Hinschauen! 15 Jahre Galerie Bernsteinzimmer

28.6.2012, 17:34 Uhr
Hinschauen! 15 Jahre Galerie Bernsteinzimmer

© Stefan Hippel

"Das Bärensteinzimmer“ sollte der urtümliche Kunstraum im Ufergemäuer an der Pegnitz ursprünglich heißen. 1997 war das. Doch die Geschichte entwickelte Eigendynamik: „Da der Auftrag für das Eingangsschild telefonisch erteilt wurde, änderte sich aufgrund der etwas unklaren Aussprache eines der Galeristen der Name in ,Das Bernsteinzimmer’“, blickt Mit-Galerist Anders Möhl zurück. Beziehungsweise nach vorn: Zum „völlig überraschenden“ Jubiläum des Kunstraums hat er sich mit seinen Galerie-Kollegen Fredder Wanoth und Birgit Nadrau nun eine Eigenpräsentation geschenkt.

Möhls Beitrag sieht so aus, dass er als alter Tausendsassa der Improvisation mit allen möglichen Mitteln der Kunst die Stile seiner Weggefährten abgekupfert hat: Als „Kopien, Beschimpfungen, Besserwissereien und Liebeserklärungen“ bezeichnet er die entstandene Wand voller Bilder, die etwa als Zeichnung seine Bernsteinzimmer-Kollegin Helga von Rauffer mit vier arbeitenden Händen zeigen.

Oder auf der die einstige MitGaleristin Christine Ackermann als Aktfoto inmitten von Bergkühen zu sehen ist, weil sie heute eine Alm in Tirol betreibt. Auf Kollege Wanoths Modellbau-Faible spielt Möhl wiederum an, indem er einen Sultan-Selim-der-Trunkenbold-Pagodenbau aus Kartons und Zimtstäbchen zeigt: Dem Gebäude liegt die Vorstellung zugrunde, die Türkei komme doch nicht in die EU und werde dafür von China eingeladen, vollständiges Mitglied der Volksrepublik zu sein.

Birgit Nadrau, die sich wiederholt als großartige Zeichnerin auf ungewöhnlichen Materialien wie Stichbildern in Alublech hervorgetan hat, überrascht installativ: Sie präsentiert gebrauchte Bowlingkugeln, deren fingerdicke Grifflöcher an die Schemata von Gesichtern erinnern. Diese hat sie auf eine fragile Mauer aus Kegeln gelegt, die in diesem Zusammenhang an die Gebeine eines freigelegten Massengrabes denken lassen. Melancholisch mutet auch die zweite Arbeit an, ein pinkfarbener Leuchtschriftzug über die „Unglaublichkeit“: „I can’t believe i can’t believe“ ist zu lesen.

Fredder Wanoth schließlich besticht mit „Lokal-Kolorit“ auf 42 Blättern seiner Farbzeichnungen von Biergartenarchitekturen als heimatliche Haine der Entschleunigung. Seine Lieblingsschankstelle an der Brauerei Pürner in Etzelwang ist auch dabei. Die Werke sind Teile von Wanoths Vision eines Bierkreuzzugs nach Pilsen mit etappengemäßen Kunstpräsentationen samt Gerstensaftkonsum. Titel seiner ikonografisch filigranen Garten-Anbetung: „In Erwartung der Unendlichkeit“.

Vernissage am Sonntag, 1. Juli, um 17 Uhr; Großweidenmühlstr. 11, Nbg.; bis 29. Juli, Sa./So. 15–19 Uhr.
 

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