Leoni-Aktie verliert über ein Zehntel ihres Wertes

15.8.2018, 18:59 Uhr
Der Grund: "Neue Produktionskapazitäten aufbauen, Mitarbeiter schulen - das innerhalb von zwei Jahren." Das koste nun einmal viel Geld und beschränkt erst einmal die Gewinnentwicklung, so Vorstand Martin Stüttem.

© Daniel Karmann/dpa Der Grund: "Neue Produktionskapazitäten aufbauen, Mitarbeiter schulen - das innerhalb von zwei Jahren." Das koste nun einmal viel Geld und beschränkt erst einmal die Gewinnentwicklung, so Vorstand Martin Stüttem.

Aus den Worten von Karl Gadesmann sprach pures Unverständnis. Dem Finanzchef und Interims-Vorstandssprecher, der die Chefposition in gut zwei Wochen an Aldo Kamper abgeben wird, war der gestrige Kursverfall der Leoni-Aktie unerklärlich: "Wir haben keine Anhaltspunkte, die eine solche Entwicklung rechtfertigen können", sagte er auf Nachfrage in der Telefonkonferenz zu den Halbjahreszahlen. "Wir sind mit der Geschäftsentwicklung zufrieden und voll im Plan."

Sein Vorstandskollege Martin Stüttem, verantwortlich für den größten Leoni-Bereich Bordnetze, versuchte eine Erklärung: Den Anlegern sei vielleicht nicht bewusst, was es bedeute, einen Rekord-Auftragseingang (2017: sieben Milliarden Euro) abzuarbeiten. "Neue Produktionskapazitäten aufbauen, Mitarbeiter schulen - das innerhalb von zwei Jahren." Das koste nun einmal viel Geld und beschränkt erst einmal die Gewinnentwicklung.

Die Früchte des Orderbooms ernten – insgesamt stehen Aufträge von rund 21,5 Milliarden Euro in den Büchern – will Leoni ab dem Jahr 2020. Dann will der Hersteller von Bordnetzen für Autos sowie Kabeln für verschiedene Industrien beim Umsatz jährlich zweistellig wachsen und vor Zinsen und Steuern eine Gewinnmarge von mehr als fünf Prozent erzielen. Doch Geduld ist nun einmal nicht die Stärke der Börse. Zudem hat Leoni in den vergangenen Jahren Vertrauen verspielt. Das Unternehmen hatte in der Vergangenheit mehrfach die Prognosen gesenkt und war Betrügern auf den Leim gegangen, die es um 40 Millionen Euro erleichtert hatten.

Rekordumsatz im ersten Halbjahr wurde nicht honoriert

Fehlendes Grundvertrauen in das Unternehmen könnte ein Grund dafür sein, dass die Reaktion gestern so heftig ausfiel. Denn die präsentierten Quartalszahlen enthielten weder große positive, noch große negative Überraschungen. Auch wenn einige Analysten im Vorfeld eine höhere Gewinnmarge erwartet hatten.

Für die Monate von April bis Juni meldete Gadesmann einen Umsatzsprung von knapp sieben Prozent auf 1,33 Milliarden Euro. Im ersten Halbjahr summieren sich die Geschäftserlöse damit sogar auf den Rekordwert von 2,65 Milliarden Euro. Wermutstropfen ist der rückläufige Gewinn. In den ersten sechs Monaten verdiente Leoni vor Zinsen und Steuern 125 (142) Millionen Euro, im zweiten Quartal betrug der Rückgang sogar 28 Prozent auf 62 Millionen Euro. Allerdings verwies der Vorstand darauf, dass Leoni im vergangenen Jahr in dieser Periode einen Sondererlös von 25 Millionen Euro aus dem Verkauf von Aktivitäten verbucht hatte. Zudem betonten die Manager gestern gleich mehrfach die hohen Investitionen in die notwendige Kapazitätsausweitung und in den Neubau des Werkes in Roth. Beides drückt auf den Kassenbestand.

Die leichte Erhöhung der Jahresprognose beim Umsatz auf nunmehr "über 5,1 Milliarden Euro" wurde von den Anlegern nicht honoriert. Sie ist nach Aussagen Gadesmanns auch hauptsächlich einem höheren Kupferpreis geschuldet. Da das Management weiter mit 215 bis 235 Millionen Euro Gewinn im Gesamtjahr rechnet, stünde am Ende des Jahres sogar eine etwas geringere Marge als angenommen. Etwas, was Investoren einem Unternehmen gerne übelnehmen.

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