Er schippt nicht: Nürnberger ärgern sich über Winterdienst
14.1.2017, 06:00 UhrHans Wehrer aus Eberhardshof ist stinksauer. Er hat im Oktober 516 Euro an die Firma bezahlt, damit bei Bedarf die Schneeräumer anrücken. . Doch Wehrer ging es wie unzähligen anderen Graf & Kittsteiner-Kunden: Niemand kam, niemand räumte. Vor 90 Häusern in Großreuth hinter der Veste blieb der Schnee ebenso liegen wie vor Reihenhäusern in Schweinau oder in Ziegelstein.
Das hat Gründe. Beim Arbeitsgericht Nürnberg liegen bereits zehn Klagen von Graf & Kittsteiner-Beschäftigten. Dabei gehe es um offene Lohnforderungen aus den letzten Monaten, heißt es bei Gericht. Viele Mitarbeiter haben wenig Lust, für null Lohn morgens die Schneefräse anzuwerfen. Sie beklagen außerdem einen rigiden Führungsstil. Seit Monaten herrsche Ausnahmezustand, sie würden erniedrigt, beleidigt, mit der fristlosen Kündigung bedroht und müssten um ihren Lohn betteln, so schildern sie es.
Geschäftsführer Kurt Burian war weder am Firmentelefon, noch per Mail oder an einem seiner Handys für eine Stellungnahme erreichbar. "Aufgrund von technischen Schwierigkeiten ist es momentan leider sehr schwer, uns zu erreichen", steht auf der Homepage. Außerdem sei der Krankenstand hoch. Kunden müssten "von langen Wartezeiten bei der Kontaktaufnahme" ausgehen.
Neben verärgerten Privatkunden hat auch die Stadt schlechte Erfahrungen gemacht. Die Firma habe vor den Schulen nicht wie vereinbart Schnee geräumt, berichtet Michael Kaiser vom Schulreferat. Versuche, mit Graf & Kittsteiner ins Gespräch zu kommen, seien gescheitert. Die Hausmeister anderer Häuser hätten einspringen müssen. Inzwischen stellt die kommunale NorisArbeit ein Räumkommando, das den Job übernimmt. Das noch ausstehende Salär für die Schweinauer Firma werde die Stadt entsprechend kürzen, so Kaiser.
Hilferufe der Angestellten
Aus unterschriebenen Protokollen und schriftlichen Hilferufen der Angestellten ("Wir dürfen keine Pausen mehr machen, überall sind Überwachungskameras") lässt sich herauslesen, wie Firmenchef Kurt Burian zu agieren scheint. So werden Beschäftigte - die meisten sind Migranten - offenbar in drei Kategorien eingeteilt: Wer als Emblem an der Firmenkleidung einen Smiley, einen Stern oder Wolf trägt, gehört unterschiedlichen Kasten an. Die einen, so listet es ein der Redaktion vorliegendes internes Dokument auf, bekommen Kaffee und Energiedrinks umsonst und dürfen Firmenwagen privat nutzen. Den anderen ist beispielsweise das Betreten des Chefbüros verboten.
Üblich soll es in dem Unternehmen sein, dass Chef Kurt Burian den Mitarbeitern das Gehalt kürzt, wenn sich Kunden über die geleistete Arbeit beschwert hätten. "Wir fordern das Einhalten des deutschen Arbeitsgesetzes sowie der Menschenrechte", schrieben 17 Unterzeichner am 30. November an die Firmenleitung. Doch nichts habe sich geändert. Auch im Menschenrechtsbüro der Stadt haben Kittsteiner & Graf-Beschäftigte schon vorgesprochen.
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