So plastikfrei sind Unternehmen in Nürnberg

9.1.2019, 07:45 Uhr
So plastikfrei sind Unternehmen in Nürnberg

© Foto: Franziska Kraufmann/dpa

Die Deutschen verbrauchen deutlich mehr Plastik als die meisten anderen EU-Bürger. Nach den zuletzt verfügbaren Daten fielen in der Bundesrepublik pro Kopf 38 Kilogramm Kunststoff-Verpackungsmüll an – im EU-Durchschnitt waren es lediglich 24 Kilo.

Besonders auf der Arbeit ist die Plastik-Sünde verlockend: Den Kaffee gibt es im Plastikbecher, wer keine Zeit für eine Pause hat, nimmt sich einen Salat mit Plastikschüssel aus der Kantine mit ins Büro. Doch immer mehr große Unternehmen sagen Kunststoff den Kampf an und verzichten auf Becher und Behältnisse in Kantinen und Kaffeeküchen.

"Kunststoffbecher haben wir schon vor einigen Jahren abgeschafft", erklärt N-Ergie-Pressesprecherin Heidi Willer. Bei rund 2500 Mitarbeitern eine enorme Einsparung: Trinkt jeder Mitarbeiter am Tag einen Kaffee, wären das pro Jahr über eine halbe Millionen Becher, die der Stromanbieter jetzt weniger verbraucht. Stattdessen haben die Mitarbeiter eigene Tassen und Gläser, die sie an Kaffeeautomaten und Wasserspendern auffüllen können.

 

Unternehmen haben neue Lösungen gefunden

Wer sich aus der Kantinen von N-Ergie und VAG einen Salat oder Müsli mitnehmen möchte, kann dafür Mehrwegdosen aus Porzellan mit Silikon-Verschluss nutzen. Nur ein Problem muss noch gelöst werden: "Belegte Brötchen sind aus hygienischen Gründen mit Frischhaltefolie verpackt", sagt Willer. "Wir brüten noch über der passenden Lösung. Wenn wir Papier verwenden, sieht man ja nicht mehr, welchen Belag das Brötchen hat." Die Änderungen kommen an: Murrende Mitarbeiter gebe es nicht", so Willer. Im Gegenteil: "Die Anregung, auf Plastik zu verzichten, kam von den Kollegen."

Bei der Nürnberger Sparkasse ist Plastikverzicht ein brandaktuelles Thema. Erst im November eröffnete das Geldhaus sein neues Betriebsrestaurant. "Dabei haben wir uns natürlich viele Gedanken gemacht, wie wir auf Müll verzichten können", erklärt Pressesprecherin Tina Koller. "Wir haben bei unserem Catering-Unternehmen Wert darauf gelegt, dass er regional und umweltbewusst kocht." Wer das Mittagessen mitnehmen möchte, kann sich eine Schüssel von zu Hause mitbringen, Plastikbecher findet man in der Sparkasse nicht.

Doch was, wenn die Mitarbeiter in der Mittagspause gar nicht in die Kantine gehen? Auch dafür hat die Sparkasse seit kurzem eine Lösung. In einigen Abteilungen stehen Glasbehälter bereit. Diese nehmen die Angestellten mit, wenn sie sich ihr Mittagessen in einem Bistro oder Restaurant holen.

Sparkasse holt Prominenz an Bord

Um die Mitarbeiter zu schulen, hat die Sparkasse sogar Prominenz an Bord geholt: Die Bloggerin und Buchautorin Nadine Schubert, selbsternannte Expertin für Plastikvermeidung, hält regelmäßig Vorträge.

Die Unternehmen folgen damit einem gesellschaftlichen Trend. Außerdem kommen sie einem EU-Verbot zuvor: Voraussichtlich ab 2021 sollen viele Einweg-Plastikprodukte aus Handel und Gastronomie verbannt werden. Die Nürnberger Betriebe sind mit ihrer Vorsorge nicht allein: Vodafone, Siemens, Allianz, Sky und Dr. Oetker teilten der Deutschen Presse-Agentur mit, deutlich weniger Wegwerf-Produkte zu benutzen. "Die Plastikartikel werden entweder ersatzlos aus dem Sortiment genommen oder durch wiederverwertbare Materialien wie Bambus oder Holz ersetzt", sagt ein Vodafone-Sprecher. Man werde im Jahr etwa 15 Tonnen weniger Plastikmüll verursachen als zuvor.


Plastikfrei: Nürnberg bekommt ersten Unverpackt-Laden


Bei der Nürnberger Versicherung soll nicht nur die Kantine, sondern auch die Küche möglichst plastikfrei sein. Die Nahrungsmittel werden in Mehrwegpfandkisten geliefert, so Pressesprecherin Konstanze Schön. Einzig die belegten Brötchen in den Automaten sind in Plastikfolie eingewickelt – aber die ist, genauso wie die Becher am Kaffeeautomaten oder die Verpackung der To-Go-Salate, biologisch abbaubar, versichert Schön. Seit Ende 2018 verzichtet Leoni auf Einweg-Kaffeebecher und auch in der Datev-Zentrale findet man nur Porzellan-Tassen. "Wenn die großen Firmen das in ihren Kantinen machen, ist das gut, weil es zeigt, dass man gut klarkommt mit normalem Geschirr und Besteck", sagt Manfred Santen von Greenpeace der dpa. "Das reicht aber natürlich bei weitem nicht aus."

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