Mit Leih-Kunst das Wohnzimmer aufmöbeln

26.11.2007, 00:00 Uhr
Mit Leih-Kunst das Wohnzimmer aufmöbeln

© Stefan Hippel

«Kleine Werke kauft man sich, große leiht man aus«, bringt es Anette Stufler auf den Punkt. Sie leitet die Nürnberger Artothek, die seit mittlerweile 16 Jahren Leih-Kunst an den Mann und die Frau bringt. Bislang galt allerdings die Einschränkung, dass die Kunden in Nürnberg, Fürth oder Erlangen wohnen müssen. «Jetzt werden wir Metropolregionalisten«, sagt Stufler und will künftig auch Kunstfreunde in Bayreuth und Bamberg, Ansbach oder Neumarkt ansprechen.

Lange Wartelisten

Das Ausleihverfahren ist unbürokratisch: Man lässt sich mit einem gültigen Personalausweis oder Reisepass kostenlos registrieren und kann dann so viele Ölgemälde, Aquarelle, Druckgrafiken, Plastiken und Objekte mitnehmen, wie man möchte: Zum Preis von sieben Euro für drei Monate pro Werk. Allerdings muss man dann natürlich mit dem Vorlieb nehmen, was gerade da ist. Denn 85 Prozent des Bestandes sind ständig unterwegs. «Manche Kunden kaprizieren sich auf ihre Lieblinsgkünstler, andere sind ganz offen und probieren immer wieder Neues aus«, sagt Anette Stufler.

Wer ganz bestimmte Gemälde haben möchte, kann sich in Wartelisten eintragen lassen. «Manches ist auf die nächsten zwei Jahre ausgebucht«, dämpft Stufler die Hoffnung darauf, ein ganz spezielles Stück zeitnah zu bekommen. Besonders begehrt seien zum Beispiel «Chinesinnen«-Bilder von Christoph Haupt, Baum-Bilder von Jörg Schemmann, fotografische Arbeiten von Ursula Kreutz oder die farbstarken Gemälde von Hanne Völkel. Aber auch «Klassiker« wie Oskar Koller oder Franz Vornberger haben, so Stufler, nach wie vor ihr festes Publikum.

Kostenloser Umtausch möglich

Wer mit einem seiner «Gast-Bilder« zu Hause gar nicht klarkommt, der kann das Werk kostenlos umtauschen. «Es kann ja sein, dass es entgegen der Annahme dann doch gar nicht zum Sofa passt«, sagt Stufler pragmatisch. Und falls die Leihnehmer sich in ihre Leih-Kunst regelrecht verlieben, können sie sie für weitere zwei Euro noch einen Monat länger behalten, oder sie auf Vermittlung der Artothek auch erwerben. «Das nimmt immer mehr zu. Mit rund 20 Kaufvermittlungen hatten wir dieses Jahr einen kleinen Rekord«, sagt Stufler, die sich aber keineswegs als Konkurrenz zu den hiesigen Galerien versteht.

40 neue Werke wurden nun angekauft, darunter sind im Vergleich zum Vorjahr, wo Druckgrafik ein Schwerpunkt war, viele Gemälde. «Wir haben uns bemüht Künstler aufzunehmen, die noch nicht im Programm waren«, betont Stufler und nennt als Beispiele Rubin, Hirschbeck, Changmin Lee und Silke Mathé.

«Viele Künstler machen uns äußerst attraktive Angebote. Sie verstehen die Artothek als Schaufenster für ihre Kunst und wir sehen uns als Förderer der hiesigen Szene«, sagt Stufler, die mit einem Ankaufsetat von 7000 Euro haushalten muss. Insgesamt beträgt der städtische Etat für die Institution 25000 Euro. Außerdem stellt die Stadt die (allerdings reichlich unattraktiven Kellerräume) im Künstlerhaus mietfrei zur Verfügung.

Versteckt im Souterrain

Um ihre Einrichtung macht sich Stufler auch bei der anstehenden Neugestaltung des Areals zum «Kunst und Kultur-Quartier« keine Sorgen. «Der Vorteil unseres Standorts unter der Treppe ist, dass ihn kein anderer will«, meint sie ironisch.

Mit rund 1000 registrierten Kunden und knapp 900 Kunstwerken im Bestand ist die Nürnberger Kunst-Verleihstelle die zweitgrößte der insgesamt acht Artotheken in Bayern. Am nächsten zu Nürnberg gelegen sind Treuchtlingen und Windischeschenbach. «Größer als wir ist aber nur München«, rechnet Stufler vor und hofft, dass die Ausdehnung des Angebots auf die ganze Metropolregion den Leihhandel mit der Kunst noch weiter belebt.

Artothek Nürnberg, Kopfbau K4, Souterrain, Königstr. 93. Mi. 11-13 und 16-19, Do./Fr. 13- 18, Sa. 10-14 Uhr. Tel.: 09 11/ 209200