Fahrbericht: Fiat 500C 1.0 GSE Hybrid

19.8.2020, 17:37 Uhr
Fahrbericht: Fiat 500C 1.0 GSE Hybrid

© Hersteller

Wie er aussieht: Die Augen weiten sich, die Münder spitzen sich. "Ach, ist der süüüüüß" (ja, fünfmal 'ü', mindestens) ist der Satz, den wir während unseres zweiwöchigen Beisammenseins mit dem Fiat 500C am häufigsten gehört haben. Und sie haben ja recht, die zumeist weiblichen Euphorisierten. Auch nach dreizehn Jahren wirkt das Retro-Design des 3,57 Meter kurzen Auto-Zwergs so nett und unverbraucht wie eh und je.

Den 500C als echtes Cabrio zu bezeichnen, wäre freilich zu viel der Ehre, frische Luft führt er sich nur über ein großes Rolldach zu. Begeisterung hat zumeist auch die lichte Sonderfarbe "Tau Grün" hervorgerufen, in die sich der 500 C Hybrid als "Launch Edition" kleidet. Apropos: Der prominente "Hybrid"-Schriftzug am Heck wird in der Begeisterung der Betrachter(innen) meist übersehen, dabei weist er auf die entscheidende Neuerung an dem kleinen Italiener hin.   

Wie er eingerichtet ist: Innerlich gibt sich der 500C so sympathisch wie äußerlich. Die Kunststoff-Verblendung des Armaturenträgers passt zur Außenfarbe, ein TFT-Display liefert in den höheren Ausstattungsvarianten hybridrelevante Informationen über die Energieflüsse, die Energierückgewinnung sowie den Ladezustand und die Leistung der Batterie. Der mittig auf dem Armaturenträger platzierte 7-Zoll-Touchscreen beherbergt das "Uconnect"-Radio mit Apple Carplay- und Android-Auto-Anschluss sowie das Navi (günstige 390 Euro).

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Serienmäßig besteht die Inneneinrichtung der Launch-Edition teilweise aus dem sogenannten "Seaqual"-Garn, das nach Herstellerangaben aus recyceltem und aus dem Meer gefischten Plastik gewonnen wird. Musikalische Unterstützung stellte in unserem Testwagen das 440 Watt starke Beats-Audiosystem mit sechs Lautsprechern und 8-Kanal-Verstärker (575 Euro) bereit.

Das Stoffdach lässt sich elektrisch in mehreren Stufen zurückfahren. Hat es sich komplett im Heck zusammengefaltet, blockiert es die Sicht nach hinten allerdings vollständig. Eine unerlässliche Anschaffung ist daher das City-Paket (439 Euro), das neben Licht- und Regensensor rückwärtige Parksensoren umfasst. Eine Rückfahrkamera gibt es nicht. Wir sind beim Rangieren dazu übergegangen, das Verdeck immer ein Stück weit zu schließen, um das Geschehen hinter dem 500C durch die Heckscheibe im Auge behalten zu können. Alles andere wäre Blindflug.

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Wie viel Platz er hat: Wer hier zu meckern anfängt, muss sich fragen lassen, was er erwartet hat. Der Fiat 500 ist ein Kleinstwagen, entsprechend knapp geht es im zweisitzigen Fond zu und entsprechend winzig fällt der Kofferraum aus. Immerhin: Mit 185 bis 550 Litern unterscheidet sich das Fassungsvermögen nicht von dem der geschlossenen Version, das gilt auch für den Hybriden. Die Rücksitzlehne lässt sich im Verhältnis 50:50 umklappen. Befindet sich der 500C im Cabrio-Modus, fährt das Rolldach beim Öffnen der Heckklappe automatisch so weit hoch, dass ungehinderter Zugang möglich wird.

Was ihn antreibt: Der 500C Hybrid nutzt einen 51 kW/70 PS starken und 77 Kilo leichtgewichtigen Einliter-Dreizylinder-Saugbenziner, an den ein Riemenstarter-Generator (RSG) mit 3,6 kW (knapp 5 PS) gekoppelt ist. Der RSG arbeitet im 12-Volt-Bordnetz und unterstützt den Verbrenner beim Anfahren und Beschleunigen. Die hierfür erforderliche Energie liefert eine Lithium-Ionen-Batterie mit 11 Amperestunden Kapazität, die platzsparend unter der Rückbank sitzt. Nahrung bekommt die Batterie wiederum vom RSG, der sie mit der beim Rekuperieren zurückgewonnen Energie speist.  

Daneben stellt sich der RSG auch in den Dienst der Verbrauchsökonomie, indem er das "Segeln" ermöglicht. Das sieht so aus, dass der Fahrer beim Ausrollen unter 30 km/h via Display den Hinweis erhält, den Leerlauf einzulegen. Der Motor wird dann abgeschaltet, das kleine Cabrio bewegt sich somit emissionsfrei. Auch im Stand bleibt der Verbrenner im Pause-Modus. Geht es ans Anfahren, schaltet er sich unmittelbar und schön sanft wieder zu, der RSG wird in der Start-Stopp-Automatik somit als Startermotor tätig.

Fahrbericht: Fiat 500C 1.0 GSE Hybrid

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Rein elektrisches Fahren ist nicht möglich. Dies wird erst der rein elektrische 500/500C Electric leisten, der noch in diesem Jahr an den Start gehen soll.

Wie er sich fährt: Akustisch befleißigt sich das kleine Motörchen des typisch kernigen Dreizylinder-Sounds. Das hört sich emsig und arbeitsam an, und in der Stadt vermittelt der 500C Hybrid tatsächlich niemals das Gefühl, in irgendeiner Form untermotorisiert zu sein, was auch an der beim Anfahren gewährten Unterstützung des RSG liegt.

