Nürnberger Wurst kommt in Kapstadt gut an

25.6.2009, 00:00 Uhr
Nürnberger  Wurst kommt in Kapstadt gut an

© Nico Pointner

Aber Raiths Wurstvielfalt bringt sie auf den Geschmack. Alleine seine Leberwurst gibt es in zehn verschiedenen Ausführungen. Das Geschäft brummt. «Unser Laden war nie leer», sagt er stolz. Beckenbauer und Klinsmann standen schon an seiner Theke. Rund 50 Kunden drängeln sich zu Stoßzeiten in der kleinen Metzgerei.

Gewürze von daheim

Als es Raith zu eng geworden ist, investiert er: «Da haben wir eben eine kleine Fabrik gebaut», sagt er. Heute betreibt der Metzgermeister eine Großproduktion am Stadtrand von Kapstadt. Raith beliefert den afrikanischen Markt täglich mit rund fünf Tonnen deutscher Wurst, vom Bierschinken bis zur Nürnberger Bratwurst. Er versorgt Delikatessenläden und Supermarktketten von Johannesburg bis Windhuk. Gewürze und Maschinen stammen dabei aus der alten Heimat, die Arbeitskraft kommt aus Afrika. Das Herstellungsverfahren entspricht genauso deutscher Norm wie die Hygienevorschriften. Seinen 75 Mitarbeitern vermittelt Raith die deutschen Standards, egal ob auf Afrikaans, auf Englisch oder nur mit Händen und Füßen.

Die Qualität kommt an. «Wenn du hier etwas gut machst, bist du noch einer von wenigen», meint Raith. Sogar in seiner alten Heimat ist er heute erfolgreich. Seine grobe Leberwurst und seine Wiener Würste räumten bei der Frankfurter Fleischerfachausstellung Gold ab.

Raith ist im Schwarzwald aufgewachsen. Das Fleischerhandwerk liegt in der Familie. Schon der Urgroßvater lernte Metzger. Aber der Vater verkaufte das Geschäft in den 50er Jahren. «Zu viel Konkurrenz», erinnert sich Raith. Doch die Familientradition wurde nur kurz unterbrochen. 1966 reiste Raiths älterer Bruder durch Namibia.

In der ehemaligen deutschen Kolonie stieß er auf eine große deutschsprachige Gemeinschaft. Deutsche haben Appetit auf deutsche Wurst - der Bruder witterte eine Marktlücke. Kurz darauf klingelte im Schwarzwald das Telefon: «Vater, komm runter, hier geht noch was.» Nur wenige Monate später machte sich der Vater nach Afrika auf, um deutsche Wurst zu verkaufen. Drei Jahre dauerte es, bis die ganze Großfamilie mit sechs Kindern nachzog. Helmut Raith war gerade 13 Jahre alt, als er in den Flieger stieg.

Das Auswandern zahlte sich aus. Windhuk liebt die deutsche Wurst. Über die Jahre weiteten sich die Geschäfte der Metzgerfamilie über das südliche Afrika aus. Helmut Raith trat in die Fußstapfen seines Vaters. Schon mit 14 half er im väterlichen Geschäft in Namibia aus.

Für seine Ausbildung flog er immer wieder in die Heimat: Gesellenprüfung im Rheinland; Meisterprüfung in Augsburg - Feinschliff bei Nürnberger Bratwürsten inklusive; Ausbildung zum Fleischtechniker in Kulmbach. In Oberfranken lernte er seine Frau Ute kennen - eine Fleischfachverkäuferin. Mit der Auserwählten und der Ausbildung im Gepäck ging es zurück nach Afrika.

Helmut Raith will nicht zurück nach Deutschland. «Wir sind deutsch, aber Südafrika ist unser Land», sagt er. Er vermisse nichts «von drüben». Am Kap lebt eine große deutsche Gemeinschaft. Auch unter dem Tafelberg lässt sich ein Weißwurst-Frühschoppen genießen. Es gibt deutsches Fernsehen und deutsche Kindergärten. Da bleibt kein Platz für Heimweh. «Wir kaufen auch einen Christbaum im Dezember, nur eben in kurzen Hosen», sagt Raith.

Seine drei Kinder lernen gerade an einer deutschen Schule für ihr Abitur. Ob der Nachwuchs auch in seine Fußstapfen treten wird, kann Raith derzeit noch nicht sagen. Aber der 52Jährige ist zuversichtlich: «Vegetarier gab es in unserer Familie noch nie.»