäre wenig: Sie verfügen gerade einmal über 0,45 Prozent der Anteile an der Audi AG. Den Rest besitzt die Volkswagen AG.

Die lange Liste an Negativ-Schlagzeilen des letzten Jahres, die Aktionärsvertreter Preis den Chefs vorhielt, steht in einem gewissen Gegensatz zum Geschäftserfolg. Immerhin lagen die Auslieferungen von Audi auch 2017 mit 1,88 Millionen leicht über dem Niveau des Vorjahres. Das operative Ergebnis legte um 4,4 Prozent auf 4,7 Milliarden Euro zu, der Umsatz durchbrach erstmals die 60-Milliarden-Euro-Marke.

"Ungewisse Bewertungsparameter"

Im laufenden Jahr sieht es für Audi noch besser aus. In den ersten vier Monaten dieses Jahres wurden fast 625.000 Autos an Kunden übergeben - ein Plus von acht Prozent. Vor allem in Nordamerika (plus 3,9 Prozent) und China (plus 13,5 Prozent) wuchs der Absatz, in Europa hingegen war er um 4,1 Prozent rückläufig.

Doch von Einholen oder gar Überholen der Premium-Konkurrenz ist in Ingolstadt erstmal nicht die Rede. Man wolle Auslieferungen "mindestens auf Vorjahresniveau" und ein "leichtes Umsatzplus" erreichen, sagte Finanzvorstand Alexander Seitz. Was der Diesel-Skandal Audi noch kosten könnte, blieb unklar. Es gebe "eine Vielzahl ungewisser Bewertungsparameter", orakelte Technik-Vorstand Peter Mertens.

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