Immer mehr Kindergeld-Empfänger leben im Ausland
9.8.2018, 10:07 UhrDie Zahl ausländischer Kindergeldempfänger ist nach Angaben der Bundesregierung stark angestiegen. "Im Juni 2018 wurde für 268.336 Kinder, die außerhalb von Deutschland in der Europäischen Union oder im Europäischen Wirtschaftsraum leben, Kindergeld gezahlt", sagte ein Sprecher des Bundesfinanzministeriums auf Anfrage der Deutschen Presse-Agentur. Das ist eine Zunahme um 10,4 Prozent. Ende 2017 lag die Zahl noch bei 243.234 Empfängern, 2016 bei 232.189.
Mehrere Oberbürgermeister schlagen Alarm und sprechen von einer massiven Zunahme einer gezielten Migration in das deutsche Sozialsystem. "Die Bundesregierung verschläft dieses Problem, sie muss endlich was dagegen tun, dass es Armutsflüchtlinge in Europa gibt", sagte Duisburgs Oberbürgermeister Sören Link (SPD) der dpa.
"Wir haben derzeit rund 19.000 Menschen aus Rumänien und Bulgarien in Duisburg, Sinti und Roma. Vor knapp sechs Jahren, 2012, hatten wir erst 6000 in Duisburg." Fürths OB Thomas Jung (SPD) berichtete auch von großen Problemen, als ihn jüngst SPD-Chefin Andrea Nahles besuchte. Städte mit niedrigen Mieten lockten gerade Menschen aus Osteuropa an.
Auf der Basis vom Kindergeldsatz von 194 Euro für das erste Kind fallen für die Kinder von ausländischen EU-Bürgern, die sich in Deutschland mit einer Wohnung anmelden, aber deren Nachwuchs oft gar nicht hier lebt, jeden Monat rund 50 Millionen Euro an. Pro Jahr liegen die Kosten dann bei weit über 600 Millionen Euro. Allein 2017 wurden 343 Millionen Euro an Kindergeld auf Konten im Ausland überwiesen. Wobei auch deutsche Empfänger Konten im Ausland haben können. Denn in der Statistik der Empfänger im Ausland werden auch rund 31.000 deutsche Staatsbürger aufgeführt. Während deren Zahl jedoch seit Jahren konstant bleibt, ist die Zahl polnischer Empfänger seit 2017 um fast 15.000 gestiegen, aus Tschechien sind es 5000 mehr und aus Rumänien knapp 2000.
Kriminelle Machenschaften
Link sprach von kriminellen Schleppern, die gezielt Sinti und Roma nach Duisburg bringen würden, ihnen eine häufig heruntergekommene Wohnung verschafften, damit sie einen Wohnsitz zum Bezug des Kindergeldes hätten. "Ich muss mich hier mit Menschen beschäftigen, die ganze Straßenzüge vermüllen und das Rattenproblem verschärfen. Das regt die Bürger auf", kritisierte der SPD-Politiker.
Der Rathauschef sieht kriminelle Energie und viel Betrug durch gefälschte Dokumente am Werk, oft wisse man gar nicht, ob die gemeldeten Kinder überhaupt existierten. Das widerspreche dem Sinn der europäischen Freizügigkeit. "Denn die kommen nicht hierher in erster Linie, um zu arbeiten." Schon vor Monaten hatte die Welt am Sonntag berichtet, dass die Familienkassen jährlich um mehr als 100 Millionen Euro betrogen werden könnten durch Banden, die Familien nach Deutschland schicken und Kindergeld kassieren lassen für nicht existierende Kinder oder für Kinder, die gar nicht hier leben.
Die Bundesregierung verweist auf EU-Vorgaben, will aber Zahlungen kürzen. Man setze sich für eine europäische Lösung ein, «die die unterschiedlichen Lebenshaltungskosten in den Mitgliedstaaten bei der Zahlung von Familienleistungen berücksichtigt, sagte ein Sprecher von Finanzminister Olaf Scholz (SPD). Das heißt, dass Zahlungen geringer ausfallen würden, wenn die Kinder in Ländern mit niedrigeren Lebenshaltungskosten leben. Allerdings fehlt bisher eine Handhabe, um Betrugsversuche effektiv zu bekämpfen. Zudem begehren Bürger vor Ort zunehmend gegen die Entwicklungen und möglichen Sozialbetrug auf.
Ende 2017 gab es insgesamt 14,97 Millionen Kinder, für die Kindergeld gezahlt wurde. Im vergangenen Jahr flossen an Bezieher 35,9 Milliarden Euro an Zuwendungen. In der Bundesrepublik gab es anfangs 25 D-Mark Kindergeld ab dem dritten Kind, seit den 1970er Jahren gab es dann auch Geld für das erste Kind, zunächst 50 Mark. Das Kindergeld wird über die Familienkasse der Bundesanstalt für Arbeit ausgezahlt.