Toiletten ausgerissen, mit Gullydeckeln geworfen

Ausschreitungen bei Dresden-Spiel in Bayreuth: Polizei verkündet Ermittlungs-Ergebnisse

sde

14.9.2023, 17:05 Uhr
Polizisten wurden mit Flaschen, Bierkästen und Gullydeckeln beworfen.

© Polizei Polizisten wurden mit Flaschen, Bierkästen und Gullydeckeln beworfen.

Mit Gullydeckeln, Flaschen und Bierkästen bewarfen Dresdner Fans die Polizisten. Es war einer der Tiefpunkte an einem eigentlich normalen Drittligaspieltag, der letztlich nicht wegen des 1:1-Remis, sondern wegen der desaströsen Ausschreitungen auf den Rängen und im Stadionumfeld in Erinnerung bleiben sollte.

Aber von vorne: Unmittelbarer nach ihrer Ankunft am Bayreuther Bahnhof traten die Anhänger von Dynamo Dresden hochaggressiv auf. Als sie gemeinsam zum Stadion marschierten, attackierten sie zum Beispiel einen Fotoreporter, der sich nach ihrer Ansicht zu nah an die Gruppe herangewagt hatte: Die Fans drängten den Journalisten zunächst zur Seite, zogen ihn dann in die Menge und zerstörten mit mehreren Fußtritten die Fotoapparate. Der Angriff war letztlich nur ein Vorzeichen für die Eskalation, die später im Stadion stattfinden sollte.

Kurz nachdem der Schiedsrichter die zweite Hälfte der Partie angepfiffen hatte, kam es zu Unstimmigkeiten unter den Dresdner Anhängern im Bereich zwischen der Heim- und der Gästetribüne. Als Polizisten einschritten, wurden sie laut der Pressemitteilung "hagelschauerartig" und minutenlang mit Flaschen, Bierkästen und Gullydeckeln von den Auswärtsfans beworfen, mit Tritten und Schlägen attackiert und "auf massive Art und Weise" beleidigt. Außerdem nutzten die Fans die Gunst der Stunde, plünderten einen Imbisswagen am Gästeblock und stahlen sowohl Getränke als auch Bargeld in vierstelliger Höhe.

Und damit nicht genug: Andere Fans rissen Waschbecken und Toilettenschüsseln von den Wänden und versuchten, ein Toilettenhäuschen in Brand zu setzen sowie die Stadionumzäunung zu durchbrechen. Letzteres konnte die Polizei gerade noch verhindern. Auf der Rückfahrt mit der Bahn demolierten die Randalierer zudem die gesamte Zugeinrichtung. Demzufolge standen am Ende des Tages haufenweise Straftaten zu Buche – von Handyraub und Hitlergruß über Körperverletzung und Beleidigungen bis hin zu tätlichen Angriffen auf Polizisten.

Szenekundige Beamte, Auswärtsspiele und Super-Recognizer

Insgesamt wurden 108 Ermittlungsverfahren eingeleitet, wovon sich 95 auf die Randale während des Spiels bezogen. Die Kriminalpolizei Bayreuth richtete die Ermittlungskommission Stadion ein. Die sechs Ermittler sahen sich mit einer anspruchsvollen Challenge konfrontiert, schließlich agierten die Straftäter aus einer Masse heraus und waren zudem vermummt. Unterstützung lieferten szenekundige Beamte aus Dresden, die Polizeiinspektion Bayreuth-Stadt sowie die Bereitschaftspolizei Nürnberg, das Landeskriminalamt und die Bundespolizei.

Um den Tätern auf die Spur zu kommen, analysierten die Ermittler unter anderem Fotos und Videos von den Ereignissen, die Stadionbesucher über ein Medien-Upload-Portal zur Verfügung stellen konnten. Außerdem begleiteten die Beamten weitere Auswärtsspiele von Dynamo Dresden. Zur Identifizierung der Randalierer operierte die Polizei einerseits mit elektronischer Gesichtserkennung und andererseits mit Super-Recognizern vom Polizeipräsidium München. Diese haben die seltene Gabe, sich Gesichter und Bewegungen überdurchschnittlich gut merken zu können und beispielsweise auf Videoaufnahmen von großen Menschenmassen einzelnen Personen zu erkennen – selbst wenn sie diese nur ein einziges Mal zuvor gesehen haben.

Ergebnisse der Ermittlungen

Die Strategie scheint zu funktionieren: Bislang konnte die Einsatzkommission die Namen von 43 Tatverdächtigen ermitteln. Die Staatsanwaltschaft brachte erste Verfahren zum Abschluss und erwirkte zum Beispiel einen Haftbefehl gegen einen vorbestraften 30-Jährigen, der Polizeibeamte angegriffen und gefährlich verletzt hatte. Gegen weitere Verdächtige wurde Anklage erhoben.

Ein Dresden-Fan wurde bereits verurteilt: Weil er am Bahnhof den Beamten den Mittelfinger gezeigt hatte, musste er nun eine saftige Geldstrafe in Höhe von 4.800 Euro blechen. Unter anderem für die sechs Personen, die rund um den Übergriff auf den Reporter identifiziert wurden, erwirkten die Ermittler Durchsuchungsbeschlüsse für deren Wohnungen. Eine weitere sensible Strafe: Über die Spielvereinigung Bayreuth sollen für identifizierte Straftäter von diesem Tag bundesweite Stadionverbote beim Deutschen Fußballbund verhängt werden.


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