Bamf verschärft den Kurs: Pro Asyl ist empört

22.9.2016, 18:04 Uhr
Das Bamf hat die Herkunftsstaaten von Asylbewerbern in neue Kategorien eingeteilt.

© dpa Das Bamf hat die Herkunftsstaaten von Asylbewerbern in neue Kategorien eingeteilt.

Grundlage ist eine willkürlich festgesetzte Anerkennungsquote. Nicht nur Pro Asyl ist empört. Zumal Mitarbeiter bereits nach einem oder zwei Tagen Schulung ein Land anhören können. Zudem ist dem Bamf ein peinlicher Fehler unterlaufen.

Laut einer internen Dienstanweisung, die auf den 22. August datiert und den Nürnberger Nachrichten vorliegt, werden die Herkunftsländer neu kategorisiert. In das so genannte Cluster A fallen nun Herkunftsländer mit einer "hohen Schutzquote", bei denen über 50 Prozent der Fälle laut Statistik anerkannt werden. Syrien zählt dazu, aber auch Somalia oder Katar. Cluster B bezieht sich  auf "Herkunftsländer mit einer niedrigen Schutzquote (d.h. bis 20%)": Neben den so genannten sicheren Herkunftsländern - etwa Kosovo oder Serbien -  fallen Staaten wie Äthiopien, Türkei, China, Mali, Weißrussland oder Aserbaidschan darunter. Und auch der Irak - ohne religiöse Minderheiten - ist auf der Dienstanweisung gelistet.

Vor dieser Anweisung bedeutete Cluster A "unsichere Herkunftsländer", darunter fielen etwa Syrien oder Eritrea, die Anerkennung war fast gewiss. Cluster B waren die sicheren Herkunftsländer, wie die Balkanstaaten, hier wurde schnell angehört und schnell abgelehnt. Hintergrund für die Neueinteilung ist, dass die Asylanträge schneller abgearbeitet werden sollen. Denn immer noch stapeln sie sich im Bamf: In der Dienstanweisung ist von 552.000 anhängigen Verfahren die Rede.

"Öffnet der Willkür Tür und Tor"

Die  Kategorisierung hat für den Asylprozess Konsequenzen: Die bisher relativ einfachen Fälle der Cluster A und B wurden von unerfahrenen Mitarbeitern bearbeitet. Diese übernehmen nun Staaten, die von erfahrenen Entscheidern als sehr kompliziert eingestuft werden. Außerdem werde mit der willkürlichen Festsetzung einer Schutzquote ein "fachfremdes Kriterium" herangezogen, um die Fälle einzuteilen, kritisiert ein Entscheider. Eine niedrigere Schutzquote heiße nicht automatisch, dass es in einem Land keine Verfolgung gebe.

Auch bei Pro Asyl ist man empört, die Dienstanweisung sei "sehr fragwürdig" beurteilt Max Pichl, Rechtsexperte der Organisation. "Das öffnet der Willkür Tür und Tor." Die Einteilung in das Cluster B bedeute in der Regel, dass Asylverfahren beschleunigt würden, dass mit Textbausteinen gearbeitet werde und es keine differenzierte Behandlung der Fälle gebe.

"Das Bamf produziert Bescheide mit mangelhafter Qualität und legt es darauf an, dass Gerichte sie zurecht rücken müssen." Das habe aber durchaus System: "Es reiht sich in eine Reihe von Qualitätsmängeln ein. Das ist durchaus strukturell angelegt", so Pichl. Mit der Anweisung würden sich nun eine politische Vorgabe – die schnelle Abarbeitung der Fälle – in der Entscheidungspraxis widerspiegeln.

Ein bis zwei Tage Schulungen zu Herkunftsländern

Beim Bundesamt verteidigt man sich. Es habe sich gezeigt, dass "auf lange Sicht das B-Cluster zu eng war", erklärt Sprecherin Andrea Brinkmann auf Nachfrage. Es handele sich im Asylverfahren immer um individuelle Entscheidungen. Mitarbeiter würden zudem vor Ort weiterqualifiziert, "falls sie Zuständigkeiten für weitere Herkunftsländer übernehmen". Doch umfänglich ist das nicht. Nach Angaben von Bamf-Sprecherin Andrea Brinkmann dauern Schulungen zu Herkunftsländern — unabhängig von den Clustern — "in der Regel ein bis zwei Tage".

Auch der Iran wird in der Dienstanweisung ins Cluster B eingeteilt. Auf mehrfache Nachfrage der Nürnberger Nachrichten - auch mit Verweis darauf, die Schutzquote für Iran liege in diesem Jahr bei 53,7 Prozent – erklärte das Bamf: "Nach jetzigen Erkenntnissen, handelt es sich bei der Eingliederung des Irans in das Cluster B um einen redaktionellen Fehler." Allerdings war die Dienstanweisung zu diesem Zeitpunkt schon seit einem Monat im Umlauf.

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