Kreuzfahrtindustrie macht Fortschritte beim Umweltschutz

21.8.2018, 19:42 Uhr
Das neue Kreuzfahrtschiff "AIDAnova" liegt in der geöffneten Werfthalle der Meyer-Werft. Statt mit Diesel fährt es mit Flüssigerdgas.

© Hauke-Christian Dittrich/dpa Das neue Kreuzfahrtschiff "AIDAnova" liegt in der geöffneten Werfthalle der Meyer-Werft. Statt mit Diesel fährt es mit Flüssigerdgas.

Die deutschen Kreuzfahrtreedereien nehmen den oft immensen Abgas-Ausstoß ihrer Schiffe nach Einschätzung des Naturschutzbunds Deutschland (Nabu) inzwischen ernster. Dies zeigt eine Auswertung, aus der sich Fortschritte bei der Reduzierung von Schadstoffen ergeben. Die "Aidanova" von Aida Cruises (Rostock) werde das erste Kreuzfahrtschiff weltweit sein, dass mit Flüssigerdgas (LNG) betrieben werden kann, stellte der Nabu am Dienstag in Hamburg heraus.

Daher schaffte es die Reederei im Umwelt-Ranking 2018 auf den ersten Platz. Der Branchenverband Clia kritisierte vor allem Aussagen zum Schweröleinsatz. Mit Dieselkraftstoff angetriebene Schiffe stoßen Schadstoffe aus - darunter Stickoxide, Schwefel und Rußpartikel. Das neue Aida-Schiff mit mehr als 2600 Passagierkabinen sollte am Abend das Baudock bei der Papenburger Meyer Werft in Niedersachsen verlassen und nach weiteren Arbeiten Mitte November an die Reederei übergeben werden.

Kaum bessere Umweltbilanz

LNG ist zwar emissionsärmer als Dieselkraftstoff, nach Angaben des Nabu aber in der Umweltbilanz von der Förderung bis zur Verbrennung nicht wesentlich vorteilhafter. Für den Bau eines ersten LNG-Terminals in Deutschland sprach sich der Koordinator für die maritime Wirtschaft, Norbert Brackmann (CDU), im ARD-Morgenmagazin aus.

Aida hat noch zwei weitere LNG-Kreuzfahrtschiffe bei der Meyer Werft in Auftrag. "2023 reist bereits mehr als die Hälfte aller Gäste von Aida Cruises auf Kreuzfahrtschiffen, die vollständig oder teilweise mit emissionsarmem LNG betrieben werden können", teilte ein Sprecher mit. Alle Flottenschiffe sollen in den kommenden Jahren außerdem mit einem Landstromanschluss ausgerüstet werden.

Branche am Scheideweg

"Wir sehen die Branche am Scheideweg", sagte der Leiter der Verkehrspolitik im Nabu-Bundesverband, Dietmar Oeliger. Reedereien wie Aida Cruises oder Hapag-Lloyd Cruises aus Deutschland gäben den Takt vor. "Jetzt sind auch die Wettbewerber gefragt, deutlich mehr in diesem Bereich zu investierten." Insgesamt sind nach Einschätzung des Nabu, der 76 Kreuzfahrtriesen untersuchte, immer noch zu viele Schiffe ohne moderne Abgastechnik oder emissionsarmen Treibstoff unterwegs. Es sei ein Skandal, dass 2018 noch Schiffe auf den Markt kämen, die auf Schweröl ausgelegt seien, sagte Nabu-Chef Leif Miller.

Der Verband Clia machte deutlich, dass der Einsatz von Schweröl ohne entsprechende Filter an Bord in der Nord- und Ostsee verboten ist. Der Grenzwert für den Schwefelanteil betrage 0,1 Prozent. Bis heute sei kein Verstoß durch ein Kreuzfahrtschiff dagegen festgestellt worden. Außerdem lasse die International Maritime Organization (IMO) vom 1. Januar 2020 an nur noch Treibstoffe zu, die maximal ein Siebtel des Schwefelgehalts von derzeit zulässigen Treibstoffen enthalten. Der Verband ergänzte, dass Kreuzfahrtschiffe weniger als ein Prozent der weltweiten Handelsflotte ausmachten. "Wir hoffen, dass die Kreuzfahrtindustrie ein Impulsbringer für die übrige Schifffahrt ist", sagte Oeliger.

Pilotprojekt für Containerschiffe

An diesem Mittwoch wird in Hamburg ein Pilotprojekt für Containerschiffe vorgestellt: Bei ihrer Hafen-Liegezeit sollen sie mit Strom aus LNG-betriebenen Generatoren ("Powerpac") versorgt werden. Siemens will mit dem schwedischen Hersteller Powercell den Einsatz von Brennstoffzellen zur Energieversorgung auf Schiffen entwickeln. Nach Angaben des Clia sind derzeit 111 (2017: 99) der weltweit eingesetzten 253 Kreuzfahrtschiffe der Verbandsmitglieder mit Systemen zur Abgas-Nachbehandlung ausgestattet.

Mehr als jeder vierte Euro, den die Reedereien 2017 in Europa ausgaben, sei in den Schiffbau und in die Instandhaltung der Kreuzfahrtschiffe gesteckt worden - in Summe 5,63 Milliarden Euro. Für Schiffe ohne Abgasreinigung fordert der Nabu vom Jahr 2020 an ein Anlaufverbot für Häfen, um Anwohner vor gesundheitsschädlichen Abgasen zu schützen. Es mangele am Willen der politischen Entscheider, der Branche etwas abzufordern, sagte Malte Siegert vom Nabu Hamburg.

Keine einheitlichen Regeln

Die Wirtschaftsbehörde verwies auf die Vorreiterrolle der Hansestadt in Europa: "Wir sind der einzige Hafen mit dem Angebot einer Landstromanlage." Diese werde von zwei Schiffen ("Aidasol", "Europa2") während der Liegezeit genutzt, um den Hotelbetrieb mit Strom zu versorgen. "Wir brauchen international einheitliche Regeln", forderte die Wirtschaftsbehörde. Mit rund 220 Anläufen von Kreuzfahrtschiffen und geschätzten 880.000 Passagieren zeichnet sich für Hamburg 2018 ein Rekordjahr ab.

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