Ardie – eine Liebe auf den ersten Blick

29.7.2009, 00:00 Uhr
Ardie – eine Liebe auf den ersten Blick

© Sippel

Die Geschichte von Ardie kullert ihm nur so von der Zunge, hat er doch selbst die Abteilung Motorrad im Museum Industriekultur eingerichtet. Firmengründer Dietrich verunglückte bereits 1922, seine Motorräder jedoch feierten Erfolge, «insbesondere Ende der 20er Jahre.

Die Ardie 500, mit dem englischen Jap-Motor, wurde viel verkauft. Dann kam Mitte der 30er das damalige High-Tech-Gerät mit Duralumin-Legierung – die konnte sich nicht jeder leisten.» Im Zweiten Weltkrieg spielte Ardie keine Rolle. «Die Wehrmachtsmaschine war die KS 750 von Zündapp aus Nürnberg – doch generell galt: Wer sein Motorrad behalten wollte, musste es verstecken.» Nach dem Krieg fing Ardie klein an, Mittelklassemaschinen waren das Gros, so Murko. «Ende der 50er wurde das Motorrad – das ja damals noch kein Freizeitgerät war – vom Auto verdrängt. Ardie, Triumph, Zündapp und Victoria gingen alle unter.»

Und wenn sie nicht gestorben sind . . . Ja, sie leben noch: meist schwarz, mal rot oder grün, sogar mit Beiwagen. Von allen Seiten fotografiert werden die Maschinen von Jung und Alt. Frank Grüneboom, seit sechs Jahren Vorsitzender des 200 Mitglieder starken Vereins Ardie-Freunde, hat das Treffen organisiert. «Zu Ardie? Kam ich aus Zufall», erzählt er schmunzelnd. «Ich wollte ein Vorkriegs-Motorrad. Und das einzig bezahlbare und schöne war von Ardie. Ein Jahr später war ich Vereinsvorsitzender.»

Liebe auf den ersten Blick. «Die Kraft, die Technik, Motorräder, die so alt sind und noch so gut fahren . . .», er schwärmt. «Natürlich vibrieren sie heftig, und es ist viel mehr Mechanik zu bewegen als bei modernen Maschinen.» Doch der 38-Jährige kann über Nachwuchsprobleme nicht klagen. «Ardie ist relativ gut durchsetzt mit jungen Leuten.» Die meisten haben ihren zweirädrigen Schatz im Anhänger mitgebracht. «Von den Selbstfahrern kommt der am weitesten Angereiste aus der Bodensee-Ecke.» Aus Radolfzell, genau.

Bis hoch in die Alpen knattern

Tobias Baur sticht sowieso aus der Menge heraus: Knickerbocker, Pullunder, Schirmmütze und Nickelbrille – hier stimmt einfach alles, sogar das Schuhwerk. Richtiges Jahrhundert? Er lächelt. Meine Kumpel und ich sind wie in den 50ern eingerichtet und fahren auch Fahrzeuge aus der Zeit.» Neben ihm steht seine dunkelrote Ardie Baujahr 1951, die ihn mit einer Durchschnittsgeschwindigkeit von 80 Stundenkilometern in sechs Stunden nach Franken brachte.

«Ich benutze das Motorrad, mache jedes Jahr etwa 3000 Kilometer voll. 2008 musste sie über vier Alpenpässe bis 2460 Meter – die muss ordentlich ran», gibt der 37-Jährige zu. «Aufgewachsen bin ich mit einem Satz meines Vaters: ,Hätte ich nur nie meine Ardie hergegeben!’» Doch sparte der Filius zunächst auf eine Harley, dann auf eine BMW, die er beide nicht kaufte. «Dann bekam ich von einem Freund einen Tipp.» Ein älterer Herr wollte sich von seiner Ardie trennen. «Der hat das Ding unter der Treppe vorgezogen, und ich war hin und weg.»

5000 hart ersparte Euro hat er reingesteckt, bis sie lief. «Das Geld kriegt man nie mehr raus. Aber ich mache auch nicht denselben Fehler wie mein Vater! Irgendwie habe ich sie für ihn mitbesorgt, auch wenn er sie nicht mehr fahren konnte.» Die Vernetzung im Verein sei sehr gut, sagt Tobias Baur. Man hilft einander mit Ersatzteilen, fachsimpelt über Farbgestaltung und Lacke. Wenn er, wie bei diesem Jubiläums-Treffen, auf seiner Ardie in den Kurven liegt oder mit vielen anderen Fans gemeinsam ordentlich knatternd durch Nürnberg fährt, ist er glücklich. «Ein tolles Erlebnis!»

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