Viel Klärungsbedarf nach Kartellvorwurf an Autobauer

26.7.2017, 08:23 Uhr
Viel Klärungsbedarf nach Kartellvorwurf an Autobauer

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Der Vorwurf mutmaßlicher Kartellabsprachen der deutschen Autobauer überschattet die trotz der Dieselkrise besseren Geschäfte der Branche. Europas größter Hersteller Volkswagen ruft für Mittwochnachmittag außerplanmäßig seine Aufsichtsräte zusammen - dem Vernehmen nach soll es um die Kartellvorwürfe gehen, über die der Spiegel berichtet hatte. Daimler - im zurückliegenden Quartal weiter kräftig gewachsen - legt zugleich seine Halbjahreszahlen vor. Doch die Zahlen dürften in den Hintergrund treten - zu schwer wiegt der Vorwurf der verbotener Absprachen.

Der Spiegel hatte über ein womöglich seit vielen Jahren bestehendes Kartell berichtet, in dem sich VW, Audi, Porsche, BMW und Daimler über Technik, Kosten und Zulieferer verständigt haben sollen. Zu dem Vorwurf schweigen die Konzerne bisher. Eine Art Selbstanzeige von VW und Daimler soll, wie das Nachrichtenmagazin schrieb, den Wettbewerbsbehörden vorliegen. Der Vorsitzende des Bundestags-Verkehrsausschusses, Martin Burkert, betonte, die Aufsichtsräte der betroffenen Autohersteller seien in der Pflicht, gegebenenfalls Sondersitzungen zur Klärung einzuberufen.

Tatsächlich hat Volkswagen-Aufsichtsratschef Hans Dieter Pötsch kurzfristig zu einer außerordentlichen Sitzung des Kontrollgremiums am Mittwochnachmittag geladen. Dafür hatten sich zuvor mehrere Seiten ausgesprochen: "Der Vorstand ist in der Pflicht, das Aufsichtsgremium umfassend zu informieren. Das ist bislang nicht geschehen", sagte ein Sprecher des VW-Betriebsrats.

Milliarden-Schaden möglich

Auch Niedersachsens Ministerpräsident Stephan Weil sowie Wirtschaftsminister Olaf Lies (beide SPD) hatten Aufklärung verlangt. Geklärt werden muss nach Ansicht von Lies, wann es welche Diskussion im Vorstand gab und ob der Vorstand seiner Pflicht gerecht geworden ist, die Gremien zu informieren. Die Politiker und VW-Betriebsratschef Bernd Osterloh sitzen im Aufsichtsrat des Konzerns.

Nach Berechnung des NordLB-Analysten Frank Schwope könnte der finanzielle Schaden für die Konzerne in die Milliarden gehen, sollte sich der Kartell-Vorwurf bestätigen. Er verwies in der Neuen Osnabrücker Zeitung auf mögliche Strafzahlungen,Schadenersatzforderungen und einen noch nicht abzuschätzenden Imageschaden, der Auswirkungen auf die Verkäufe haben könne. In den ersten sechs Monaten allerdings hatte Daimler erneut zugelegt und so viele Autos von Mercedes-Benz verkauft wie noch nie in diesem Zeitraum, daher dürften Umsatz und operatives Ergebnis gestiegen sein.

Nach dem ersten Quartal hatte Daimler seine Ziele für 2017 auf ein "deutliches" Plus bei Absatz, Umsatz und operativem Gewinn angehoben. Am Donnerstag legt dann der Volkswagen-Konzern seine Halbjahreszahlen vor. Erwartete deutliche Zuwächse bei Umsatz und Gewinn dürften aber auch hier angesichts der Kartellvorwürfe in den Hintergrund treten.

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