Mehr als 30 Millionen Euro Streitwert: GfK verklagt Ex-Chef

1.3.2016, 19:46 Uhr
Klaus Wübbenhorst ist enttäuscht: "Dass ich das nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeit für die GfK erleben muss, hätte ich nicht gedacht."

© dpa Klaus Wübbenhorst ist enttäuscht: "Dass ich das nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeit für die GfK erleben muss, hätte ich nicht gedacht."

Anfang 2013 ging die GfK mit einer unerfreulichen Mitteilung an die Öffentlichkeit: Manager ihrer türkischen Tochtergesellschaft hatten über Jahre Steuern und Sozialabgaben für ihre rund 200 Mitarbeiter nicht gezahlt und das Geld in die eigene Tasche gesteckt. Der Schaden wurde mit rund 21 Millionen Euro angegeben. Millionen, für die die GfK haftete und die ihre Gewinne schmälerte. Bereits Anfang 2012 hatte es Hinweise auf Unregelmäßigkeiten gegeben, Ende 2012 wurden die Manager entlassen. Das Unternehmen kündigte zivil- und strafrechtliche Schritte gegen die türkischen Manager und "weitere Personen" an, wie es damals hieß.

Seit Dienstag ist klar, wen die GfK damit gemeint hat: Sie bestätigte, "dass das Unternehmen, vertreten durch den Aufsichtsrat, gegen den früheren Vorstandsvorsitzenden der Gruppe, Prof. Dr. Klaus Wübbenhorst, sowie den ehemaligen Finanzvorstand, Christian Weller von Ahlefeld, beim Landgericht Nürnberg-Fürth einen Schadenersatzprozess führt“. Es geht um die Vorfälle in der Türkei.

Aufsichtsrat sah sich zur Klage "gezwungen"

In der Klage gegen die Ex-Vorstände geht es nicht um persönliche Bereicherung, wie ein Sprecher betonte. Der Vorwurf lautet "Verletzung ihrer gesetzlichen Aufsichts- und Sorgfaltspflichten". In der Zeit, in der der GfK der Schaden entstanden ist, sei Wübbenhorst "der für die Türkei zuständige Vorstand und der Vorsitzende des Verwaltungsrats der GfK Türkei" gewesen. Der zweite Beklagte, Christian Weller von Ahlefeld, sei als Finanzvorstand für die Finanz- und Kontrollsysteme verantwortlich gewesen.

Klaus Wübbenhorst kann die Klage nicht nachvollziehen: "Wir weisen die Vorwürfe strikt zurück. Aus damaliger Sicht habe ich sorgsam und pflichtgemäß gehandelt. Ich habe mich weder leicht noch grob fahrlässig verhalten", sagte Wübbenhorst gegenüber der NZ. "Und vorsätzlich schon überhaupt nicht. Was hätte ich davon gehabt, irgendetwas zu decken?"

Dass auch die GfK eigentlich nicht daran interessiert war, den Prozess an die große Glocke zu hängen, bestätigten am Dienstag gleich mehrere Personen. Auch in der offiziellen Stellungnahme spricht der Aufsichtsratsvorsitzende Arno Mahlert davon, dass das Gremium "gezwungen ist, Schadenersatz für die Schäden geltend zu machen, die dem Unternehmen durch die beklagten ehemaligen Vorstandsmitglieder entstanden sind". Dafür, dass man gerne im Stillen verhandelt hätte, spricht auch, dass eine erste Verhandlung am Landgericht Nürnberg-Fürth bereits stattgefunden hat, ohne dass dies an die Öffentlichkeit gedrungen war. Zudem laufen parallel Vergleichsverhandlungen.

Eine Frage von Fahrlässigkeit

Bei den Verhandlungen geht es maßgeblich um die Frage, ob die beklagten Manager die Unregelmäßigkeiten hätten merken müssen. Also um die Frage von Fahrlässigkeit - bis zum Vorsatz. Und es geht um einen Streitwert von 21 Millionen Euro plus die Kosten für Zinsen, Beratung und juristischen Beistand - also in der Summe wohl um mehr als 30 Millionen Euro. Doch selbst wenn die Manager den Prozess verlieren würden, heißt das nicht zwingend, dass sie das Geld aus eigener Tasche berappen müssen. Denn für solche Fälle eines mutmaßlichen Fehlverhaltens springt die Manager-Haftpflichtversicherung ein, die für jede Führungskraft abgeschlossen wird. Vertreter der Versicherung sind bereits jetzt involviert, hieß es.

Wübbenhorst wäre wohl - unabhängig davon, dass er die Vorwürfe zurückweist - unter Bedingungen zu einem Vergleich bereit. Selbst wenn er einen Eigenanteil zahlen müsste, ließ er durchblicken. Er möchte den Streit einfach vom Tisch haben.

Das Verhältnis zwischen Wübbenhorst und seinem Nachfolger Matthias Hartmann gilt als äußerst distanziert. So macht Hartmann die Einkaufspolitik seines Vorgängers und eine mangelnde Integration der Firmen für die anhaltenden Probleme der GfK mitverantwortlich. Mit den Zukäufen hatte Wübbenhorst die GfK in die Top 5 der Marktforscher geführt. Entsprechend ist er enttäuscht: "Dass ich das nach so vielen Jahren erfolgreicher Arbeit für die GfK erleben muss, hätte ich nicht gedacht."

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