Definition

Was bedeutet eigentlich "Moral" und was ist moralisches Handeln?

Simone Madre

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1.2.2023, 12:31 Uhr
In unserem Beitrag erfahren Sie den Unterschied zwischen Moral und Ethik. 

© IMAGO / Jan Huebner In unserem Beitrag erfahren Sie den Unterschied zwischen Moral und Ethik. 

In diesem Artikel:

Moralische Normen ermöglichen ein harmonisches und friedliches gesellschaftliches Zusammenleben. Wenn Menschen moralisch handeln, können sie auf ihre eigene Weise Glück erstreben. Die Maßstäbe für das Sozialverhalten sind von entscheidender Bedeutung für eine funktionierende Gesellschaft. Aber was ist der Unterschied zwischen Moral und Ethik und was ist das Gegenteil von Moral?

Der Begriff "Moral" geht auf das französische Wort "morale" und lateinisch "moralis" (die Sitte betreffend, Sitten) zurück. Ursprünglich beschreibt die Moral das Handeln, welches in einer bestimmten Situation erwartet oder als richtig eingestuft wird. Diese deskriptive Bedeutung wird auch als "Ethos" oder "Sittlichkeit" verstanden. Moral bezeichnet demnach die Werte und Regeln, die in einer Gesellschaft oder Gruppe allgemein anerkannt sind.

Moral-Definition: Was ist Moral?

Als Moral werden alle vorhandenen Handlungsmuster, Verhaltensregeln und -normen in einer bestimmten Gruppe oder Kultur bezeichnet. Die Moralvorstellungen bestimmen das Handeln von Menschen, sodass diese bei einem Verstoß gegen die Regeln meist mit Schuldgefühlen reagieren. Verhält man sich anders, als die Gruppe oder Kultur es gutheißt, wird das als "unmoralisch" erachtet. Das Gegenteil von "moralisch" ist also ein unmoralisches Verhalten, das den Vorstellungen der Gesellschaft widerspricht. "Amoral" beschreibt das Fehlen oder die bewusste Zurückweisung von bestimmten Moralvorstellungen oder in einigen Fällen sogar die Abwesenheit von moralischen Empfindungen insgesamt. Moral umfasst auch immer praktische Vorgaben wie Rechte und Pflichten der Einzelnen sowie Werte, nach denen man streben sollte.

Wenn jemand "moralisch einwandfrei" handelt, meint man damit, dass sich dieser so verhält, wie es die meisten Menschen in einer Gesellschaft richtig finden.

Moralisches Verhalten

Moralisches Verhalten umfasst Eigenschaften wie Hilfsbereitschaft, Aufmerksamkeit, Toleranz oder empathisches Verhalten. Forscher sprechen oftmals von einem "Moral-Instinkt" der Menschen, sodass diese instinktiv wissen, was richtig und falsch ist. Für die meisten Menschen ist es selbstverständlich, einer schwerverletzten Person zu helfen. Diese moralischen Grundsätze gelten in den meisten Kulturen und Gesellschaften:

  • Die eigene Familie muss unterstützt werden
  • Die eigene (soziale) Gruppe muss unterstützt werden
  • Bei Gefälligkeiten sollte man sich revanchieren (Quid pro quo)
  • Mut ist erstrebenswert
  • Vorgesetzte verdienen Respekt
  • Der Besitz anderer sollte respektiert werden

Unmoralisches Verhalten

Unmoralisches Verhalten umfasst beispielsweise Verhaltensweisen wie Lügen, Gier oder Egoismus. Ein unmoralisches Verhalten kann natürlich auch mit Straftaten wie Diebstahl oder Mord einhergehen. Aber auch Verrat oder unfaires Verhalten gegenüber Mitmenschen gelten als Beispiele für Unmoral.

Moralvorstellungen unterscheiden sich je nach Region und Gesellschaft und entwickeln sich im Laufe der Zeit weiter. Schon zu Zeiten der Jäger und Sammler schafften sich Menschen in Gruppen einen Vorteil, wenn sie sich gegenseitig halfen. Instinktiv erkennt man etwas als gut und sinnvoll.

Bei Kindern ist der erste bewusste Kontakt mit der Moral meist um das vierte Lebensjahr herum. Sie nehmen wahr, dass es Regeln gibt und wie sie darauf reagieren können: mit Gehorsam oder Ungehorsam, dem dann eine Strafe folgt. Die Moral kommt noch von außen. Wenn das Kind älter wirkt, begreift es sich als Individuum und lernt, dass jeder Mensch ein wenig andere Moralvorstellungen hat. Außerdem erkennt es, das es durch moralisches Handeln bestimmte Zwecke (wie eine Belohnung) verfolgen kann und das Moral sich im Austausch mit anderen verändern kann: Falls einer sich nicht an bestimmte Spielregeln hält, wird das Gegenüber das auch nicht unbedingt tun ("Wenn du mich haust, dann hau ich zurück!").

Später fragt sich der Heranwachsende verstärkt, wie er auf andere wirkt, wie seine Handlungen und Einstellungen von anderen bewertet werden. Zudem beginnt er, sich stärker für andere verantwortlich zu fühlen, statt nur auf sich selbst zu schauen. Und er bewertet die Moralvorstellungen der Gesellschaft für sich und ist dabei durchaus bereit, Gesetze und Regeln zu hinterfragen und brechen, um der Moral seiner eigenen Gruppe zu entsprechen. Auch im Erwachsenenalter ist die Moralentwicklung nicht abgeschlossen. Das Moralempfinden kann sich im Laufe des Lebens immer wieder ändern und ist zudem situationsabhängig: in einer Sondersituation, beispielsweise wenn das eigene Leben gefährdet ist, handelt man gegebenenfalls ganz anders, als man es von sich erwarten würde.

