Asymmetrie und Pressinglinie 1? Klauß-Erklärung sorgt für Unverständnis

15.2.2021, 13:01 Uhr
Robert Klauß' Erklärung seines Matchplans sorgte für Unverständnis ebenso wie für Anerkennung.

© Sportfoto Zink / Daniel Marr, Sportfoto Zink / Daniel Marr Robert Klauß' Erklärung seines Matchplans sorgte für Unverständnis ebenso wie für Anerkennung.

"Wir sind in einem 4-2-2-2 auf Pressinglinie 1 angelaufen. Nach Ballgewinn wollten wir über die ballfernen Zehner umschalten. In Ballbesitz sind wir in eine Dreierkette abgekippt mit einem asymmetrischen Linksverteidiger und einem breitziehenden linken Zehner, sodass wir in ein 3-4-3 respektive 3-1-5-1 abgekippt sind – je nachdem, wo sich Dove aufgehalten hat."

Alles klar. Oder auch nicht. Die Aussage des 36-Jährigen auf der Pressekonferenz nach der 1:2-Heimniederlage des 1. FC Nürnberg gegen den FC St- Pauli ging viral – und spaltete die Fußball-Fans.


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Seine schier fremdsprachliche Erklärung sorgte einerseits für Kritik, passte sie doch recht gut zum ihm vorgeworfenen Stereotypen des jungen, taktikvernarrten Laptoptrainers, der wenig Wert auf Tugenden und viel Wert auf Taktiken legt. Und der damit seine Mannschaft überfordert.

Andere kritisieren zwar nicht den Inhalt, sondern vielmehr die provokante Verpackung der Antwort – und vermuten eine persönliche Abneigung gegenüber des Fragestellers.

Die detaillierte, fachliche und tiefgehende Antwort trifft bei einigen Fans auch den Nerv. Während andere Trainer Mentalitäts-Phrasen dreschen, um möglichst wenig Gehaltvolles preisgeben zu müssen, schätzen sie die Analyse des FCN-Fußballlehrers.

Robert Klauß' Antwort sorgte also für inhaltliches und kommunikatorisches Unverständnis, aber auch für Anerkennung. Ein Darmstadt-Fan erkennt in der Debatte ein Symptom der generellen Spaltung im Fußball – zwischen den Verfechtern der Einfachheit des Spiels und den "Taktiknerds".

Die Wahrheit liegt vielleicht in der Mitte. Mauricio Pochettino brachte es, wie er einst auf Spox zitiert wurde, auf den Punkt: "Ohne die richtige Einstellung, ohne Eifer und Gier braucht es keine Taktik." Aber: Auch wer läuft und rennt und kämpft gewinnt kein Spiel (zumindest nicht im Profifußball), sofern kein Plan vorliegt.

Der Club ließ die Einstellung oftmals vermissen, einen Plan hatte er gegen St. Pauli. Ein Versuch der Übersetzung: Der FCN wollte mit Schleusener und Dovedan die Innenverteidiger, mit Nürnberger und Möller Daehli die äußeren Abwehrmänner attackieren. Nach Ballgewinn sollte möglichst die Verlagerung auf die andere Seite gesucht werden – bestenfalls zu einem offensiven Spieler, um möglichst schnell vor das gegnerische Tor zu gelangen. Kontrollierte der Club den Ball, unterstütze Handwerker die beiden Innenverteidiger, während sein Pendant auf rechts höher stand. Um dennoch auch auf dem linken Flügel Anspieloptionen zu schaffen, hielt sich Fabian Nürnberger etwas weiter außen als gewohnt auf.


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Keine neue Anordnung, an sich auch kein schlechter Ansatz. Warum es dennoch scheiterte? Das erklärte Robert Klauß nach seinen detaillierten taktischen Ausführungen, indem er fragte: "Wie haben wir es umgesetzt?" Jene Frage dürfte einfacher (sie liegt nach dem Auftritt natürlich nahe) zu beantworten, ihre Ursachen aber schwerer zu ergründen sein, als die Frage, warum der Matchplan nicht zu erkennen war.

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