Metallbranche bricht Lanze für Zeitarbeit

25.2.2010, 00:00 Uhr
Metallbranche bricht Lanze für Zeitarbeit

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Als praktisches Paradebeispiel für die Unverzichtbarkeit der Zeitarbeitbranche hatte der Verband Friedrich Hesemann auf das Podium der Pressekonferenz geladen. Der Geschäftsführer der Liebherr Verzahntechnik in Kempten nannte die Begrenzung der Leiharbeit in den Betrieben, wie sie die Gewerkschaften fordern, «großen Unfug«. Ohne Zeitarbeiter hätte er Aufträge an Zulieferer abgeben oder bei jeder konjunkturellen Delle Personal betriebsbedingt entlassen müssen. «Das wäre tödlich«, beschwor er die Zuhörer.

Sein Anlagen- und Maschinenbauunternehmen mit weltweit 32600 Beschäftigten übernehme regelmäßig Zeitarbeiter in ein unbefristetes Arbeitsverhältnis. Jeder fünfte der Neueingestellten in Kempten sei vormals Leiharbeiter gewesen, sagte Hesemann. Etliche von ihnen wären bei einer direkten Bewerbung bei Liebherr niemals in die engere Wahl gekommen, zu stümperhaft seien die Unterlagen oft. Durch die Vermittlung über die Zeitarbeit bekamen sie eine Chance.

Keine Verdrängung

Von einer Verdrängung der Stammbelegschaften könne gar keine Rede sein, stieß Bertram Brossardt in das gleiche Horn. Der Hauptgeschäftsführer der Verbände der bayerischen Metall- und Elektroindustrie (M+E) nannte das Ausmaß der Zeitarbeit «überschaubar«. «Selbst im jüngsten Aufschwung hat die Zeitarbeit im Durchschnitt aller M+E-Branchen nicht mehr als sechs Prozent erreicht.« Er hoffe, dass die Zeitarbeitfirmen über das laufende Jahr hinaus die Möglichkeiten erhalten, an der Kurzarbeit in den entleihenden Kundenbetrieben weiter teilzuhaben.

Ingrid Hofmann, Inhaberin der Nürnberger Personalleasing-Gruppe mit derzeit insgesamt 10000 Mitarbeitern, hatte ebenfalls die Öffnung der Kurzarbeiterregelung für ihre Branche genutzt. Im ersten Quartal 2009 waren 480 Hofmann-Mitarbeiter davon betroffen, inzwischen jedoch nur noch ein kleiner Teil. In ihren Belegschaften, so Ingrid Hofmann, seien 15 Prozent der Mitarbeiter aus der Langzeitarbeitslosigkeit wieder in Lohn und Brot gekommen.

Schlecker als Negativbeispiel

Der Fall Schlecker, der in die Negativschlagzeilen geraten war, weil die Drogeriemarktkette eigene Leiharbeitgesellschaften mit niedrigeren Tarifen für die gleiche Belegschaft gegründet hatte, sei kein Ruhmesblatt und nicht zur Nachahmung zu empfehlen, so der Tenor. Laut Bericht einer Betriebsrätin waren allein in Nürnberg im letzten halben Jahr vier Filialen geschlossen worden. Dabei seien zehn Mitarbeiterinnen zuerst entlassen und dann als Leiharbeiterinnen wieder eingestellt worden.

«Schlecker hätte das nicht tun sollen«, sagte Brossardt. Der Arbeitgeber sei «über das Grundziel des Zeitarbeitsinstruments hinausgeschossen«. Derzeit prüft das Bundesarbeitsministerium die rechtliche Zulässigkeit dieses «Geschäftsmodell«.

Menschliche Härten

Zum Thema des wachsenden Niedriglohnsektors erklärte der Verbandsfunktionär, die Metall- und Elektroindustrie zahle mit einem tariflichen Bruttojahresentgelt von im Durchschnitt 40000 € ordentliche Löhne. Wer allerdings nach langer Betriebszugehörigkeit den alten Arbeitsplatz verliere und bei einem jungen Unternehmen anheuere, «muss niedrigere Löhne akzeptieren, auch wenn das menschlich hart ist«.