Neue Zweifel am Hauptstadtflughafen

21.5.2012, 12:00 Uhr
Neue Zweifel am Hauptstadtflughafen

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Auch nach der Verkündung eines neuen Eröffnungstermins für den Hauptstadtflughafen Berlin-Brandenburg bleiben die Betreiber unter Druck. „Das Flughafen-Management muss jetzt endlich hieb- und stichfest liefern – mit voller Transparenz gegenüber dem Aufsichtsrat“, sagte Bundesverkehrsminister Peter
Ramsauer (CSU). Eine Arbeitsgruppe seines Ministeriums soll den vorläufigen Flugbetrieb, die Start- und Landezeiten sowie die Flughafenkoordination in Tegel und Schönefeld sicherstellen.

Ob sich der Betrieb in Tegel ausweiten lässt, um die ursprünglich für den neuen Airport geplanten Flüge aufzunehmen, bleibt offen. Aus Sicht des Flughafenverbandes ADV ist eine Ausweitung der Flugzeiten in Tegel um je eine halbe Stunde morgens und abends dringend nötig, sagte Hauptgeschäftsführer Ralph Beisel. Derzeit gilt für Tegel ein Nachtflugverbot von 23.00 bis 6.00 Uhr.

Zweifel gibt es auch, ob der neue Eröffnungstermin einzuhalten ist. Er halte den 17. März 2013 angesichts des herrschenden Chaos für unrealistisch, sagte der Flughafenexperte Dieter Faulenbach da Costa. Nach der Ablösung von Technik-Geschäftsführer Manfred Körtgen müsse sich ein Nachfolger erst einarbeiten, was mehr Zeit erfordere. Faulenbach, der in Offenbach ein Consulting-Büro betreibt, war bis 1999 an der Planung des Flughafens Berlin Brandenburg International (BBI) beteiligt. Zuletzt arbeitete er als Gutachter für die Anwohner des Flughafens.

Als Folge der geplatzten Eröffnung könnte auf den Hauptstadtflughafen schon bald ein Finanzierungsproblem zukommen. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) hatte am Freitag von einem deutlich geschrumpften Puffer innerhalb des Kreditrahmens von 2,4 Milliarden Euro gesprochen. „Wir sind da an der Kante. Und ich kann nicht ausschließen, dass die Kante des Kreditrahmens übersprungen wird“, sagte Wowereit im Verkehrsausschuss des Berliner Abgeordnetenhauses. Er ist Vorsitzender des Aufsichtsrats, Brandenburgs Ministerpräsident Matthias Platzeck (SPD) sein Stellvertreter.

Der Aufsichtsrat hatte den ursprünglichen Eröffnungstermin am 3. Juni um gut neun Monate verschoben. Begründet wurde die Entscheidung mit der noch nicht funktionstüchtigen Brandschutzanlage. Das Kontrollgremium beurlaubte Technik-Chef Körtgen und entzog dem Architekten-Konsortium PGBBI die Generalplanung.

Der Flughafen Leipzig/Halle bot sich zur Entlastung an. „Wir haben bereits in ersten Vorgesprächen Fluglinien und Reiseveranstalter über diese Option eines Bypasses informiert“, wird der Chef der Mitteldeutschen Airport Holding, Markus Kopp, zitiert. Dem hielt Flughafenverbands-Geschäftsführer Beisel entgegen, ein Ausweichen auf andere Flughäfen im Umkreis von Berlin wäre nicht sinnvoll. „Sie können nicht einen Teil der Zubringerflugzeuge in Leipzig und einen anderen Teil in Tegel landen lassen, wenn Sie mit den Passagieren eine größere Maschine befüllen wollen, die dann weiterfliegt.“ Das sei nur an einem Standort machbar.

In einer Sondersitzung des brandenburgischen Landtages gibt Platzeck an diesem Montag eine Regierungserklärung zu dem Debakel ab. Ihm und Wowereit wirft die Opposition vor, ihre Kontrollpflichten nicht ausreichend wahrgenommen zu haben.

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