Strom aus Österreich verhindert Versorgungskollaps

8.1.2012, 00:00 Uhr
Strom aus Österreich verhindert Versorgungskollaps

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Der Netzbetreiber Tennet musste erstmals am 8. und am 9. Dezember auf die von der Bundesnetzagentur für Stromengpässe festgelegte Kaltreserve zurückgreifen. Dafür musste unter anderem ein altes Öl-Kraftwerk bei Graz wieder ans Netz gebracht werden, bestätigten jetzt die Bundesnetzagentur und Tennet entsprechende Medienberichte.

„Die Netzsituation ist nach wie vor angespannt“, betonte ein Sprecher der Bundesnetzagentur. Wegen der Abschaltung von acht Atommeilern nach der Katastrophe von Fukushima waren in Deutschland Reservekapazitäten von 1009 Megawatt festgelegt worden. Hinzu kommt eine Reserve in Österreich von 1075 Megawatt. Entgegen erster Ideen in der Bundesregierung besteht diese Reserve nicht aus einem Atomkraftwerk in Wartestellung, sondern aus alten Gas- und Kohlekraftwerken, die im Notfall wieder hochgefahren werden können.

Am 8. und 9. Dezember gab es im Norden starken Wind. Da aber Leitungen fehlen, um diesen Strom nach Süden zu transportieren, und in Bayern gerade das Atomkraftwerk Gundremmingen C wegen Wartungsarbeiten nicht am Netz war und so als Stromlieferant ausfiel, musste Tennet den Strom aus Österreich anfordern. Tennet regelt die Stromautobahnen von Norddeutschland über Hessen bis nach Bayern. Eine Tennet-Sprecherin betonte, die Lage sei kritischer als früher, aber beherrschbar.

Die Grünen-Energieexpertin Ingrid Nestle sagte, das Beispiel zeige, dass das Konzept der Kaltreserve funktioniere. „In Deutschland geht auch nach der Abschaltung von acht Atomkraftwerken nicht das Licht aus“, betonte Nestle.

Um den Betrieb des Höchstspannungsnetzes in Deutschland kümmern sich vier Unternehmen. Im Westen Deutschlands ist die frühere RWE-Tochter Amprion zuständig, im Osten 50Hertz (ehemals Vattenfall) und in Baden-Württemberg EnBW. Das Gebiet von Norddeutschland über Hessen bis nach Bayern deckt der Betreiber Tennet ab, dieser Netzbereich gehörte bis 2010 E.on.

Der von Stromlieferanten wie RWE-Chef Jürgen Großmann befürchtete größere Stromausfall ist trotz des Atom-Aus auch dank der Nachbarschaftshilfe aus Österreich bisher also ausgeblieben. Die Kosten dafür sind aber von den Verbrauchern über den Strompreis zu zahlen.

Der Lieferengpass in der ersten Dezemberhälfte belegt, was Experten immer wieder hervorheben: Es gibt in Deutschland weniger ein Versorgungsproblem, als vor allem ein Stabilitätsproblem bei den Lastflüssen. Denn alternativer Strom wäre vorhanden, aber es gibt zu wenig Nord-Süd-Stromautobahnen. Der Dezember war nach Einschätzung von Experten „ein Rekord-Windstrom-Monat“, die Windräder hätten fast acht Mrd. Kilowattstunden Strom erzeugt.

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