Erlangen: Kritik für bienenunfreundliche Blumentürme

Sharon Chaffin

Redakteurin Erlanger Nachrichten

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20.6.2020, 10:30 Uhr
Erlangen: Kritik für bienenunfreundliche Blumentürme

© Edgar Pfrogner

Bianca Fuchs vom Landesbund für Vogelschutz (LBV) gehört zu den schärfsten Kritikern der Aktion. Der Anblick der Blumentürme habe sie ein wenig geschockt, sagt die Erlangerin. Für die hauptamtliche Mitarbeiterin der regionalen LBV-Geschäftsstelle in Nürnberg gehen Geranien in Zeiten von Insektensterben gar nicht, auch mit ihren Kollegen hat sie sich darüber schon unterhalten; in einigen Tagen wird der LBV das Thema bei einem Treffen von verschiedenen Umweltverbänden mit OB Florian Janik (SPD) auf die Agenda bringen. "Geranien sind keine bienenfreundlichen Pflanzen", meint Fuchs.

Gegen jede ökologische Vernunft

Klar erkennt die Forstingenieurin die (gut gemeinte) Intention hinter der städtischen Initiative. "Sie sind hübsch anzuschauen und blühen die ganze Saison über." Viele der bienenfreundlichen Blumen blühen kürzer, doch man könne verschiedene solcher Pflanzen nehmen, die dann zusammen auch über mehrere Monate hinweg blühen. "Auch unter diesen gibt es schöne, ökologisch besonders gut sind heimische".

Man müsse sich schon wundern, wenn nach dem erfolgreichen Volksbegehren "Artenschutz – Rettet die Bienen" die Stadt immer noch  auf Geranien zurückgreife – und damit gegen jede ökologische Vernunft verstoße, sagt die LBV-Mitarbeiterin. Auch in Erlangen waren im Februar 2019 zahlreiche Bürger ins Rathaus geströmt, um für mehr Artenschutz im Freistaat zu unterschreiben. Der LBV gehörte zu den vier Hauptinitiatoren des Begehrens, ebenso wie die ÖDP.

Kein Wunder, dass daher auch ÖDP-Stadtrat Joachim Jarosch die Angelegenheit — noch dazu in einer Stadt, die den Klimanotstand ausgerufen hat —, höchst skeptisch sieht. Voller Anerkennung schaut er nach Nürnberg. Schon im vergangenen Frühjahr, also wenige Monate nach dem Volksbegehren, habe die dortige Stadtverwaltung an den Rathäusern keine Geranien mehr angebracht, sondern durch insektenfreundliche Blumen ersetzt. "Das war ein Ausfluss des Volksbegehrens, warum können die das so schnell und Erlangen nicht?", fragt er rhetorisch.

Diese Frage könnte die Klimaliste womöglich in einer der nächsten Sitzungen an die Stadtratsratsmitglieder richten. Stadtrat Sebastian Hornschild kündigt das zumindest an. Seine Mitstreiter und er hatten vor einiger Zeit Kübel voller bienenfreundlicher Pflanzen im Zentrum aufgebaut, die dann aber den neuen städtischen weichen mussten. Laut Stadt sei für die Aktion im Vorfeld auch kein Antrag auf Sondernutzung gestellt.

Etwas über 16 000 Euro gibt die Stadt für 24 Blumentürme aus. Die Kritik an der Insektenunfreundlichkeit räumt die Pressestelle ein, doch seien die Pflanzen auch keine "Insektenfalle". Bei der Auswahl des Blumenschmucks sei an erster Stelle der Gedanke gestanden, dass die Bepflanzung "sofort und dauerhaft einen farbigen, blühenden Aspekt" darstellen soll. Es sollte, wie ein Programm zur Innenstadt-Belebung vorsieht, ein "Eye Catcher" sein.

Zudem bestünden die Pyramiden aus mehrjährigen Pflanzen, die nach der Saison nicht entsorgt, sondern überwintert werden und im nächsten Jahr wieder aufgestellt werden können. "Das", so heißt es, "ist deutlich nachhaltiger als andere Saisonbepflanzungen."

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