Modellfahrzeugbranche: Immer weniger Kunden

3.2.2018, 10:09 Uhr
Modellfahrzeugbranche: Immer weniger Kunden

© Roland Fengler

Hongkong, Nürnberg, New York: Für Andreas Stadlbauer gehört Bewegung zum Geschäft. Anfang Januar war der Chef der Salzburger Stadlbauer Gruppe, die die Carrera-Rennbahnen vertreibt, auf der "Toy Fair" in Asien, gerade präsentiert er Carrera auf der weltgrößten Spielwarenmesse in Franken und nächste Woche jettet er zur Branchenschau in die USA. Dort ist der Markt in Unruhe.

Die finanzielle Schieflage des Spielwarenhändlers Toys’R’Us hat Stadlbauer und vielen anderen Herstellern im vergangenen Jahr ein paar schlaflose Nächte bereitet. Liefert man an einen Händler, der von Zahlungsunfähigkeit bedroht ist? Stadlbauer tat es - aber in kleinerem Umfang als geplant. Deshalb ging der Carrera-Umsatz in den USA zuletzt zurück.

Trotzdem erfolgreiches Jahr

Dem Ungemach in Amerika zum Trotz hat die Marke Carrera laut Stadlbauer 2017 insgesamt das erfolgreichste Jahr in ihrer Geschichte verzeichnet. Grund dafür ist nicht zuletzt eine Rennbahn für die ganz Kleinen. Schon Dreijährige können mit dem neuen Produkt "Carrera First" Fahrzeuge auf die Piste schicken - was ein voller Erfolg gewesen sei.

Freude bereitet dem Unternehmer auch Italien. Dort kümmert sich seit zwei Jahren ein eigenes Team um die Marke Carrera - und stößt auf fruchtbaren Boden. Die Autobegeisterung in bella Italia sei groß, in den Haushalten sei genug Platz für Rennbahnen und mit Ferrari pflege man eine intensive Partnerschaft.

Stadt in Miniaturformat

Wie spiegelt sich dies in Zahlen wider? Mit deutlich über 50 Millionen Euro tragen die Rennbahnen zum Gruppenumsatz in Höhe von insgesamt rund 110 Millionen Euro bei. Damit ist die Sparte der größte Umsatzbringer, gefolgt von den ferngesteuerten Miniaturfahrzeugen, dem RC-Bereich. Zum Unternehmen gehören außerdem traditionsreiche Marken wie Pustefix, Schildkröt und Baufix: Die Österreicher zeigen sich gut aufgestellt.

Ein großes Sortiment kann Rückgänge in einzelnen Segmenten ausgleichen. Davon wollen nun auch Anbieter klassischer Modellfahrzeuge profitieren und suchen nach neuen Geschäftsfeldern.

Herpa machts vor

Zum Beispiel Herpa aus Dietenhofen. Unter dem Motto "Herzlich willkommen im Kinderzimmer" hat der Modellfahrzeugproduzent eine Sparte kreiert, die zu den beiden bestehenden dazukommt - also zu den Modellautos sowie den Flugzeugen in Miniaturformat. Mit ihr sollen mehr Kunden als bisher angesprochen werden.

Zu den Neuheiten zählt die Produktlinie Herpa City: Das sind Spielesets, mit denen Kinder eine Stadt in Miniaturformat bauen können. In eine ganz andere, für Herpa bislang fremde Richtung geht das Produkt Mia and Me, das von der gleichnamigen Serie aus dem Kinderfernsehen stammt. Vor allem Mädchen können sich hier eine Traumwelt zusammenbasteln.

Darüber hinaus vertreibt Herpa in Deutschland die Produkte der kanadischen Firma Bloco. Dabei geht es um Ritter, Drachen, Löwen und Giraffen aus Schaumstoff, die Kinder zusammenbauen können.

Der Umsatzanteil der Kinderzimmer-Sparte werde vorerst unter zehn Prozent bleiben, so Herpa-Geschäftsführer Walter Winkler. Zuletzt haben die rund 190 Mitarbeiter 14 Millionen Euro Jahresumsatz erwirtschaftet.

Unrentables Geschäft

Peter Brunner, Chef der Marke Schuco bei der Simba Dickie Group, beziffert sein Problem recht genau: Im Durchschnitt zählten seine Kunden etwa 51 Lenze. Wie die gesamte Branche leidet Schuco darunter, dass das Publikum immer älter wird. Schuco hält nicht zuletzt mit Gesellschaftsspielen dagegen: Neu im Angebot ist "Das große Traktor-Rennen" - mit Miniaturtraktoren als Spielfiguren.

Auch an anderer Stelle verlässt Schuco eingefahrene Bahnen. Im Geschäft mit der Industrie war die Marke bisher auf die Autokonzerne fokussiert. Brachten VW, BMW & Co. neue Modelle heraus, produzierte Schuco das Auto oft in Miniatur. Das hat sich wegen der hohen Kosten und der manchmal niedrigen Abnahmemenge nicht immer gelohnt. Jetzt liefern Brunner und sein Team auch Miniatursägen - an den Schneidgerätespezialisten Stihl aus Waiblingen.

Steckpuzzles neu im Sortiment

Der Modellbauproduzent Rietze aus Altdorf wiederum hat in sein Sortiment jüngst Steckpuzzles aufgenommen. Zuletzt sei aber auch das klassische Geschäft gut gelaufen, freut sich Seniorchef Lothar Rietze. Der Umsatz sei insgesamt um 15 Prozent auf 2,6 Millionen Euro gestiegen - nicht zuletzt weil Rietze auf die richtigen Modelle gesetzt hatte, darunter eine Nürnberger Straßenbahn. Alle Produkte würden derweil mit etwa 60 Mitarbeitern in Deutschland produziert.

Zumindest Teile der Produktion zurückgeholt hat Kurt Hesse. Der streitbare Unternehmer, der Auseinandersetzungen um Lizenzen mit den Autokonzernen nicht scheut, war vor über 20 Jahren Eigentümer der Carrera-Rennbahnen, die inzwischen zu Stadlbauer gehören. Heute steht er mit der Rennbahn Cartronic in Konkurrenz zu Carrera. Seine deutlich billigere Marke vertreibt Hesse vor allem über Discounter wie Lidl, Aldi und Penny. Und produziert wird seit ein paar Wochen in Nürnbergs Süden, berichtet Hesse. Zu Zahlen mag er sich nicht äußern, weder was Mitarbeiter, Umsatz noch was Gewinn betrifft.

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