"Besser sterben als nochmal zurück nach Italien"

20.2.2017, 20:17 Uhr

© Foto: Eduard Weigert

"Ich bringe mich um, wenn ich nach Italien zurück muss", sagt Ayisha Dawod entschlossen. "Besser sterben als noch einmal Italien." Denn dort habe sie eine wahre Odyssee durchlebt. In Äthiopien war sie noch davon ausgegangen, Italien als europäisches Land werde ihr Schutz bieten. Doch schon auf der Flucht über das Mittelmeer "wurde ich vergewaltigt", erzählt die 30-Jährige. Nachdem die Behörden in Italien gegen ihren Willen die Fingerabdrücke genommen hatten, "haben wir keine Stelle gefunden, wo wir bleiben konnten". Es habe nichts zu essen gegeben, keine Möglichkeit, sich zu waschen. Schließlich sei sie mit anderen Frauen nachts weggelaufen, "einfach weg, irgendwo hin".

Ihren beiden Landsfrauen, die im Frauencafé neben ihr sitzen, ist es ähnlich ergangen. Hana Kessaya kam als Alleinreisende aus Afrika in Süditalien an. Die Flüchtlinge wurden aufgeteilt – hier die aus Äthiopien, dort die aus Eritrea. "Und nur die aus Eritrea haben Asyl bekommen", sagt sie, die Äthiopierinnen mussten weiter nach Bari. Sie landeten vor einer Kirche – doch weitergeholfen habe ihnen auch dort niemand. So hätten sie alle am Straßenrand geschlafen. Trotz Krankheit hätten sie keine medizinische Versorgung erhalten. Hana selbst ist Diabetikerin, die 21-Jährige litt unter offenen Beinen.

In Mailand hätten sie nicht einmal in der Nähe eines äthiopischen Restaurants Hilfe oder etwas zu essen bekommen. Sie schliefen in Parks. "Männer, die mit uns unterwegs waren, haben abends getrunken und uns sexuell bedrängt." Nach fast zwei Monaten des Lebens auf der Straße konnte Hana schließlich Geld von ihrer Familie organisieren, um mit dem Zug nach Deutschland zu gelangen.

Samrawit Asrat stieß im Boot auf dem Mittelmeer mit dem Kopf gegen ein Metallteil und wachte erst auf einem italienischen Boot wieder auf. In Italien dann "haben mir die Ärzte gar nicht zugehört, was eigentlich passiert ist". Sie sei mit anderen Frauen von einer Flüchtlingsunterkunft zur nächsten gekarrt worden. "Platz gab es nirgends, nur für Minderjährige", sagt die 25-Jährige. Die drei Frauen sind schließlich in Zirndorf gelandet und leben derzeit in einer Sammelunterkunft in der Beuthener Straße.

Asylanträge wie ihre "werden in der Regel abschlägig beschieden", berichtet Anne Maya vom Verein "Imedana". Laut Bescheid des Bundesamtes für Migration und Flüchtlinge sollen sie im Rahmen des Dublin-Abkommens nach Italien abgeschoben werden. Das Internationale Frauencafé, eine der wenigen Anlaufstellen für Flüchtlingsfrauen, platzt derzeit aus allen Nähten. "Die Frauen kommen hierher und weinen, weil sie Angst vor der Rückführung haben." Das Absurde an der Situation: Italien habe noch bei keiner einzigen Frau aus dem Cafétreff einer Rücküberstellung zugestimmt.

Für Constantin Hruschka von der Schweizerischen Flüchtlingshilfe ist das kein Wunder – das Dublin-Abkommen funktioniere einfach nicht. Der einzelne Mensch bleibe angesichts des riesigen behördlichen Aufwands auf der Strecke.

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