Wenn es brenzlig wird, gehen die Coolrider dazwischen

9.1.2014, 11:00 Uhr
Wenn es brenzlig wird, gehen die Coolrider dazwischen

© Scott Johnston

Seit elf Jahren gibt es mittlerweile die Coolrider. Nach den positiven Erfahrungen im Ballungsraum Nürnberg-Erlangen, wo das Pilotprojekt gestartet wurde, soll es nun sukzessive auf den Rest des Freistaats ausgedehnt werden. Von der siebten Klasse bis zum jeweiligen Abschluss werden Jugendliche von der Polizei, Lehrern, der Bahn und Busunternehmen geschult, damit der Schulweg sicherer wird. Das Motto der rund 3000 Coolrider: „Hinschauen statt wegschauen.“

Improvisieren zu können, gehört zum Job eines Polizisten. Also wurde am Eckentaler Gymnasium ein Schulbus flugs zum Zug umdekoriert. Schnell noch ein Podium herangetragen und ein weißer Streifen darauf geklebt – schon ist der Einstieg in einen Waggon simuliert.

Wütendes Gemaule

Groß auffordern, ein bisschen auf Rambo zum machen, muss Polizeihauptmeister Maik Kaiser die Gymnasiasten nicht. Ruckzuck ist der Einstieg blockiert. Die einen Schüler wollen ein-, die anderen aussteigen, nichts geht mehr. Ein paar Knuffe und wütendes Gemaule kommen hinzu. Wie im richtigen Leben eben.

Doch genau jetzt sind die Coolrider gefordert. Sie stellen sich vor, beruhigen und verweisen auf die Gefahren. Schließlich wird die weiße Linie am Bahnsteig nicht aus Jux und Tollerei gezogen. Vielmehr sollen sie Fahrgäste erst überschreiten, wenn der Zug angehalten hat.

Maik Kaiser, Präsidentenbeauftragter bei der Nürnberger Inspektion der Bundespolizei, beobachtet das Vorgehen genau; lobt, wenn schlüssig argumentiert wird, und gibt Tipps, was verbessert werden kann. Oft ist gerade bei jüngeren Schülern die Schüchternheit ein Problem: Selbstbewusst auf Gleichaltrige zuzugehen, ist nicht jedermanns Sache. Hilfreich ist es daher, sich Unterstützung von anderen Coolridern oder Fahrgästen zu holen. „Wenn ich einfach in die Runde spreche, verstecken sich die meisten hinter der Zeitung oder blicken weg“, hebt Kaiser hervor und empfiehlt eine gezielte Ansprache wie „Du da mit der grünen Jacke, steh mir mal bitte zur Seite!“ Handgreiflich werden sollen Coolrider nicht. Wird die Sache zu brenzlig, ist es besser, das Zug- oder Buspersonal zu verständigen. Über Handy lässt sich in schlimmen Fällen auch die Polizei alarmieren.

Im Klassenzimmer werden weitere Verhaltensweisen geübt. Mitschüler sitzen auf dem simulierten Bahnsteig, lassen die Füße lässig baumeln. Oft wird die Geschwindigkeit eines Zuges unterschätzt, wenn er in den Bahnhof einfährt. „Da kann schnell ein Bein ab sein. Und wenn der Lokführer eine Vollbremsung hinlegen muss, ist das für die Fahrgäste im Zug auch nicht gerade angenehm“, geben die herbeigeeilten Coolrider zu bedenken.

Notbremse nur im Notfall

Anschließend geht es doch noch zu einem richtigen Zug. Triebfahrzeugführer Florian Neuber erläutert am Eschenauer Bahnhof, was während der Fahrt mit der Gräfenbergbahn zu beachten ist. Bei Problemen können die Schüler jederzeit über die Gegensprechanlage mit ihm Kontakt aufnehmen. Die Notbremse sollte allerdings nur gezogen werden, wenn wirklich eine Notlage herrscht. Wer sie missbraucht, muss mit einer Strafe und Ausfallkosten rechnen.

Für Maik Kaiser ist die Ausbildung zum Coolrider auch ein Beitrag zur Entwicklung der Persönlichkeit. „Selbstbewusstsein und Teamfähigkeit werden gestärkt. Die Schüler lernen, auf andere zuzugehen sowie sich klar und mit Nachdruck auszudrücken.“ Leider zeigten nach den Erfahrungen der Polizei immer weniger Menschen Zivilcourage: „Sich für andere einzusetzen, ist jedoch einer der zentralen Bausteine unsere Gesellschaft.“ Coolrider ist man übrigens ein Leben lang. Der entsprechende Ausweis gilt auch im Erwachsenenalter. Kaiser: „Wenn in Zukunft wieder mehr Leute hin- statt wegschauen, haben wir unser Ziel erreicht. Niemand soll sich in Gefahr begeben, aber oft ist auf andere Weise Hilfe möglich.“

Weitere Hinweise gibt es im

Internet auf www.coolrider.de

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