Fahrbericht: Opel Grandland X Hybrid4

22.7.2020, 21:41 Uhr
Fahrbericht: Opel Grandland X Hybrid4

© Hersteller

Wie er aussieht: Der Grandland X ist eine erfreuliche Erscheinung. Mit 4,48 Metern Länge sortiert er sich ins populäre Marktsegment der Kompakt-SUVs ein, eng ist die Verwandtschaft mit dem französischen Bruder aus dem PSA-Konzern, dem Peugeot 3008. Wer (teil-)elektrisch fährt, möchte solch ökologisches Kaufverhalten häufig nicht nur übers E-Kennzeichen kommunizieren. Muss er im Falle des Grandland X Hybrid auch nicht, denn Opel spendiert ihm als Alleinstellungsmerkmal optional eine schwarz lackierte Motorhaube und serienmäßig spezielle 19-Zoll-Leichtmetallräder in Bicolor-Optik.

Wie er eingerichtet ist: Der Grandland X verstört oder verschreckt nicht mit einem auf die Spitze getriebenen Digitalismus, sondern behält bei aller Moderne noch ein gesundes Maß an konservativen Umgangsformen bei. Der Armaturenträger wirkt aufgeräumt, das Instrumentarium erweist sich als übersichtlich angeordnet, die Menüführung des Infotainments ist rasch auch für diejenigen zu durchschauen, die noch nicht schon im Krabbelalter mit dem Tablet zugange waren.

Über den Acht-Zoll-Touchscreen in der Mittelkonsole lassen sich auch die wichtigsten Daten hinsichtlich des elektrischen Fahrens abrufen, der Energiefluss beispielsweise, der Konsum an Strom (und Sprit) in Form einer Verbrauchsstatistik, zudem ist hier die Ladezeit vorzuprogrammieren. Das Navi sagt, wo sich Ladestationen befinden, per Blick auf das mittig zwischen zwei runden Analoginstrumenten platzierte Display hinterm Lenkrad weiß der E-Mobilist stets, wie weit ihn die Akkuladung noch trägt.

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Immer eine Empfehlung wert ist Opels rückenfreundlicher AGR-Sitz, im Hybrid-Grandland X ist er fahrerseitig serienmäßig. Die Materialanmutung fällt nicht premium á la Audi oder Mercedes aus, entspricht aber solidem Standard.

Wie viel Platz er hat: Reichlich. Auch die Fondpassagiere kauern nicht Knie an Knie, der Dachhimmel ist fern, und das Gepäckabteil büßt im Vergleich zum konventionell angetriebenen Grandland zwar 124 Liter ein, bleibt mit 390 bis 1528 Litern Fassungsvermögen aber großzügiger ausgeformt, als es die Papierform vermuten lässt. Praktisch: Die Rückbank ist vom Kofferraum aus umklappbar. Und unter dem hochklappbaren Ladeboden findet sich eine Wanne, in der beispielsweise das Ladekabel untergebracht werden kann.

Zur umfangreichen Serienausstattung des PHEV-Grandland gehört auch eine sensorgesteuerte elektrische Heckklappe, unsere zunehmend ungeduldigen Fußkicks und –wischer blieben allerdings mitunter folgenlos.

Im Unterschied zu vielen reinen Elektroautos bietet der Grandland X PHEV den Vorteil, eine Anhängerkupplung zu installieren (678 Euro). Somit gibt es auch die erstrebenswerte Möglichkeit, dem Wagen einen Kupplungs-Fahrradträger aufzubürden.

Was ihn antreibt: Gleich drei Motoren. Das Trio besteht aus einem 1,6-l-Vierzylinder-Turbobenziner mit 147 kW/200 PS sowie zwei Elektro-Motoren. Einer sitzt vorne und leistet 81 kW/100 PS, der andere – mit 83 kW/113 PS – ist zusammen mit dem Differenzial in die Hinterachse integriert und auch für den elektrischen Allradantrieb zuständig. Insgesamt ergibt sich eine mehr als üppige Systemleistung von 221 kW/300 PS. Absolut überzeugen konnte uns die fabelhafte Achtgang-Automatik.

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Wie weit er elektrisch kommt: Die WLTP-Norm zitiert Opel mit 59 Kilometern. Ob das in der Praxis machbar ist, hängt – wie beim reinen E-Auto – von der Fahrweise und vom Streckenprofil ab. Wir wollten es genau wissen, hielten uns beim Tempo stark zurück und rekuperierten (dazu später mehr) eifrig, was dann tatsächlich mit 60 Kilometern elektrischen Potenzials belohnt wurde. Knapp 50 Kilometer sind aber allemal möglich. Den meisten Pendlern dürfte das reichen.  

