Getanzte Geschenke aus der ganzen Welt

1.12.2007, 00:00 Uhr
Getanzte Geschenke aus der ganzen Welt

© Langer

Zuvor hatte der facettenreiche Tanz-Marathon den Protagonisten auf der zurückhaltend-raffiniert ausgeleuchteten Bühne, aber auch den Zuschauern einiges an Aufmerksamkeit und Konzentration abverlangt. Immerhin zweieinhalb Stunden lang gaben 33 junge Tänzerinnen und Tänzer aus 22 Nationen Solo für Solo ein getanztes Gastgeschenk ab. Angereist waren sie auf Einladung der in Fürth lebenden Choreografin und Sängerin Jutta Czurda. Die hatte Choreografen aus aller Welt für ihr so aufwändiges wie einzigartiges Projekt gewonnen. Jeder ihrer ausgewählten Kollegen steuerte eine eigens choreografierte Miniatur bei und schickte damit einen Tänzer, eine Tänzerin nach Fürth.

Hintergrund des ambitionierten Crossover-Großprojekts, das nur fünf Mal aufgeführt wird, ist eine Fürther Tragödie - die Deportation und Ermordung von wahrscheinlich 33 Kindern aus einem jüdischen Waisenhaus am 22. März 1942. Mit ihrer Idee wollte Jutta Czurda diesen Kinder so etwas wie ein symbolisches Zuhause geben. Dass daraus keine Revue der Betroffenheits-Adressen wurde, sondern ein vielschichtiges Tanz-Ereignis, ist ein Verdienst der Gastgeberin.

Denn sie hat einerseits klug vermieden, die Angelegenheit in ein düsteres Requiem kippen zu lassen, andererseits ist es ihr gelungen aus den unterschiedlichen Miniaturen ein Ganzes zu formen- ohne bemüht zusammenzuzwingen, was nicht zusammengeht. Einer nach dem anderen präsentieren die jungen Künstler in ihren crèmefarbenen, aber individuellen Kostümen ihre getanzten Mitbringsel. Der Wechsel klappt naturgemäß nicht immer ohne Brüche.

Was nicht weiter störend ist. Denn die großartigen, sichtbar ins Bühnen-Geschehen eingebundenen Instrumentalisten um den Musikalischen Leiter Gregor Hübner weben ein tragfähiges Netz aus Klängen, das den getanzten Mosaiksteinchen den nötigen Halt gibt. Mal feinnervig flirrend und minimalistisch, mal jazzig, mal mit archaischer Power oder als Streichquartett mit Schubert untermalt die Band, darunter Norbert Nagel und Frank Möbus, die einzelnen Auftritte und spannt gleichzeitig einen stabilen, stimmigen Bogen. Nicht zu vergessen die fantastische finnische Sängerin Sanni Orasmaa, die mit großer Musikalität federleicht zwischen Jazz und Klezmer, Scat-Variationen und Klage-Singsang changiert.

Viel Zeit, um sich aufeinander einzupendeln, hatten die Akteure nicht, umso spannender, wenn in den besten Momenten ein spartenübergreifender Dialog zwischen Tänzern und Musikern gelingt. Daneben loten die jungen Gäste in ihren Soli die ganze Bandbreite zwischen Poesie, kindlicher Verspieltheit, Martial Arts und archaischem Ritual aus und spiegeln dabei selbstbewusst ihre jeweilige Kultur. Das kann mitunter sehr berührend sein, gegen Ende aber auch etwas ermüdend. Zumal sich manche Pose ähnelt und die interaktive Spannung, etwa die eines Pas de deux, naturgemäß ganz fehlt.

Das Ausgangsthema greifen die Tänzer vor allem im gelungenen (seltenen) Zusammenspiel auf, etwa im kollektiven stummen Schrei, der an die Bilder Edvard Munchs erinnert. Dass das Fundament des Projekts pure Lebensfreude ist, wird eindringlich am Ende vermittelt, wenn sich im munteren Reigen kindliche Ausgelassenheit raumgreifend Bahn bricht. Insgesamt ein künstlerischer Kraftakt, der sich gelohnt hat und dem man weitere Aufführungen wünscht. BIRGIT NÜCHTERLEIN

Restkarten nur noch für die Aufführung am 2. Dez., 15 Uhr. Kartentel.: 09 11/9 74 24 00.