Anders sieht die Sache über Land und vor allem auf der Autobahn aus, wo die Einliter-Maschine mit ihren bescheidenen 92 Newtonmetern Drehmoment, das erst bei 3500 Touren anliegt, doch an ihre Grenzen gelangt. So manche sanfte Steigung haben wir auf unseren täglichen Wegen vorher nie so richtig wahrgenommen, im 500 C Hybrid ist sie uns nicht entgangen. Oft muss Zurückschalten sein, was aber zumindest hinsichtlich der knackigen Gangwechsel keinen Verdruss erzeugt.

Gut gefallen hat uns die Lenkung, die sich zum Zwecke der besseren Manövrierbarkeit auf einen extra leichtgängigen City-Modus umstellen lässt.

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Keine Wunderdinge sollte man vom Fahrkomfort erwarten, die halboffene Karosseriestruktur und den ultrakurzen Radstand spürten wir auf jeder Bodenwelle. Andererseits führen eben der Mini-Radstand und der vergleichsweise tiefe Schwerpunkt des Hybridmodells dazu, dass der luftige Italiener recht wendig und agil durch den Stadtverkehr kurvt. Moderne Assistenzsysteme sucht man in der Aufpreisliste vergeblich, der Cinquecento ist eben doch nicht mehr der Jüngste.

Wir hatten das Glück, den 500C durch sonnige Hochsommertage pilotieren zu können, an denen sich das Rolldach-Konstrukt als wunderbar natürliche Klimaanlage bewährte. Unschön laut ist es niemals im Cockpit geworden, selbst auf der Autobahn mischte sich das Konzert der Grillen hörbar unter den Sound der Audioanlage. Wird das Stoffdach nur auf Schiebedach-Maß zurückgefahren, ergibt sich allerdings ein störendes Wummern. Ein Windschott kostet 146 Euro extra.      

Was er verbraucht: Mit dem 51 kW/69 PS starken 1,2-l-Vierzylinder, der für den Fiat 500/C nach wie vor zur Verfügung steht, haben wir aufgrund des verhältnismäßig hohen Spritbedarfs gehadert. Der neue Mildhybrid (MHEV) macht seine Sache besser. Den Normwert von 4,1 l/100 km haben wir – 3,9 l/100 km – tatsächlich unterboten, aber nur bei überwiegend innerstädtischer Fahrt und konzentrierter Fokussierung auf die Möglichkeiten des MHEV samt Segelfunktion. Im Schnitt erreichten wir 4,5 l/100 km, auch das kein schlechter Wert. Auf der Autobahn und auf der Landstraße, wenn der Motor häufig durch Zurückschalten wachgekitzelt werden muss, sind allerdings Werte um 6,5 l einzukalkulieren.

Der Mildhybrid-System beschert dem 500C die Schadstoffnorm Euro 6d.

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Was er bietet: Fiat bietet den 500C Hybrid ab dem zweiten Ausstattungslevel "Lounge" an. Mitgeliefert werden dann unter anderem das Uconnect-Radio mit Touchscreen, Bluetooth-Freisprechen, USB und DAB+, das Smartphone-Mirroring-System, Aluräder, Tempomat, Klimaanlage und die geteilt umklappbare Rücksitzbank. Die Launch-Edition bietet die erwähnte Seaqual-Innenausstattung. Optional lassen sich beispielsweise Bi-Xenon-Scheinwerfer (965 Euro) und Klimaautomatik (380 Euro) hinzubuchen.

Was er kostet: Ab 18.219 Euro, als Launch-Edition ab 20.168 Euro.  Unser "Launch"-Testwagen kam mit Sonderlackierung in Tau-Grün, Bi-Xenon-Scheinwerfern, Klimaautomatik, City-Paket, Uconnect-Navi und Beats-Audiosystem auf stattliche 23.492 Euro.

Was wir meinen: Mehr automobiler Charme, als ihn der Fiat 500C vermittelt, geht kaum. Der sympathische Retro-Auftritt lässt Schwächen wie die bei geöffnetem Verdeck nicht mehr existente Sicht nach hinten und den wenig temperamentvollen Antrieb als verzeihlich erscheinen. Das Mildhybridsystem sorgt für spürbar verbesserte Effizienz. Spätestens bei Nennung des nicht unerheblichen Preises verspürt so mancher beim verzückten "süüüüüß" allerdings einen bitteren Beigeschmack.

Ulla Ellmer

 

Die Daten des Fiat 500C 1.0 GSE Hybrid

Hubraum 999 ccm, Zylinder 3, Leistung 51 kW/70 PS bei 6000/min, max. Drehmoment 92 Nm bei 3500/min, Spitze 167 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 13,8 sec, Normverbrauch NEFZ innerorts 4,9, außerorts 3,6, kombiniert 4,1 l S pro 100 km, Testverbrauch 4,5 l S/100 km, CO2-Emission 93 g/km, Schadstoffklasse Euro 6d, Energie-Effizienzklasse A, Länge 3,57 m, Breite 1,63 m ohne, 1,89 m mit Außenspiegeln, Höhe 1,49 m, Kofferraum 185 bis 550 l, Kraftstoff-Tank 35 l, Leergewicht 1055 kg, zulässiges Gesamtgewicht 1360 kg, Zuladung 305 kg. Manuelles Sechsgang-Getriebe, Frontantrieb. Versicherungs-Typklassen 14 (KH), 15 (TK), 13 (VK). Preis ab 18.219 Euro.