VW-Abgasskandal: Knapp 100.000 Benziner betroffen

4.11.2015, 16:43 Uhr
Hunderttausende VW-Autos könnten mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben.

© dpa Hunderttausende VW-Autos könnten mehr CO2 ausgestoßen und damit mehr Sprit verbraucht haben als vom Hersteller angegeben.

Die falschen CO2-Angaben bei Volkswagen betreffen nach Angaben der Bundesregierung auch 98.000 Benzinfahrzeuge. Das sagte Verkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Mittwoch im Bundestag. VW hatte am Dienstagabend mitgeteilt, bei Werten zum Ausstoß des klimaschädlichen Kohlendioxids (CO2) gebe es "Unregelmäßigkeiten". Damit könnte der tatsächliche Spritverbrauch von Hunderttausenden Autos höher liegen, als deren Besitzer annahmen.

"Nach derzeitigem Erkenntnisstand können davon rund 800.000 Fahrzeuge des Volkswagen-Konzerns betroffen sein", hatte VW am Dienstagabend mitgeteilt. Die neuen Fälle beträfen hauptsächlich Dieselautos, aber auch eine "geringe Anzahl" von Benzinern, hatte es bisher geheißen.

Bisher ging es in der Abgas-Affäre, die Mitte September bekanntwurde, ausschließlich um Manipulationen bei Stickoxid-Werten. CO2 ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren nach schwierigen Verhandlungen verschärft worden.

VW-Chef Matthias Müller versprach erneut eine "schonungslose" Aufklärung. "Dabei machen wir vor nichts und niemandem Halt. Das ist ein schmerzhafter Prozess, aber er ist für uns ohne Alternative." Der Aufsichtsrat reagierte in einer Mitteilung "mit Betroffenheit und Sorge" auf die neue Dimension. Nach dpa-Informationen wird sich die Aufsichtsratsspitze spätestens an diesem Sonntag treffen, der komplette Aufsichtsrat dann am Montag.

Tests im Sparmodus

Bisher ging es in dem Abgas-Skandal um Stickoxid (NOX). Im September hatte das Unternehmen eingestanden, bei Abgas-Tests auf dem Prüfstand mit Softwarehilfe die Ergebnisse für Diesel-Motoren manipuliert zu haben. Die Software schaltet in Testsituation in einen Sparmodus. In diesem Zusammenhang musste VW bereits 6,5 Milliarden Euro zurückstellen.

Im Rahmen der derzeit laufenden Überprüfungen aller Prozesse und Abläufe bei Dieselmotoren ist laut VW aufgefallen, dass bei der CO2-Zertifizierung einiger Fahrzeugmodelle zu niedrige CO2- und damit auch Verbrauchsangaben festgelegt wurden. Betroffen seien ganz überwiegend Fahrzeuge mit Dieselmotoren. Es gehe um Autos der Typen Polo, Golf und Passat, sagte ein VW-Sprecher auf Anfrage. Bei der VW-Tochter Audi seien A1- und A3-Modelle betroffen. Bei Skoda gehe es um den Octavia und bei Seat um den Leon und den Ibiza.

Auch bei einem Benzinmotor mit Zylinderabschaltung habe es Auffälligkeiten gegeben, sagte der Sprecher. Es handele sich dabei aber um eine geringe Stückzahl. Bei den Dieselmotoren seien 1,4-, 1,6- und 2,0-Liter-Varianten betroffen. Alle Aggregate stammen einem Sprecher zufolge aus dem Wolfsburger Stammhaus von VW.

Kohlendioxid (CO2) ist zwar unschädlich für den Menschen, aber zugleich das bedeutendste Treibhausgas und wesentlich für die menschengemachte Erderwärmung verantwortlich. Die CO2-Grenzwerte sind in der EU in den vergangenen Jahren verschärft worden. Fraglich ist nun, ob VW bei der Flotte die CO2-Grenzwerte überschritten hat.

Mögliche Probleme für die Kunden

Die neue Dimension des Abgas-Debakels könnte für Volkswagen und seine Kunden mögliche Folgeprobleme haben. So hängt hierzulande die Höhe der Kfz-Steuer für jüngere Pkw mit Erstzulassungsdatum ab 1. Juli 2009 auch am Ausstoß von Kohlendioxid (CO2). Autos mit niedrigerer CO2-Emission sind steuerlich günstiger als welche mit einer höheren. Damit steht das Risiko im Raum, dass durch die Abgas-Manipulationen Kfz-Steuern für Autos aus dem VW-Konzern zu niedrig festgesetzt worden sind.

Die Grünen sehen nun auch Bundesverkehrsminister Alexander Dobrindt (CSU) am Zug. "Angesichts der Dimension des Skandals und dem damit verbundenen Schaden für die gesamte deutsche Automobilbranche reicht es nicht mehr aus, Aufklärung als Show zu simulieren", sagte der Grünen-Fraktionsvize Oliver Krischer der Deutschen Presse-Agentur. Dobrindt müsse klare politische Regeln und Kontrollen durchsetzen, um die Auto-Branche vor sich selbst zu schützen. "Wir brauchen endlich umfassende Transparenz und Tests auf der Straße durch eine unabhängige europäische Behörde."

Die Vorsitzende des Umweltausschusses im Bundestag, Bärbel Höhn, erklärte: "Offenbar hat VW bei der Ermittlung des Spritverbrauches illegale Techniken angewendet, um ihn nach unten zu korrigieren." Die ganze Wahrheit müsse jetzt auf den Tisch. Nötig seien zudem endlich schlagkräftige staatliche Stellen, die auch die Angaben der Hersteller nachprüfen dürfen und können. Bisher sei das nicht der Fall.

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