Verführerisches Kinoerlebnis

Lust auf Gruppensex? In "Die Nachbarn von oben" geht es vor allem verbal hoch her

2.6.2023, 05:58 Uhr
Folgen gerne der Einladung... und bringen Sekt und einen Vorschlag mit: Maximilian Simonischek als Salvi und Sarah Spale als Lisa sind "Die Nachbarn von oben".

© Wild Bunch Germany/dpa Folgen gerne der Einladung... und bringen Sekt und einen Vorschlag mit: Maximilian Simonischek als Salvi und Sarah Spale als Lisa sind "Die Nachbarn von oben".

Man würde bei diesen Themen eine andere Provenienz vermuten: Liebeskomödien aus Frankreich gibt es wie Sand am Meer; um Sex geht es in so mancher US-Komödie; auch der ein oder andere deutsche Streifen hat sich schon des Themas angenommen. "Die Nachbarn von oben" aber, diese prickelnde Paar-Komödie, sie kommt aus der Schweiz. In der Originalversion sprechen die vier Protagonisten Schwyzerdütsch; es gibt eine synchronisierte Variante in Hochdeutsch.

Es geht um zwei übereinander beziehungsweise untereinander wohnende Schweizer Großstadtpaare – nicht sehr wohlhabend und doch irgendwie bürgerlich. Es geht um allnächtlich nach unten zu Anna und Thomas (Ursina Lardi und Roeland Wiesnekker) schallende Sexgeräusche des jüngeren Paars Lisa und Salvi (Sarah Spale und Max Simonischek). Der geräuschstarke Geschlechtsverkehr lässt bei Anna und Thomas nicht nur regelmäßig manch Möbelstück wackeln. Er erschüttert die beiden auch hinsichtlich der eigenen Beziehung...

Vom Leben gelangweilt

Während Thomas, vormaliger Konzertpianist, heute Musiklehrer, auf Konfrontationskurs ist, setzt Anna auf Kommunikation: Sie lädt die Nachbarn zum Apéro ein; ein Treffen, auf das der vom Leben gelangweilte Thomas überhaupt keine Lust hat. Nach Small Talk eskaliert die Lage auch tatsächlich recht schnell, und bis zum Ende bleibt es spannend, ob die vier nicht doch irgendwann nackt übereinander herfallen.

Manches ist vorhersehbar in diesem Film; darunter auch die Figurenzeichnung: Hier die leicht verkrampfte Anna, dort die jüngere, deutlich lässigere Nachbarin. Da der durchtrainierte Feuerwehrmann; hier der in die Breite gegangene Familien-Papa, der sich am liebsten aufs Dach verkrümelt, hin zu seinem geliebten Teleskop.

Bis das Klavier brennt

Was diesen Film rettet, ist sein gut dosierter Humor. Nie nimmt er sich zu ernst. Unzählige Komödien gibt es, die das Paarleben ins Grotesk-Alberne befördern; manch deutschsprachige Arthouse-Produktion zum Thema Liebe verliert sich in allzu düsteren Tönen. Regisseurin Sabine Boss aber hält über 88 Minuten irgendwie die Balance – nimmt das durchaus ernste Thema (Was bleibt nach zwanzigjährigem Zusammensein? Gibt es noch gemeinsame Ziele?) wirklich ernst; ohne das Lustig-Groteske dieser bisweilen wie eine Versuchsanordnung aussehenden Paar-Konfrontation zu vergessen.

Dass der große kathartische Moment, den man zuweilen herbeisehnt, ausbleibt (einem brennenden Piano zum Trotz), mag man dem Film, je nach Vorliebe, als Schwäche oder Stärke auslegen. Bleibt der leicht lendenlahme Filmtitel, der dem Erfolg dieser sympathischen, wiewohl nicht gänzlich ausgegorenen, helvetischen Komödie kaum im Weg stehen sollte. (88 Min.)


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