Reden lernt man durch Reden

30.11.2012, 11:00 Uhr

Muss es immer nach Paragraphen gehen oder ist manchmal statt einem Urteil eine außergerichtliche Streitbeilegung sinnvoll? Dieser Frage widmeten sich Rechtsreferendarin Kristina Lehner und Jura-Student Michael Roth. Plausible Argumente für Güteverfahren aller Art fanden beide.

Das Schlichten spare Geld, Zeit und Nerven und lasse die Beteiligten häufig zufriedener werden – weil die Streitparteien beim Schlichter an der Lösung ihrer Rechtsprobleme mitwirken können. Kristina Lehner: „Der Gang zum Schlichter lohnt. Ein Richter spricht nur Recht, die Wünsche und Zukunftspläne der Beteiligten kann er nicht berücksichtigen.“

Jennifer Hertlein (siehe Extra–Senf) erörterte, wie gläsern der Bürger im Namen der Verbrechensbekämpfung werden darf. Sie erinnerte an die Entführung des kleinen Mirco aus Grefrath und an das Buch des Chefermittlers über den Fall.

Die Fahnder kamen dem Entführer durch dessen Handy auf die Spur; ein Erfolg, der sich auf die Diskussion um die Vorratsdatenspeicherung auswirken dürfte. Doch die Studentin warnte: Wir alle besitzen Handys, unsere Bewegungsprofile, unser Wohnort, unser Arbeitsplatz, Arztbesuche und Krankheiten – all das könne längst analysiert werden.

Und sie erinnert daran, dass jüngst Meldeämter die Daten ihrer Bürger an Adresshändler verkauften. Ihr Fazit unterstreicht sie mit einem Zitat von Benjamin Franklin: „Wer die Freiheit aufgibt, um Sicherheit zu gewinnen, wird am Ende beides verlieren.“

Urkunden für Bewerbungen

Das Thema Datenschutz beschäftigte auch die Studenten Lana Baron und Johannes Rümpker: Beide beschrieben Kameras in Bahnhöfen und Parkhäusern, wiesen darauf hin, dass auch harmlose Passanten von deren Linsen erfasst werden.

Doch es seien dieselben Bürger, die nach Sicherheit verlangen und froh sind, wenn U-Bahn-Schläger aufgrund dieser Aufzeichnungen überführt werden. „Die Kriminalität darf sich nicht unter dem Deckmantel des Datenschutzes verstecken“, sagte Rümpker.

Auch Rechtsreferendar Benedikt Bachmann bezog sich auf Benjamin Franklin. Doch Sicherheit und Freiheit will er nicht gegensätzlich, sondern ausbalanciert verstehen – denn ohne Sicherheit sei Freiheit nicht drin. Der Redner begann mit der Staatstheorie des Thomas Hobbes — einem Naturzustand, in dem die Menschheit frei von Vorschriften, Moral, Tradition und Gesetz lebt. Der Haken dabei: Frei von Gesetzen sind auch die anderen. So landete Bachmann bei Immanuel Kant und dessen Handlungsanweisung: „Erst wenn wir uns alle unter den Schutz des kategorischen Imperativ („Handle so, dass die Maxime deines Willens jederzeit zugleich als Prinzip einer allgemeinen Gesetzgebung gelten könnte.“) begeben, dann sind wir sicher.“

Am Ende fiel der Jury - bestehend aus Jura-Professor Jürgen Stamm, Generalstaatsanwalt a. D. Heinz Stöckel, Rechtsanwalt Uwe Wirsching, Peter Küspert, dem Präsidenten des Oberlandesgerichts, und der Gerichtsreporterin dieser Zeitung — die Kür eines Siegers schwer. Letztlich wurde es Benedikt Bachmann.

Doch für alle Kandidaten sei allein die Teilnahme am Wettstreit ein Gewinn, meint Holger Zebisch. Der Anwalt, der in der Erlanger Kanzlei Bissel und Partner tätig ist, muss es wissen: Er trug beim 1. Rednerwettbewerb den Sieg davon. Heute sitzt er im Zuschauerraum, doch er weiß noch genau, wie stark sein Herz damals vor Aufregung schlug.

Veranstaltet wurde der Wettbewerb vom Alumni-Verein der Juristischen Fakultät der Universität Erlangen-Nürnberg, die Vorsitzende und Rechtsanwältin Susanne Koller überreichte wieder allen Rednerinnen und Rednern attraktive Preise. Und: Am Ende wird allen – zu Recht – das Talent zum Reden attestiert. Die Urkunden werden die Bewerbungsmappen zieren.

 

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