Wie er lädt: Der Grandland X Hybrid4 besitzt zwei "Tankklappen", eine – rechts – für den Sprit, hinter der linken sitzt wiederum der Anschluss, über den der Lithium-Ionen-Akku (13,2 kWh) geladen wird. Wir haben zumeist über das serienmäßig mitgelieferte Mode-2-Kabel aus der Haushaltssteckdose Strom gezapft, das dauert bis zur vollen Ladung rund siebeneinhalb Stunden, ist also über Nacht oder einen Arbeitstag hinweg machbar.

Alternativ zum obligatorischen 3,7-kW-Onboard-Lader bietet Opel einen 7,4-kW-Lader (487 Euro) und ein Mode-3-Ladekabel (243 Euro) für Wallboxen oder öffentliche Ladestationen an, damit reduziert sich das Prozedere im besten Fall auf zwei Stunden. Warum im besten Fall? Weil der Grandland normalerweise nur einphasig laden kann. Das heißt: Er bezieht Strom aus lediglich einer von drei Phasen. Aus einer 11-kW-Wallbox holt er sich somit 3,66 kW; um die vollen Möglichkeiten des 7,4-kW-Laders auszuschöpfen, benötigt er eine 22-kW-Station (22 geteilt durch 3 ergibt 7,33 kW).

Verbessern lässt sich die Ladekompetenz durch den optionalen Universal-Charger (22 kW, dreiphasig), der zu 702 Euro in der Preisliste steht.

Energie-Rückgewinnung ist zudem auch während der Fahrt möglich. Dazu wird der Automatik-Wählhebel (der eigentlich eher ein Joystick ist) in den rekuperationsintensiveren B-Modus gerastet. Er macht sich vor allem auf Bergabstrecken oder beim Zurollen auf Ampeln bezahlt, indem er den Grandland X sanft abbremst, ohne ihn gleich unmittelbar zum Stillstand zu bringen.

Wie er sich fährt: Sehr angenehm. Das liegt vor allem daran, dass das Plug-in-SUV ein hohes Maß an Fahrkomfort bereitstellt. Butterweich geht es über Störstellen im Asphalt hinweg, ohne dabei in irgendeiner Form schwammig zu wirken. Gepaart mit dem überaus kraftvollen Hybridantrieb und der nachdrücklichen elektrischen Unterstützung für den Verbrenner ergibt sich der Eindruck ruhigen und dabei relaxt mühelosen Vorankommens.

Über einen Wippschalter auf der Mittelkonsole lassen sich insgesamt vier Fahrmodi einschalten. Für die Stadt haben wir stets das lautlose und lokal emissionsfreie Fahren im "Electric"-Programm gewählt. Der "Hybrid"-Modus wählt automatisch die effizienteste Art des Vortriebs, "Sport" bündelt grundsätzlich die Antriebskräfte von Verbrenner und E-Maschine, "AWD" generiert Traktionsgewinn via Allrad. Via Touchscreen lässt sich zudem die "e-Save"-Funktion aktivieren, mit der die elektrischen Reserven aufgespart werden können, beispielsweise wenn am Ende der Fahrt eine Umweltzone wartet.

In 6,1 Sekunden erreicht der Grandland X Hybrid4 aus dem Stand das Landstraßentempo von 100 km/h, auf der Autobahn schafft er maximal 235 km/h, rein elektrisch sind 135 km/h möglich – freilich nicht sehr lange, denn unter solcher Leistungsanforderung schmilzt die Reichweite gefühlt im Sekundentakt dahin.

Fahrbericht: Opel Grandland X Hybrid4

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Was er verbraucht: Opel spricht von 1,4 Litern Normverbrauch (WLTP), davon kann in der Praxis freilich keine Rede sein. Unser Spar-Rekord belief sich auf 2,2 l/100 km, im Schnitt ergaben sich auf unserer Verbrauchsrunde - gefahren im Hybridmodus und mit nahezu gleich gewichteten Anteilen von Stadt-, Überland- und Autobahnstrecken - 3,2 l/100 km. Als die elektrischen Reserven aufgebraucht waren, kamen wir bei gezügelter Fahrweise auf 5,4 l/100 km. Wenn man ohne Akku-Unterstützung flott über die Autobahn strebt, ist allerdings mit einer Neun, wenn nicht mit einer Zehn vor dem Komma zu rechnen. Das ist auch deshalb ungünstig, weil der Kraftstoff-Tank nur 43 statt, wie beim konventionell angetriebenen Grandland-X, 53 Liter fasst und insofern verhältnismäßig oft nachgetankt werden muss.

