Zu heiß und trocken: 2015 ist kein gutes Jahr für Landwirte

18.8.2015, 17:30 Uhr
Besonders schlimm traf der Hitzesommer die Landwirte in der Mitte Deutschlands.

© dpa Besonders schlimm traf der Hitzesommer die Landwirte in der Mitte Deutschlands.

"Die Preise sind massiv eingebrochen und zwar in allen Sektoren", sagte der Präsident des Deutschen Bauernverbands (DBV), Joachim Rukwied, am Dienstag in Berlin. Der Preisverfall bei Milch, Schweinefleisch, Getreide, Obst und Gemüse habe die Landwirte seit Jahresbeginn im Vergleich zu 2014 schon deutlich mehr als drei Milliarden Euro gekostet. Das entspreche etwa einem Drittel des gesamten Einkommens.

Die Investitionsbereitschaft der Landwirte wird dadurch laut Rukwied spürbar gedämpft: Im zweiten Halbjahr wollen sie nur noch vier Milliarden Euro statt üblicherweise etwa sechs Milliarden in die Hand nehmen.

Einbußen bis zu 50 Prozent

Die Wetterextreme des Frühjahrs und Sommers ließen die Getreideernte im Bundesdurchschnitt um elf Prozent auf 46,5 Millionen Tonnen einbrechen. Dabei gibt es große regionale Unterschiede: In der Mitte Deutschlands, wo besonders wenig Regen fiel, müssen manche Betriebe laut DBV Einbußen von 40 bis 50 Prozent wegstecken. Feuchter war es im Süden Bayerns und Baden-Württembergs sowie in Schleswig-Holstein, dort fuhren die Bauern eine normale bis gute Ernte ein. Die Rapsernte fällt mit knapp fünf Millionen Tonnen unterdurchschnittlich aus.

Mit steigenden Getreidepreisen rechnet der Bauernverband trotzdem erst einmal nicht. Die Versorgungslage sei nach den Rekordernten des vergangenen Jahres noch insgesamt gut.

Bestimmte Gemüsesorten betroffen

Wegen des trockenen und heißen Augusts zeichnen sich außerdem Einbußen bei Mais und Zuckerrüben ab, die später im Jahr geerntet werden. Der Mais habe zum Teil gar keine Kolben ausgebildet, schilderte Rukwied. In manchen Anbauregionen wie der Rheinebene rechnet er mit massiven Ausfällen von 50 bis 100 Prozent. Die Bauern befürchten, dass deshalb auch das Futter für die Rinder im nächsten Winter knapp wird. Denn auch das Grünland sei braun und vertrocknet. Die Trockenheit im Frühjahr hat vor allem Winterweizen, Roggen und Sommergerste geschadet.

Die vier zentralen Probleme der Landwirte

DAS RUSSLAND-EMBARGO: Seit gut einem Jahr lässt Moskau keine Lebensmittel aus der EU und den USA mehr ins Land, eine Reaktion auf die Wirtschaftssanktionen in der Ukraine-Krise. Der Landwirtschaft fehlt damit ein wichtiger Exportmarkt. Der Deutsche Bauernverband (DBV) schätzt den bisherigen Schaden auf 600 bis 800 Millionen Euro.

DIE MILCHMARKT-KRISE: Vor allem auf das Russland-Embargo führen die Bauern auch den Preiseinbruch bei der Milch zurück. Von 40 Cent im Januar 2014 sind die Erzeugerpreise je Liter auf unter 28 Cent im Juli 2015 abgestürzt. Der DBV wirft auch den Handelsketten vor, die Preise zu drücken. Einen Zusammenhang mit dem Wegfall der EU-Milchquote Ende März sehen Experten eher nicht.

DER FLÄCHENVERLUST: Jeden Tag nimmt die Fläche für Landwirtschaft in Deutschland um mehr als 70 Hektar ab. Den Bauern machen vor allem die drastisch gestiegenen Kauf- und Pachtpreise zu schaffen. Denn das Geld fehlt für Investitionen in anderen Bereichen. Besonders in Ostdeutschland sind auch Investoren auf dem Bodenmarkt aktiv.

DIE NACHWUCHSPROBLEME: Viele Bauern wissen nicht, wie es mit ihrem Hof dauerhaft weitergehen soll. Bei der jüngsten Befragung 2010 hatte nur knapp jeder dritte Landwirt über 45 die Nachfolge schon gesichert. Die Zahl der Auszubildenden in den Agrarberufen sinkt seit Jahren. Heute ist fast ein Drittel der deutschen Bauern älter als 55.

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