Von Solar-Millennium geblendet: Anleger verlieren Geld

17.5.2012, 11:29 Uhr
Von Solar-Millennium geblendet: Anleger verlieren Geld

© B. Böhner

May musste sich wie über 500 andere Betroffene in die schier endlose Warteschlange vor der Heinrich-Lades-Halle im Zentrum der Hugenottenstadt einreihen, um Zutritt zur Gläubigerversammlung zu bekommen. Geladen waren insgesamt rund 16.000 Anleger, die dem seit Dezember insolventen Unternehmen Geld für Solarprojekte in Form von Inhaber-Schuldverschreibungen geliehen hatten – allein diese Gruppe hat 227 Mio. € investiert. Und wie die meisten der aus ganz Deutschland angereisten Gläubiger hoffte auch May auf finanzielle „Rettung“ durch den Insolvenzverwalter.

Doch der machte auf der mit zwei Stunden Verspätung begonnenen, nicht-öffentlichen Versammlung relativ schnell klar, dass es für Hoffnungen nicht allzu viel Spielraum geben wird. Der Nürnberger Jurist Volker Böhm, stellte eine ernüchternde Rechnung auf, wie Teilnehmer berichteten: Knapp 49,9 Mio. € sind noch als verwertbares Vermögen vorhanden. Davon gehen 24,5 Mio. € unter anderem direkt in die Kassen von Banken, die sich Pfandrechte gesichert hatten. Der Rest von 25,5 Mio. € könnte dann abzüglich Verfahrenskosten an die Gläubiger ausbezahlt werden – bei Gesamtforderungen von 300 Mio. €.

Die Betonung liegt allerdings auf könnte. Wie es heißt, könnte am Ende noch viel weniger herauskommen. 25 Mio. € gibt es nämlich nur dann zu verteilen, wenn es Insolvenzverwalter Böhm gelingt, für zwei wichtige Projekte – darunter das spanische Kraftwerk Arenales – Käufer zu finden.

Und zweite Voraussetzung: Aus der langen Schlange von Gläubiger scheidet einer aus, der allein von Solar-Millennium noch über 200 Mio. € fordert: Utz Claassen, der Anfang 2010 nach nur 74 Tagen sein Amt als Vorstandsvorsitzender auf spektakuläre Weise niedergelegt hat. Damals wurde viel schmutzige Wäsche gewaschen – so viel, dass Claassen damit seinen Ruf als Manager ruiniert sieht und von Solar Millennium und einzelnen Verantwortlichen über 200 Mio. € Schadenersatz verlangt – vor Gericht in den USA und parallel dazu als Forderung im Insolvenzfall.

Setzt sich Claassen damit durch, dann hätte das für alle normalen Gläubiger wie den Erlanger Anleger Ralph May durchaus gravierende Folgen: Sie könnten nicht mehr mit im besten Fall zehn Prozent Rückzahlung rechnen, sondern nur noch mit etwas mehr als der Hälfte – denn 40 Prozent des noch zu verteilenden Geldes würde ihnen Claassen mit seinem Forderungsteil wegschnappen.

Forderung abgelehnt

Noch ist es nicht soweit. Wie Insolvenzverwalter Böhm am Rande der Gläubigerversammlung erklärte, wird er die Forderung Claassens nicht anerkennen. Der müsste also schon klagen, um sich wieder in die Schlange der Gläubiger einreihen zu können. Eine solche Klage würde aber das Verfahren noch weiter in die Länge ziehen als es ohnehin schon dauern wird. Böhm eröffnete den Gläubigern, dass sie durchaus mit vier, fünf Jahren rechnen müssen.

Klagen werden wohl auch ganz normale Anleger. Manfred Werkmann etwa aus dem Landkreis Rosenheim. Er hat einen „Batzen Geld“ in Solar Millennium investiert. 23.000 € war es ihm wert, dass Solar Millennium einen „guten Ruf“ hatte. Sollte beim „Kassensturz“ aber tatsächlich nichts übrig bleiben, überlegt sich Werkmann gemeinsam mit anderen Betroffenen, „eine Massenklage“ gegen das Unternehmen anzustrengen.

Die Gläubiger wählten getrennt nach Anleihenart zwei Juristen, die ihre Interessen vertreten werden: Klaus Nieding, Vize-Präsident der Deutschen Schutzvereinigung für Wertpapierbesitz, und Franz Wagner von der Schutzgemeinschaft der Kapitalanleger.

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