Zirndorf: Fast wie im echten Rettungseinsatz

19.6.2015, 13:00 Uhr
Zirndorf: Fast wie im echten Rettungseinsatz

© Aslanidis

Ihren Aktionstag planen Sie seit Anfang des Jahres, 35 Leute sind beteiligt und minutiös instruiert. Was veranlasst Sie, so einen Aufwand zu betreiben?

Neuhof: Zur BRK-Bereitschaft kann man mit 14 Jahren. Mit 16 kann man die Grundausbildung als Sanitätshelfer machen. Als Ehrenamtlicher im Rettungswagen mitfahren darf man im Kreisverband Fürth aber erst ab 18 Jahren. So lange hängen die jungen Kollegen dann in der Warteschleife. Endlich mal mit Blaulicht zum Einsatz zu fahren, dem Moment fiebert aber jeder entgegen.

Das Martinshorn dürfen Sie bei Ihrem Aktionstag aber nicht einschalten, oder?

Neuhof: Das geht aus rechtlichen Gründen nicht, dieses Signal ist für absolute Notfälle reserviert und bei uns ist ja alles gefakt.

Popp: Aber davon abgesehen simulieren wir den Einsatz-Alltag ziemlich exakt — von der Alarmierung in der Wache über die Fahrt im Rettungswagen bis zur Versorgung des Patienten am Einsatzort. Und unsere Patienten, sechs Schulsanitäter vom Gymnasium Oberasbach spielen sie, haben täuschend echt geschminkte Verletzungen. So können die Jugendlichen unter nahezu realen Bedingungen üben. Freilich muss ein Ausbilder mit in die Fahrerkabine, allein schon wegen des Führerscheins. Aber er fungiert nur als Beobachter der Jung-Sanis im Wagen und spielt, falls angefordert, den Notarzt. Und er gibt den Zukünftigen Feedback.

Auf welche Situationen treffen die Nachwuchskräfte?

Popp: Am Kreisverkehr am Ende des PinderParks bekommt beispielsweise ein Bogenschütze einen Pfeil im Unterschenkel ab. Beim SV Weiherhof wartet jemand mit Knöchelbruch. Und am Landratsamt ist eine Person die Treppe heruntergestürzt. Wir haben darauf geachtet, dass unsere Einsatzorte nicht zu belebt sind, nicht dass ein nichtsahnender Beobachter tatsächlich den Rettungsdienst alarmiert.

Neuhof: Und es geht darum, dass der Nachwuchs die Klassiker im Einsatz-Alltag einüben kann, den Herzinfarkt, die Hyperventilation oder den Unterzucker.

Dabei verbindet man Rettungsseinsätze doch immer mit Unfällen...

Popp: Im echten Einsatz-Alltag ist das Gros nicht der spektakuläre Unfall, eher sind es internistische Notfälle oder Kleinigkeiten. Aber wir fahren lieber fünf Bagatell-Einsätze, als dass wir bei Gravierendem nicht alarmiert worden wären.

Vom Rotkreuz-Nachwuchs hört man in der Regel dann, wenn er sich im Wettbewerb misst. Wie ist das bei Ihnen?

Popp: Unsere Aktion läuft ganz wertungsfrei, wir wollen keine Konkurrenz schüren. Bei uns geht es höchstens darum, wer den spannendsten und schwersten Fall hat. Und da ist die Kopfplatzwunde mit am interessantesten. Schon allein den Verband richtig anzulegen, braucht ziemlich viel Übung. Außerdem kann eine Kopfverletzung Bewusstlosigkeit nach sich ziehen, dann muss der Patient in die stabile Seitenlage, die Vitalfunktionen müssen überwacht werden. Ist dann noch ein Angehöriger dabei, der völlig aufgelöst ist und viele Fragen stellt und den Einsatz behindert, kann das den Schwierigkeitsgrad enorm erhöhen.

Als Sie den Aktionstag vor drei Jahren initiierten, ging es Ihnen auch um Nachwuchswerbung.

Neuhof: Das Jahr zuvor sind wir über unser Engagement als Schulsanitäter am Gymnasium Oberasbach zum BRK Zirndorf gekommen. Damals war es in der Bereitschaft um Nachwuchs schlecht bestellt. Neben uns gab es nur noch zwei Jüngere. Das wollten wir ändern, schließlich haben wir hier erlebt, dass sich die Erwachsenen viel Zeit für uns genommen haben, sodass wir recht schnell sehr viel gelernt haben.

Hat sich die Situation verbessert?

Neuhof: Mittlerweile sind wir die nachwuchsstärkste der neun Bereitschaften im Landkreis. Von den an die 60 Aktiven sind 18 noch nicht volljährig. Trotzdem sind wir immer an neuen Mitgliedern interessiert. Denn auch bei uns verschlägt viele die Ausbildung oder das Studium an andere Orte. Der Aktionstag hat Schwung reingebracht. In dieser Form den Einsatz testen zu können, das finden die Jugendlichen cool.

Was finden denn Sie persönlich an Ihrem Ehrenamt cool?

Neuhof: Auf jeden Fall die Kameradschaft, die wir hier erleben, wir machen alles im Team und können uns aufeinander verlassen. Schwere Einsätze schweißen natürlich auch zusammen, das verbindet.

Popp: Wir verbringen viel Zeit gemeinsam. Mindestens zwei Mal die Woche sind wir im BRK-Haus an der Banderbacher Straße und wochenends bei Wachdiensten von Veranstaltungen, da entstehen enge Freundschaften. Egal ob Klassik-Open-Air, Weinfest der Lions oder Motocross des AMC: Wir sind dabei. Es macht Spaß, den Menschen zu helfen, aber wir haben auch viel Spaß in der Bereitschaft. Und die besten Einsätze sind die, wenn man jemanden gar nicht in die Notaufnahme bringen muss.

Zum Beispiel?

Popp: Einmal kam eine ältere Dame direkt zu uns ins BRK-Haus. Sie hatte hohen Blutdruck und starke Kopfschmerzen. Wir haben den Blutdruck gemessen, der Arzt hat sich eine halbe Stunde mit ihr in den Krankenwagen gesetzt, dann ging sie beschwerdefrei wieder heim. Oft ist schon viel mit einem Gespräch geholfen. Die Menschen sind einfach dankbar, wenn man sich um sie kümmert.

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