Fall 5 der Weihnachtsaktion
Job im Ausland: Böses Erwachen für einen Rentner
18.11.2021, 06:23 Uhr
Er hat viel zu erzählen. Das ist nicht weiter erstaunlich: Mit deutlich über 80 Jahren blickt Heinrich B. (Name geändert) auf ein bewegtes Leben zurück. Und er holt gerne aus, um mit erstaunlicher Frische viele Stationen Revue passieren zu lassen. Vor allem aber hat er sich eins bewahrt - den Lebensmut und den Willen, sich nicht unterkriegen zu lassen.
Dabei hatte der Nürnberger nicht nur die üblichen Höhen und Tiefen durchzustehen. Ausgerechnet im Alter musste und muss er mit einem Absturz in sehr bescheidene Verhältnisse klarkommen. Dass eine Sozialpädagogin beim Amt für Existenzsicherung die Aktion "Freude für alle" auf ihn aufmerksam machte, hat denn auch nicht nur mit Anteilnahme zu tun. Sein Schicksal ist zugleich ein warnendes Beispiel dafür, sich rechtzeitig um eine Absicherung im Ruhestand zu kümmern.
Hatte er einst in echtem Wohlstand gelebt, muss er sich heute mit einem Zimmer begnügen. Ein Bett, ein Schrank, eine Kommode, ein Tisch und eine Kochecke ist alles, was ihm, neben ein paar Fotoalben und Büchern, geblieben ist. Er kramt eine Aufnahme hervor, die schon etwas vergilbt ist und ihn mit einem Schild zeigt: "Ich bin ein Aussteiger - werkli". Das war damals ironisch gemeint. Denn da hatte sich der gelernte Dekorateur zwar entschieden, in der Heimat die Zelte abzubrechen, aber für gutes Geld. Ein Freund hatte ihm von den Arbeitsmöglichkeiten in den Golfstaaten vorgeschwärmt - und B. folgte seinem Lockruf.
Rentenkasse vernachlässigt
Mit seinen Erfahrungen im Bühnenbau organisierte er unter anderem große Veranstaltungen wie etwa Oktoberfeste in Hotels und heuerte als Architekturfotograf an - gebaut wurde in den Ländern ja genug, bis hin zu spektakulären Wolkenkratzern wie dem Burj Khalifa in Dubai. "Ich habe mich um alles gekümmert - bis auf eins: dass meine Arbeitgeber keinen Cent für mich in die deutsche Rentenkasse überwiesen", gibt er selbstkritisch zu.
Das böse Erwachen kam mit dem 65. Geburtstag: Die Rentenansprüche, die er früher in Deutschland erworben hatte, reichten hinten und vorne nicht zum Leben. Seiner Abenteuerlust folgend, zog es ihn nach Südostasien. Dort kam er, jetzt beinahe als echter Aussteiger, dank geringerer Lebenshaltungskosten ganz gut über die Runden - zumal er sich ein ordentliches Polster angespart hatte.
Erst vor drei Jahren entschloss er sich, vor allem aus gesundheitlichen Gründen, zur Rückkehr nach Nürnberg. Mehr als alles andere macht ihm nun ein Problem zu schaffen, das weder er noch andere so vorhersehen konnten: Seine frühere private Krankenversicherung hat ihn zwar, wie es gesetzlich vorgegeben ist, wieder aufgenommen, obwohl er inzwischen auf Grundsicherung angewiesen ist.
Leistungen übersteigen Budget
Aber bei den Behandlungen werden - manchmal sogar dreist und wider besseres Wissen - Leistungen erbracht, die vom "Basistarif" nicht abgedeckt sind. Die Mehrkosten müsste er sich buchstäblich vom Munde absparen. Mit dem Problem sieht sich Heinrich B. allein gelassen - dabei müssten die Ärzte und Kliniken vorab mit ihm besprechen, was möglich ist und was nicht. "Mit den juristischen Auseinandersetzungen um unberechtigte Forderungen sind dann gerade ältere Menschen oft heillos überfordert", sagt die betreuende Sozialpädagogin, die immer wieder mit solchen Fällen konfrontiert ist.
Die Spendenkonten von „Freude für alle“: Sparkasse Nürnberg: DE63 7605 0101 0001 1011 11; Sparkasse Erlangen: DE28 7635 00 00 0000 0639 99; Sparkasse Fürth: DE96 7625 0000 0000 2777 72; Postbank Nürnberg: DE83 7601 0085 0400 0948 54.
Gezielt und unbürokratisch: So hilft die Aktion "Freude für alle" des Verlags Nürnberger Presse (VNP) Menschen, die ins soziale Abseits und in Not geraten. Sie möchten spenden und sich an der Aktion beteiligen? Dann klicken Sie bitte hier. Alle Fälle der diesjährigen Weihnachtsaktion finden Sie unter diesem Link.