Flammende Akzente und sanfte Poesie

3.8.2004, 00:00 Uhr
Flammende Akzente und sanfte Poesie

Die bietet erneut einen facettenreichen Blick auf das hochkarätige aktuelle Kunstschaffen der Region, präsentiert neue Arbeiten der renommierten Künstler neben vielen Werken junger Talente. Ebenfalls schon im Foyer setzen Hanns Herpichs „Rote Verflechtungen“ nicht nur flammende Farbakzente, sondern präsentieren auch einen Meister der Webkunst, der im Jahr seines 70. Geburtstages mit dem hochverdienten ersten Preis ausgezeichnet wird. Herpichs der konkreten Malerei verbundene Hohlgewebe bestechen durch ihren fein changierenden Farbklang, den er durch virtuose technische Raffinesse erzielt.

Kollers Abschiedswerk

Im Kunsthaus herrscht trotz der Fülle von rund 70 Arbeiten übersichtliche Ordnung. In einem der ersten Räume - dem stillsten, konzentriertesten Teil der Ausstellung mit ausschließlich schwarz-weißen und farblich sehr zurückhaltenden Werken - sind auch drei Blätter aus dem „Bäume“-Zyklus von Oskar Koller zu sehen. Mit größter Dringlichkeit hat der im Mai verstorbene Künstler in den letzten Wochen vor seinem Tod an dieser Serie gearbeitet, die man geradezu als Metapher für ein zu Ende gehendes Leben deuten kann: Schwarze, gekrümmte Baumstämme, deren Schattenwürfe nurmehr flüchtige Striche und Spritzer sind und deren Blätter als zarter Tuschenebel erscheinen.

Hat man sich einmal auf die sanfte Melancholie dieses Abschiedswerks eingelassen, dann scheinen plötzlich alle Arbeiten in diesem Raum damit zu korrespondieren: Holger Lassens Bronzekopf eines Mannes, Peter Kampehls Gemälde mit Frucht- und Samenformen, das auf den unendlichen Zyklus des Werdens und Vergehens verweist, die mit Gold und Silber überzogenen Sonnen- und Mondscheiben von Hubertus Heß und sogar Gerhard Rießbecks Blick auf eine unendlich weite Polarlandschaft. Der mit dem Sonderpreis des NN-Verlegers ausgezeichnete Künstler, dessen 2001 unternommene Reise in die Arktis tiefe Spuren in seinem Œuvre hinterlassen hat, zeigt im extremen Querformat ein Gebirgsmassiv zwischen tief gezogenem Wolkenhimmel und spiegelnd glatter Wasserfläche. Bei aller realistischen Anmutung ist das kein Abbild der Wirklichkeit, vielmehr wird hier die Erinnerung an eine grandiose Naturerfahrung beschworen.

Im Verlauf des weiteren Parcours’ trumpfen vor allem die Farbkünstler auf, darunter mit Katrin Buchzik und Gabriel Gruß zwei akribisch arbeitende Fotorealisten. Eine Entdeckung ist der 1972 in Kasachstan geborene Alexander Ivanovski, der die „Jagd“- Gelüste von Partygästen auf Beine und Hände einer Sofarunde reduziert. Der gebürtige Ungar Béla Faragó, der den dritten Preis erhält, zeigt sich in zwei blutroten, großen Kopfbildern gewohnt virtuos, expressiv und gesellschaftskritisch. Stoisch und feist präsentiert sich das eine Männerbildnis, im verzweifelten Aufschrei das andere. Doch auch der Schreiende weist sich durch seine Kleidung als gut situierter Mitläufer aus, Mitleid mag man mit ihm keines haben.

Von Kathrin Hausel sind zwei ungewöhnliche Teppichwerke zu sehen, die die Illusion einer heilen Kindheitswelt mit unerwarteter Verstümmelung konfrontieren. Gelbkünstler Fred Ziegler schichtete angespitzte Holzstäbe zu einer „Seabreeze“, in der Kompaktheit in schattenhafte Leichtigkeit übergeht. In Motiv und Bildsprache ganz japanisch zeigt sich diesmal Udo Kaller.

Botond hat aus Lkw-Planen wunderbar poetische Sinnbilder des Schlafes geschaffen. Eine große Collage und zwei Objekte zeigen ruhende Köpfe voll sanfter Anmut, doch wirken sie zugleich verletzt, bandagiert, als hätten sie nach großer Qual endlich Erlösung im Schlaf gefunden. Von der Verletzbarkeit des Menschen erzählen auch zwei Zeichnungen Franz Vornbergers. Menschliche Körper, in ihrer verrenkten Position kaum klar zu definieren, zeugen von brutaler Überwältigung, vom Ausgeliefertsein. Vornbergers große Kunst erweist sich stets darin, dass ihm mit sparsamsten Mitteln ein Maximum an Ausdruck gelingt.

Rätselhafte Chiffren

In Karin Blums Arbeit „Wintersonnenwende“ bleibt uneindeutig, wie sich die kleinen Menschenfiguren fühlen in ihren vielfältigen Begegnungen und Verknüpfungen mit Tier, Natur und allerlei Symbolzeichen. Eine 24-teilige Bildergeschichte voll rätselhafter Chiffren, die in ihrer fast kindhaften Bildsprache voller Witz steckt.

Gabriela Dauerer ist mit zwei großformatigen Ölgemälden vertreten, die ganz auf die Wirkung purer Farbstrukturen setzen. Als dichtes Gewebe vibrieren schwarz-rote Vernetzungen auf dem einen Bild, das andere überzieht ein dichter Schleier von feinen hellblauen Streifen, die wie Spuren der Verätzung den darunter liegenden vielfarbigen Hintergrund nurmehr durchschimmern lassen. Dauerer, die mit dem zweiten Preis ausgezeichnet wird, überzeugt hier einmal mehr als sehr eigenständige, souveräne Künstlerin. REGINA URBAN

Verwandte Themen