Jung und unterbezahlt: Job-Einsteiger oft von Armut bedroht

8.12.2016, 11:52 Uhr
Wenn das Geld nicht ausreicht: Auf viele Junge Leute wartet am Ende ihrer Ausbildung ein schlecht bezahlter, meistens befristeter Job.

© Daniel Karmann (dpa) Wenn das Geld nicht ausreicht: Auf viele Junge Leute wartet am Ende ihrer Ausbildung ein schlecht bezahlter, meistens befristeter Job.

Knapp jeder fünfte deutsche Arbeitnehmer unter 35 Jahren hat nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Auszubildende, Praktikanten und Umschüler seien dabei herausgerechnet, erklärte die gewerkschaftsnahe Hans-Böckler-Stiftung am Donnerstag in Düsseldorf. Von den übrigen Beschäftigten dieser Altersklasse sind demnach 19,3 Prozent von einer Befristung betroffen.  

Neben Nachteilen mit Blick auf fehlende Planungssicherheit sowie häufigere Job- und Ortswechsel müssten befristet Beschäftige auch "deutlich niedrigere Nettoeinkommen" in Kauf nehmen, hieß es in der Analyse des Wirtschafts- und Sozialwissenschaftlichen Instituts (WSI) der Stiftung, die sich auf den Mikrozensus 2015 stützt.  

Das habe offensichtlich auch erhebliche Auswirkungen auf die private Lebensgestaltung, betonten die Autoren. Junge Beschäftigte in befristeten Anstellungen seien seltener verheiratet und hätten seltener Kinder als Altersgenossen mit unbefristeten Verträgen. Häufige Stellenwechsel erschwerten stabile Partnerschaften, erklärte WSI-Sozialexperte Eric Seils. "Und Kinder kosten Geld." Viele Betroffene dürften ihre Nachwuchsplanung aufschieben.  

Geringe Qualifikation führt in die Sackgasse

Die Quote der befristet Beschäftigten unter jungen Arbeitnehmern ist der Untersuchung zufolge rund doppelt so hoch wie im Durchschnitt aller Altersgruppen. Selbst wenn die 15- bis 20-Jährigen herausgerechnet werden, bei denen befristete Ferienjobs relativ häufig sein dürften, liegt der Anteil nicht wesentlich niedriger: Werden nur die 20- bis 34-Jährigen betrachtet, beläuft er sich auf 18,4 Prozent.

Mit Universitätsabsolventen und Menschen ohne Berufsausbildung seien Arbeitnehmer an den Enden des Qualifikationsspektrums besonders betroffen, erklärte das WSI. Für Absolventen dualer Berufsausbildungen oder Menschen mit Fachhochschulabschluss gelte das weniger. Der weitere Berufsweg führe die Hauptbetroffenen-Gruppen aber in unterschiedlichen Richtungen, betonten die Forscher. Während Uni-Absolventen später häufiger in Festanstellungen wechseln könnten, stelle der Zustand für Geringqualifizierte "oft eine Sackgasse dar".

Auch Arbeitnehmer mit ausländischer Staatsbürgerschaft seien deutlich öfter betroffen. Befristet Beschäftigte sind den Angaben zufolge auch deutlich häufiger armutsgefährdet. Nach gängiger wissenschaftlicher Definition zählten 15,5 Prozent der Betroffenen im Alter von 20 bis 34 Jahren zu den "working poor", also einer Gruppe, die trotz Arbeit arm ist. Das seien etwa doppelt so viele wie unter den Altersgenossen mit unbefristetem Vertrag (7,5 Prozent).  

Mehr als ein Viertel der befristet Beschäftigten unter 35 Jahren verdiene mit einer Vollzeitstelle weniger als 1100 Euro netto im Monat, berichtete das WSI. Das sei ein Bruttostundenverdienst unter der Schwelle des gesetzlichen Mindestlohns von 8,50 Euro.

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