Stolz auf Frankens Nationalgericht

29.3.2011, 00:00 Uhr
Stolz auf Frankens Nationalgericht

Elf Jahre lang existiert der rührige Zusammenschluss dann. Das runde Jubiläum im vergangenen Jahr hat man ganz bewusst ohne großes Trara verstreichen lassen und sich die Feierlaune für die Schnapszahl aufbewahrt.

Ein reiner Sauf- und Fress-Verein zu sein, das weist Holger Meesmann weit von sich. So ganz konnte der Vorsitzende des „Vereins der Freunde des Fränkischen Schäufele“ die Stadt Nürnberg davon aber noch nicht überzeugen: Sie verweigert dem rührigen Verein die Gemeinnützigkeit.

35 Aktive haben sich im Zeichen des Schäufeles derzeit formiert. Darunter sind auch Exil-Franken, die inzwischen in Brüssel oder Bonn, Zürich oder Dubai leben. Die Frauenquote im Verein liegt laut Meesmann bei rund 40 Prozent. Von solchen Zahlen kann die deutsche Wirtschaft nur träumen...

Speziell für die Exil-Franken hätte Meesmann gern reisefertiges Schäufele, ist mit diesem Projekt aber noch „in der Testphase“. Das Modell vom Metzger Kroder in Betzenstein, der abgelöstes Schäufelefleisch in der Dose verkauft, ist nichts für die Schäufele-Freunde: „Der Knochen muss mit drin sein“, mahnt Meesmann.

Stolz auf Frankens Nationalgericht

© Hippel/Daut

Die Leidenschaft fürs Schäufele geht quer durch alle Altersklassen: Das jüngste Vereinsmitglied ist ein 22-jähriger Student, das älteste ein 72-jähriger Rentner. Und das Schäufele verbindet auch die unterschiedlichsten Gesellschaftsschichten: „Wir haben hier alles vom Lagerarbeiter bis zum Doktor“, sagt Meesmann über seine Truppe. Die hat jetzt Zuwachs in Oberfranken bekommen: In der Nähe von Kulmbach hat sich ein Partner-Verein gegründet, den Meesmann stolz als „unser Konsulat Oberfranken“ bezeichnet.

Mit dem Zusammenschluss vor elf Jahren wollte man „die Vereinsmeierei durchaus auch ein bisschen augenzwinkernd auf die Schippe nehmen“, gesteht Meesmann alias „Don Schäufele“, betont aber: „Das ganze hat auch einen ernsten Hintergrund. Wir wollen mit dem Schäufele eine lokale Besonderheit pflegen.“ Schließlich gibt es dieses Fleischgericht nur in engen regionalen Grenzen. Das Schäufeleland erstreckt sich von Kronach im Norden bis Weißenburg im Süden, von Pegnitz im Osten bis Bad Windsheim im Westen. Warum das so ist, darauf haben auch die Spezialisten noch keine rechte Antwort gefunden, wollen sich aber weiter intensiv in der „Schäufele-Archäologie“ betätigen. „Das muss sich im 19. Jahrhundert entwickelt haben“, glaubt Meesmann, der noch vergeblich nach sicheren historischen Quellen sucht.

Vor fünf Jahren hat der Verein eine eigene Gaststätte, die „Schäufelewärtschaft“, aufgemacht, an deren Tür ein Schild „Sau, Sau Hurra“ verkündet. „18 unserer Mitglieder tragen das Lokal als Gesellschafter einer GmbH“, erklärt Meesmann. 60 Plätze hat das Gasthaus, das übrigens nicht nur Schweinefleisch auf der Karte hat, sondern mitunter — vor allem im Sommer — sogar Vegetarisches. Rund 400 Schäufele — auf Wunsch auch „Damenportionen“ — gehen hier pro Woche über den Tresen, natürlich mit Kartoffelkloß. „Und der braucht unbedingt Bröckerla“, sagt Meesmann über die Bedeutung der Brotstückchen. Während im Süden des Verbreitungsgebiets Salat zum Schäufele bevorzugt werde, sei es im Norden Kraut.

Das Schlimmste, was ein Koch dem Leibgericht von Meesmann und Kollegen antun kann? „Eine matschige Kruste“, sagt der Experte wie aus der Pistole geschossen, verzieht angewidert das Gesicht und führt weitere Sünden auf: „Ich hab es einmal auch mit einer hellen Soße bekommen.“ Sahne am Schäufele: Ein Frevel! Und Gerhard Ammon, seit fünf Jahren Vereinsmitglied, erinnert sich mit Schaudern, dass man ihm an ein Schäufele einmal Ingwer beigemischt hatte. „Das geht gar nicht“, empört sich Ammon. Der vom Verein herausgegebene Schäufeleführer ist ziemlich begehrt: Es gibt nur noch Restexemplare im Handel. Deswegen ist für den Herbst eine Neuauflage geplant. In dem handlichen Büchlein werden gute Wirtschaften vorgestellt und natürlich wird auch der Frage der richtigen Bezeichnung für das Leibgericht nachgegangen. Fazit: Schäufele und Schäufela sind richtig, Schäuferla dagegen nicht.

Das 11-jährige Bestehen feiert der Verein am 1. April in geschlossener Gesellschaft in der „Schäufelewärtschaft“. Die soll eventuell noch im Laufe dieses Jahres erweitert werden. „Wir müssen sonntags mittags regelmäßig Leute wegschicken, weil Platz fehlt“, sagt Meesmann. Jetzt ist angedacht, den Keller (mit Gewölbe) auszubauen oder einen Wintergarten an das Lokal zu setzen. Aber hängenbleiben wird das Vereinsporträt mit den Aktiven und deren Slogan: „Liegt der Knochen auf dem Teller, waren die Schäufelefreunde schneller.“

www.schaeufele.de

Mehr Informationen über die Schäufelewärtschaft in unserer Rubrik Essen und Trinken!

Informationen rund ums Schäufele:
Das Schäufele gehört zu Franken wie die Rostbratwurst und der Lebkuchen. Ein echtes Stück Heimat eben. Kein Wunder also, dass diese lokale kulinarische Besonderheit hier gehegt und gepflegt wird — beim sonntäglichen Mittagstisch in den Familien, in Gasthäusern und vom rührigen Nürnberger Schäufele-Verein, der jetzt stolz Jubiläum feiert. Pünktlich zu dessen 11. Geburtstag hat es das Schäufele auch zu universitären Ehren gebracht: Es ist Gegenstand einer Design-Diplomarbeit an der Georg-Simon-Ohm-Hochschule. Und wenn wir schon beim Thema Forschen sind, hier noch eine Innovation: Ein Metzger in Betzenstein offeriert Schäufele in der Dose. Die eingedoste 800-Gramm-Portion ohne Knochen, aber mit Soße reicht für zwei bis drei Personen. Wichtig aber ist, dass das mehrere Monate haltbare Produkt stets gut gekühlt ist.

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