Diese situative Moral merkt man auch beim Thema Nähe und Entfernung - sowohl räumlich als auch emotional. Bedürftigen Menschen zu helfen, zu denen keine persönliche Verbindung existiert, ist beispielsweise weniger moralisch ausgeprägt als Freunden zu helfen. Wenn Menschen auf der Straße einen schwerverletzten Menschen sehen, würden sie ihm mit hoher Wahrscheinlichkeit helfen. Bei einem Menschen auf einem anderen Kontinent wird hingegen ein geringeres Pflichtgefühl empfunden. Durch Vernunft kann aber auch hier zum moralischen Handeln animiert werden.

Der Sinn für Moral ist oftmals vielmehr durch Gefühle und Instinkte geprägt als durch Vernunft oder Verstand. Daher gibt es Handlungen, die als unmoralisch eingestuft werden, ohne erklären zu können, warum das so ist.

Oftmals werden Moral und Ethik gleichgesetzt. Obwohl beide zweifelsfrei zusammenhängen, gibt es einen entscheidenden Unterschied: Moral meint die jeweiligen Werte und Normen einer Gruppe, während die Ethik vielmehr die wissenschaftliche, allgemeine Auseinandersetzung mit "richtig" und "falsch" beschreibt. Man bezeichnet die Ethik auch als Moralphilosophie, also das philosophische Nachdenken über die Moral.

Die Ethik hinterfragt, wie Moralvorstellungen entstehen, und prüft beispielsweise, ob Normen oder Werte noch aktuell sind. Infolgedessen können zwar unterschiedliche Moralvorstellungen koexistieren, allerdings gibt es immer nur eine Ethik.

Ein Dilemma beschreibt eine Situation, in der Menschen gezwungen sind, sich zwischen zwei, oftmals unangenehmen, Handlungsalternativen zu entscheiden. Ein moralisches Dilemma beschreibt eine besondere Form. Dies liegt dann vor, wenn mindestens zwei Rechte, Interessen oder Güter auf dem Spiel stehen, die nicht gleichzeitig erfüllt, geschützt oder realisiert werden können. Es gibt also keinen dritten Weg, der beiden Verpflichtungen gerecht wird.

Beispiele für moralische Dilemma:

  1. Man steht an einer Weiche. Ein herannahender Zug droht fünf Menschen zu überfahren. Dies kann man verhindern, wenn man die Weiche umlegt. Dann würde der Zug auf ein Nebengleis fahren und nur eine Person töten. Aber ist es akzeptabel, einen Menschen zum Wohle mehrerer zu opfern?
  2. Ein weiteres Beispiel stammt aus dem Roman "Sophies Entscheidung": Eine jüdische Frau hat zwei Kinder, einen Jungen und ein Mädchen. In der NS-Zeit wird sie vor die Wahl gestellt, entweder beide Kinder in den sicheren Tod zu schicken oder eines der beiden auszuwählen und zu retten. Sollte sie die Entscheidung verweigern, verliert sie beide Kinder.

Die Redewendung "und die Moral von der Geschichte ist…" kennt mit Sicherheit jeder. Dieses Sprichwort meint eine grundsätzliche Einsicht, dass man aus den Erfahrungen oder Fehlern gelernt hat. Wilhelm Busch schreibt den Satz "Und die Moral von der Geschicht'" erstmals in seiner Bildergeschichte "Das Bad am Samstagabend" als Fazit. Dabei handelte es sich jedoch um ein ironisches Fazit, da sich in der Geschichte zwei Jungen beim wöchentlichen Bad in der Wanne streiten und nur Unsinn machen. Sein ironisches Fazit lautet "Bad zwei in einer Wanne nicht!". Seitdem wird das Sprichwort in verkürzter Form verwendet und kommt auch in ernsteren Zusammenhängen zum Einsatz.

Diese Sprüche und Zitate passen zur Moral:

  1. "Die Moral, die gut genug war für unsere Väter, ist nicht gut genug für unsere Kinder." (Marie von Ebner-Eschenbach)
  2. "Das Moralische fängt erst später an, nämlich beim Bewusstsein! Beim Überwinden des Instinktiven." (Theodor Herzl)
  3. "Was ist Moral? Die vernünftige Anweisung zum weisen Genuss der Gegenwart." (Karl Julius Weber)
  4. "Moral predigen ist leicht, Moral begründen schwer." (Arthur Schopenhauer)
  5. "Was heißt, beim Licht besehen, den Menschen die Moral? Zwei scheuen das Vergehen und hundert den Skandal!" (Franz Herold)
  6. "Unsere moralische und politische Welt ist mit unterirdischen Gängen, Kellern und Kloaken miniert, wie eine große Stadt zu sein pflegt." (Johann Wolfgang von Goethe)
  7. "Man hört so oft über weitverbreitete Immoralität in unserer Zeit klagen, und doch wüsste ich nicht, dass irgendeiner, der Lust hätte, moralisch zu sein, verhindert würde." (Johann Wolfgang von Goethe)
  8. "Läge im Herzen des Menschen nichts Moralisches, woher käme ihm die begeisterte Bewunderung heldenhafter Taten, die liebende Hinwendung zu den großen Seelen, der Enthusiasmus für die Tugend?" (Jean-Jacques Rousseau)

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