Es ist halt so eine Sache mit den Plug-in-Hybriden: Weil sie sowohl das Equipment für elektrisches wie auch das für spritgespeistes Fahren mit sich schleppen, sind sie verhältnismäßig schwer, der PHEV-Grandland beispielsweise wiegt 1875 Kilogramm. Das führt dann dazu, dass PHEVs meist mehr Strom verbrauchen als ein Elektroauto pur, aber auch mehr Kraftstoff als ein herkömmlicher Benziner oder gar Diesel.   

Was er bietet: Die Liste der Serienausstattung ist lang. Dazu gehören unter anderem Zwei-Zonen-Klimaautomatik, der ergonomische AGR-Fahrersitz, Sitzheizung, ein schlüsselloses Schließ- und Startsystem, die sensorgesteuerte Heckklappe, 19-Zoll-Aluräder, ferner Frontkollisionswarner mit automatischer Gefahrenbremsung und Fußgängererkennung, Spurhalte-Assistent, Müdigkeitserkennung, Verkehrsschilderkennung, Parkpilot vorn und hinten sowie das Navi-Infotainment 5.0 IntelliLink.

Was er kostet: Ab 49.875 Euro („Innovation“). Abzüglich der bis Ende 2021 geltenden Innovationsprämie des Bundes und des Brutto-Herstellerzuschusses ergeben sich nach unserer Rechnung rund 43.950 Euro. Eine preiswertere Alternative ist der frontgetriebene Grandland X Hybrid mit 165 kW/224 PS Systemleistung und 57 Kilometern E-Reichweite, der als Business Edition ab 42.345 Euro kostet und die volle Innovationsprämie für Plug-in-Hybride erhält, unterm Strich kommt der Kunde hier auf 35.235 Euro. Dienstwagenfahrer profitieren zudem steuerlich von der günstigen 0,5-Prozent-Regelung hinsichtlich des geldwerten Vorteils bei privater Nutzung.

Was wir meinen: Der Opel Grandland x Hybrid4 hat uns mit großzügigem Platzangebot, üppiger Kraft, einem hohen Maß an Fahrkomfort und einer pendlertauglichen elektrischen Reichweite überzeugt. Wie alle Plug-in-Hybride lohnt er sich weniger für den Langstreckenfahrer als für denjenigen, der häufig Kurzstrecken zurücklegt und zuhause sowie eventuell auch am Arbeitsplatz eine Lademöglichkeit vorfindet. Ein Schnäppchen ist das teilelektrifizierte SUV trotz seiner guten Ausstattung nicht.

Ulla Ellmer 

 

Die Daten des Opel Grandland X Hybrid4

Verbrennungsmotor: Hubraum 1598 ccm, Zylinder 4, Leistung 147 kW/200 PS bei 6000/min, max. Drehmoment 300 Nm bei 3000/min. Elektromotoren: Leistung  81 kW/110 PS (vorne), 83 kW/113 PS (hinten), Drehmoment 320 Nm (vorne), 166 Nm (hinten). Systemleistung 221 kW/300 PS, Systemdrehmoment 520 Nm.  Spitze 235 km/h, elektrisch 135 km/h, Beschleunigung 0 auf 100 km/h in 6,1 sec, Normverbrauch 1,4 – 1,3 l S/100 km, 15,9 – 15,3 kWh Strom/100 km. Testverbrauch 3,2 l/100 km, CO2-Emission 32 - 29 g/km. Elektrische Reichweite WLTP 59 km. Schadstoffklasse Euro 6d, Energie-Effizienzklasse A+. Länge 4,48 m, Breite ohne ohne Außenspiegel 1,86 m, mit Außenspiegeln 2,10 m, Höhe 1,61 m, Kofferraum 390 - 1528 l, Kraftstoff-Tank 43 l, Leergewicht 1875 kg, zulässiges Gesamtgewicht 2350 kg, Zuladung 475 kg, Anhängelast 1250 kg (gebremst), 600 kg (ungebremst).